Vier Wochen vor der US-Wahl verschärft der wegen seiner vulgären Sprüche massiv unter Druck geratene Präsidentschaftskandidat Donald Trump nicht nur die Auseinandersetzung mit seiner Rivalin Hillary Clinton, sondern auch mit der eigenen Partei. Während am Dienstag Spekulationen über mögliche weitere Enthüllungen mit Obszönitäten Trumps hochkochten, fuhr der Immobilienmogul schwere Attacken gegen Parteikollegen, die sich in den vergangenen Tagen von ihm distanziert hatten.
Trump feuerte im Internetdienst Twitter eine Serie von Angriffen gegen den republikanischen Chef des Repräsentantenhauses, Paul Ryan, und andere Republikaner ab. "Illoyale" Republikaner seien für ihn "viel schwieriger als die schurkige Hillary" - dies ist seine Standardbezeichnung für seine Rivalin. Die Demokraten seien gegenüber ihrer Kandidatin "viel loyaler" als die Republikaner gegenüber ihm, beklagte Trump.
Seit Ende vergangener Woche eine heimliche Aufzeichnung von 2005 an die Öffentlichkeit geriet, in der der Baulöwe und frühere Reality-TV-Star vulgäre Äußerungen über Frauen von sich gibt und mit sexuellen Zudringlichkeiten prahlt, haben ihm Dutzende von republikanischen Mandatsträgern die Gefolgschaft entzogen.
Wird Donald Trump weiter in den Abwärtsstrudel gerissen?
Unter den Republikanern herrscht die Furcht, dass die gesamte Partei von Trump in den Abwärtsstrudel gerissen wird - und als Folge nicht nur die Präsidenten-, sondern auch die gleichzeitigen Kongresswahlen verloren gehen.
Eine zu Wochenbeginn veröffentlichte Umfrage verzeichnet einen dramatischen Absturz des republikanischen Präsidentschaftskandidaten. Clinton lag demnach bei 46 Prozent, Trump sackte auf 35 Prozent ab. Die Umfrage des Fernsehsenders NBC News und der Zeitung "Wall Street Journal" fand direkt nach Veröffentlichung des Skandalvideos statt.
Besonders erbost zeigte sich Trump über Ryan. Dieser hatte zu erkennen gegeben, dass er die Präsidentenwahl bereits für verloren hält. Der ranghöchste Mandatsträger der Republikaner kündigte an, er werde Trump nicht mehr verteidigen und nicht mehr mit ihm auftreten. Vielmehr wolle er sich voll darauf konzentrieren, die Mehrheiten seiner Partei in Repräsentantenhaus und Senat zu verteidigen.
Donald Trump attackiert Hillary Clinton scharf
Trump schalt Ryan daraufhin als "sehr schwachen und ineffektiven Anführer". Zugleich bekundete er Erleichterung darüber, dass er nun nicht mehr an die Parteiräson gebunden sei, sondern den Wahlkampf ganz nach seinem Gusto führen könne: "Es ist so schön, dass mir nun die Fußfesseln abgenommen worden sind."
Trump drohte seiner Widersacherin mit weiteren persönlichen Attacken. "Wenn sie noch mehr Aufnahmen mit unangemessenen Äußerungen veröffentlichen wollen, werden wir auch weiterhin über unangemessene Dinge reden, die Bill und Hillary Clinton tun", sagte Trump bei einem Wahlkampfaufritt in Pennsylvania. "Da gibt es viele Dinge, Leute."
Das ist Donald Trump
Donald Trump ist der aktuelle Präsident der USA. Fakten und Zahlen zu ihm.
Donald Trump, geboren am 14. Juni 1946, ist das vierte von fünf Kindern des Immobilienunternehmers Frederick Trump Jr. und seiner Frau Mary Anne MacLeod.
Trumps Großeltern Frederick Trump und Elisabeth Christ stammen aus Kallstadt in der Pfalz und waren nach Amerika ausgewandert.
