Es muss eine eigenartige Stimmung im Weißen Haus geherrscht haben, als um die Mittagszeit des 7. November der TV Sender CNN als erste namhafte amerikanische Medienorganisation den Wahlsieg von Joe Biden bekannt gab. Donald Trump war noch auf dem Golfplatz und spielte seine Runde zu Ende, wohl auch, um seinen ersten Zorn abzureagieren. Seine Frau Melania wird die Nachrichten betrachtet haben, ohne sich auch nur die geringste Gefühlsregung anmerken zu lassen. Und dem Power-Paar Jared Kushner und Ivanka Trump, in den USA scherzhaft „Javanka“ genannt, wird in diesem Moment klar geworden sein, dass sich ihre Zukunft anders gestalten dürfte, als sie sich das vorgestellt hatten.
Jared und Ivanka werden in den USA kurz "Javanka" genannt
Es ist kaum verwunderlich, dass Ivanka seither auf Instagram und Twitter an die Anhänger ihres Vaters eiserne Durchhalteparolen versendet. Denn die Alternativen, die für „Javanka“ nun plötzlich sehr real werden, sind nicht besonders attraktiv. Noch im vergangenen Jahr, bevor der Kampf um Trumps Wiederwahl richtig ins Rollen gekommen war, hatte sich Ivanka einer Journalistin gegenüber sicher gezeigt, dass ihr altes Leben auf sie wartet: Die New Yorker Bälle und Parties, die schicken Restaurants von Manhattan, die Kunstauktionen und Vernissagen und die teuren Boutiquen der Madison Avenue.
Doch die Bilder der Menschen auf dem Broadway, die angesichts der Abwahl ihres Vaters in Jubel ausbrachen, werden ihr zu denken gegeben haben. Bevor Ivanka mit ihrem Vater nach Washington ging, waren sie und ihr Ehemann in der New Yorker Society wohl gelitten. Um Zugang zur New Yorker Gesellschaft zu finden, braucht man eigentlich nur eines: Geld. Davon brachten die beiden Milliardenerben reichlich mit. Alleine das sicherte ihnen Tickets zu den wichtigsten gesellschaftlichen Ereignissen der Stadt, von der Gala des Metropolitan Museum bis hin zu den wichtigsten politischen und kulturellen Events. Um diesen Status nicht zu gefährden, hielten die beiden stets eine gebührende Distanz zu ihren Vätern. Ivanka zu Donald, der in der New Yorker Gesellschaft von Anfang an als ungehobelter Außenseiter galt, der eher belächelt als hofiert wurde; Jared von seinem Vater Charlie, der wegen dubioser Geschäftspraktiken und Zeugenerpressung gar 14 Monate im Gefängnis gesessen hatte.
Jared Kushner und Ivanka Trump galten als die kultivierte Version der schwierigen Eltern
Ivanka und Jared galten als die kultivierten Versionen ihrer problematischen Eltern. Sie hatten beide eine ausgezeichnete Ausbildung von den besten Universitäten. Sie hatten geschliffene Umgangsformen und gingen soliden Geschäften nach: Ivanka mit ihrem erfolgreichen Schmuck- und Modelabel und Jared als Verleger des New York Observer, einer soliden bürgerlichen, jüdischen Zeitung. Doch als Donald Trump gewählt wurde, knüpften sie bedingungslos ihre Geschicke an den Patriarchen des Clans.
Sie wurden, wie der Kolumnist Frank Bruni in der New York Times schrieb, „das faustische Poster-Paar der Trump-Präsidentschaft.“ Jared Kushner spielte, wie man heute nur allzu gut weiß, bereits in Trumps erstem Wahlkampf eine zentrale Rolle. Seine Treffen mit russischen Oligarchen zum Informationsaustausch waren ein Kernbestandteil des „Mueller-Reports“, der bis zum Amtsenthebungsverfahren führte.
Als Trump dann im Januar 2017 sein Amt antrat, besetzte Kushner eine schwindelerregende Zahl von Posten. Ivanka war hingegen vorerst zurückhaltend. Zu Beginn galt sie gar als mäßigende Stimme im Ohr ihres Vaters. Es wurde etwa behauptet, sie habe ihm davon abgeraten, aus dem Pariser Klimaabkommen auszutreten. Spätestens, als sie eine offizielle Beraterrolle im Weißen Haus antrat und ihre Modefirma aufgab, wurde sie jedoch „100 Prozent Make America Great Again“ wie Kommentatoren es ausdrückten.
Nach ihrer flammenden Rede für ihren Vater beim republikanischen Wahlkonvent und ihrer Twitter-Attacke auf die amerikanische Demokratie in den letzten Wochen kann sie nun endgültig nicht mehr behaupten, noch irgendwo im Hinterkopf Skrupel gehabt zu haben. Deshalb gibt es jetzt, so glauben die Beobachter, für beide keinen Weg mehr zurück ins alte Leben, zumal Kushner neben Trump als Hauptverantwortlicher für die vermasselte Reaktion der USA auf das Coronavirus gilt.
Im liberalen New York ist Ivanka Trump nun Persona non grata
Im liberalen New York dürfte das Paar jedenfalls Personae non gratae sein. „Niemand mit Respekt vor sich selbst, einer Karriere, mit Moral und einer Achtung vor der Demokratie wird sich noch mit ihnen blicken lassen wollen“, sagte eine ehemalige Vertraute gegenüber der Journalistin Emily Jane Fox. Reservierungen in den Top New Yorker Restaurants dürften schwer werden und bei einer Broadway-Show werden sie kaum auftauchen wollen, weil sie damit rechnen müssen, dass das ganze Publikum sie ausbuht.
Kolumnist Frank Bruni schlug deshalb vor, „Javanka“ sollten sich eher in Richtung Nordkorea oder Saudi Arabien orientieren als nach New York. Schließlich hätten sie dorthin beste Kontakte aufgebaut. Ivankas jüngere Schwester Tiffany ist derweil in New York nach wie vor wohl gelitten. Als es noch Parties gab, wurde sie stets eingeladen und in den Clubs der Stadt mit Freunden gesehen. Tiffany, die bei ihrer Mutter Ivana in Kalifornien aufgewachsen ist, hat immer Distanz zu ihrem Vater gehalten. Und dürfte jetzt sehr froh darüber sein.
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