Eigentlich begehen die Amerikaner das Thanksgiving-Fest im Familienkreis. Donald Trump drängte es am Feiertag in die Öffentlichkeit. Und er war auf Krawall gebürstet. „Reden Sie nicht so mit mir!“, fuhr er den in Journalistenkreisen als freundlich bekannten Korrespondenten Jeff Mason an: „Sie sind ein Leichtgewicht. Ich bin der Präsident der Vereinigten Staaten!“
Diese Feststellung gilt allerdings nur noch für sechs Wochen – und Trump kann die Realität weiter nicht akzeptieren. Zum ersten Mal nach der Wahl am 3. November stellte er sich am Donnerstag den Fragen von Journalisten. „Das war eine manipulierte Wahl. Hundert Prozent“, behauptete er und fabulierte von „massivem Betrug“. Als Mason es wagte, nach einem Beleg zu fragen, fuhr Trump aus der Haut. Er beschimpfte den Reporter wild und entzog ihm das Wort.
Donald Trumps Klagewelle gegen die US-Wahl weiterhin erfolglos
Zwar antwortete der abgewählte Präsident später auf die Frage, ob er das Weiße Haus friedlich räumen werde, wenn das Wahlkollegium den Sieg von Joe Biden besiegelt: „Sicherlich werde ich das tun.“ Zuvor aber betonte er, dann würden die Wahlleute „einen Fehler“ machen. Biden habe „niemals 80 Millionen Stimmen“ bekommen. „Windige Beamte“ und „Staatsfeinde“ in Pennsylvania und Georgia hätten das Ergebnis manipuliert. Mit dieser haltlosen Behauptung begründet Trump auch die Klagewelle, die er angestoßen hat - bisher erfolglos. Von 39 Vorstößen wurden 38 von den Gerichten negativ beschieden oder gar nicht angenommen. Die Republikaner veranstalten nun öffentliche Schein-Anhörungen zu vermeintlichen Wahlmanipulationen.
„Ich denke, von jetzt bis zum 20. Januar wird noch viel passieren“, widersprach Trump jedem Gedanken an ein Einlenken. Tatsächlich bleiben ihm nach der Verfassung noch sieben Wochen im Amt. Am 14. Dezember tritt das Wahlleutegremium zusammen. Dort scheint Biden eine Mehrheit von 306 Stimmen der 538 Stimmen sicher. Offiziell ausgezählt wird das Ergebnis in Anwesenheit beider Kammern des US-Kongresses am 6. Januar. Zwei Wochen später findet die Inauguration des neuen Präsidenten statt.
Begnadigt US-Präsident Donald Trump sich selbst?
Die verbleibende Zeit dürfte Trump nicht nur nutzen, um politische Weggefährten und möglicherweise sich selbst zu begnadigen. Er dürfte auch alles daran setzen, weitere Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Wahl zu schüren und die Biden-Präsidentschaft zu delegitimieren. In der Nacht zum Freitag twitterte er: „Ich habe gewonnen!“
„Trump schwankt zwischen Wahnvorstellungen und dem Furor, seine massive Erfahrung der Niederlage noch abzuwenden“, analysierte Tony Schwartz, Ghostwriter von Trumps Erfolgsbuch „The Art of the Deal“: „Er ist jämmerlich geworden“. Tatsächlich scheinen sich in Trumps Wirklichkeitsverweigerung rationale und irrationale Motive zu mischen. Für den einstigen Reality-TV-Star macht es durchaus Sinn, seine Person im Gespräch und die Trump-Show am Laufen zu halten. Das sichert ihm Spenden und verschafft ihm Zeit, seine künftige Rolle in der republikanischen Partei auszuloten, die er durch die Dolchstoßlegende an seine Person bindet.
New York Times: "Am Ende wird der Präsident von einem Wort gejagt: Verlierer"
Eine stärkere Rolle aber dürfte sein gekränkter Narzissmus spielen. „Am Ende wird der Präsident von einem Wort gejagt: Verlierer“, analysierte dieNew York Timesauf ihrer Titelseite. Der Autor Dan Barry zeichnet darin nach, wie Trump in seiner beruflichen Laufbahn immer wieder Niederlagen mit absurden Lügen als Erfolge zu verkauften suchte. So behauptete er 1990, als sein Casino Taj Mahal überstürzt mit nur einem Viertel der Slot-Maschinen eröffnete, die Automaten seien in Flammen aufgegangen, weil die Gäste so wild gespielt hätten. Ein Jahr später war das Casino pleite.
Dieser Moment droht dem Präsidenten am 20. Januar. Seine Niederlage eingestehen aber wird er wahrscheinlich nie. „Das wäre eine sehr schwierige Sache“, gestand Trump.
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