Trump studierte Wirtschaftswissenschaft an der Fordham University in New York und an der renommierten Wharton School in Philadelphia.
Schon als Student machte Trump sich selbstständig, indem er mit einem vom Vater gestellten Startkapital von 200.000 Dollar preiswert marode Häuser erwarb, sanierte und teuer weiter verkaufte.
1974 übernahm er das Unternehmen des Vaters und realisierte Bau- und Hotelprojekte in den USA und anderen Ländern. Zu den bekanntesten zählen in New York der Trump Tower, der Trump World Tower sowie das Trump Building.
Die Geschäftsfelder des Donald Trump sind vielfältig: Er investierte in Aktien, besitzt eine Modelagentur und betreibt 18 Golfplätze. Aus dem Geschäft mit Spielbanken und einer eigenen Fluglinie zog er sich dagegen zurück.
Trump veröffentlicht 16 Bücher, die als Ratgeberliteratur von Verhandlungs- und Geschäftspraxis handeln.
Trump hatte immer wieder kurze Gastauftritte in Filmen und Fernsehserien, wie in Kevin – Allein in New York, Der Prinz von Bel-Air oder Sex and the City. 2004 und 2015 war Trump Gastgeber der US-amerikanischen Comedy-Show Saturday Night Live des Senders NBC.
Donald Trump heiratete 1977 das tschechische Model Ivana Marie Zelníčková, mit der er drei Kinder hat. 1992 folgte die Scheidung. Trump war kurzzeitig mit Carla Bruni liiert, der jetzigen Gattin des ehemaligen französischen Staatspräsidenten Nicolas Sarkozy. Von 1993 bis 1999 hieß Trumps Ehefrau Marla Maples. Mit der Schauspielerin hat er eine Tochter.
2005 heiratet er das Model Melania Knauss, mit der er einen weiteren Sohn hat. Inzwischen ist er achtfacher Großvater.
Trump ist ein politisches Chamäleon: 1987 registriert er sich bei den Republikanern, wechselt 1999 zur Independence Party, 2001 zu den Demokraten und 2009 wieder zu den Republikanern.
Im Wahlkampf um die US-Präsidentschaft im Jahr 2016 provozierte Trump mit rassistischen und sexistischen Aussagen. Er beleidigte Behinderte und drohte, seine Konkurrentin Hillary Clinton ins Gefängnis zu schicken.
Bei der US-Wahl am 8. November 2016 gelang es ihm dennoch, eine deutliche Mehrheit der Wahlmänner hinter sich zu vereinen.
Bereits während des TV-Duells hatte Trump den Ehemann seiner Kontrahentin scharf attackiert. Ex-Präsident Bill Clinton habe Frauen "missbraucht", sagte er. Trump war kurz vor der Debatte sogar so weit gegangen, mit drei Frauen, die Bill Clinton Missbrauch und Vergewaltigung vorwerfen, eine Pressekonferenz abzuhalten.
Weitere Enthüllungen?
Derweil kursierten Gerüchte, dass es bislang unveröffentlichte Mitschnitte oder Transkripte aus der Produktion der TV-Serie "The Apprentice" gebe, die Trump weiter in Bedrängnis bringen könnten. Ein Ex-Produzent der Reality-Serie, Bill Pruit, twitterte, es gebe Aufzeichnungen, die noch "viel schlimmer" seien als alles bisher Bekannte.
Der derzeitige Produzent der Show, Mark Burnett, erklärte daraufhin in einem gemeinsamen Statement mit dem Unterhaltungsunternehmen Metro-Goldwyn-Mayer, er habe "weder die Möglichkeit noch das Recht", Mitschnitte und sonstiges Material herauszugeben. Auch die Möglichkeiten von MGM, derartiges Material zu veröffentlichen, seien durch "diverse vertragliche und juristische Anforderungen" eingeschränkt. afp/AZ
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