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US-Wahl 2024: Diese Folgen hätte ein Sieg von Donald Trump für Deutschland

US-Wahl

Was wäre, wenn ... Trump die US-Wahl gewinnt?

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    Donald Trump strebt zurück ins Weiße Haus.
    Donald Trump strebt zurück ins Weiße Haus. Foto: Charlie Neibergall, dpa

    Die USA steuern im Wahljahr 2024 auf eine Revanche zwischen Joe Biden und Donald Trump zu. Vieles deutet darauf hin, dass der Republikaner sich das Weiße Haus zurückholt – allen Skandalen zum Trotz. Das würde nicht nur für Amerika eine politische Schubumkehr bedeuten. Wie Experten die Lage einschätzen:

    Verteidigung: Der schützende Mantel, den die Vereinigten Staaten über Deutschland und Europa gelegt haben, war lange Zeit warm und kuschelig. Ohne Washingtons finanziellen Kraftakt in der Ukraine hätten die Truppen von Wladimir Putin das Nachbarland längst eingenommen. Nicht umsonst gilt eine mögliche Kehrtwende Donald Trumps in dieser Frage als einer der heikelsten Punkte. „Die Bundesregierung und die Europäische Union müssen sich darauf vorbereiten, dass die USA unter Donald Trump als wichtigster Waffenlieferant an die Ukraine ausfallen“, warnt der CDU-Außenexperte Norbert Röttgen. Notfalls müssten sie in der Lage sein, die amerikanische Unterstützung zu kompensieren – und zwar im eigenen Interesse. „Gelingt uns das nicht und Russland hat in der Ukraine Erfolg, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass sich der Krieg weiter ausbreiten und immer näher an Nato-Territorium heranrücken wird“, sagt er. 

    Norbert Röttgen ist CDU-Abgeordneter und Experte für Außenpolitik.
    Norbert Röttgen ist CDU-Abgeordneter und Experte für Außenpolitik. Foto: Michael Kappeler, dpa

    Schon jetzt drohe Putin offen Moldau und den baltischen Staaten, die er als Teil eines wieder zu erschaffenden russischen Imperiums betrachte. „In so einer Situation könnten wir uns unter der Führung von Donald Trump auf die USA als Sicherheitsgaranten Europas nicht verlassen“, sagt Röttgen. Maximale Unsicherheit wäre die Folge. „Mit Joe Biden haben wir einen so proeuropäischen US-Präsidenten, wie man ihn sich nur wünschen kann“, sagt der Unionspolitiker. Donald Trump hingegen handle außenpolitisch erratisch. Schon während seiner letzten Präsidentschaft habe er US-Verbündete oft nicht konsultiert und schlicht vor veränderte Tatschen gestellt. „Ich erinnere an die Ankündigung des Abzugs aus Afghanistan, der dann im Desaster endete“, sagt

    Demokratie: Es war nur ein knapper Satz, dahingeworfen als vermeintlicher Scherz. Und doch ist er all jenen in Erinnerung geblieben, die sich ohnehin große Sorgen machen, was eine zweite Amtszeit Donald Trumps für die mächtigste Demokratie der Welt bedeuten würde. Ob er ein Diktator werden wolle, fragte Sean Hannity, Moderator beim rechten US-Sender Fox News. Trumps Antwort: „Nein. Nein. Abgesehen vom ersten Tag.“ Er verunglimpft Gegner als Ungeziefer, führt die amerikanische Justiz vor, wiegelt seine Anhänger auf. In einem Essay für das Magazin Internationale Politik warnt die USA-Expertin Constanze Stelzenmüller (Brookings Institution) davor, die Zeichen nicht ernst zu nehmen – „weil sein Aufstieg und der scharfe, unversöhnliche Ton seiner Anführer schon jetzt die Grenzen des Sagbaren verschieben, weil er die US-Öffentlichkeit spürbar in einen Zustand hochgradiger Nervosität versetzt und weil er von Rechtsnationalen und Autoritären in Europa und anderswo als Signal der Verbrüderung und Ermutigung verstanden wird“. 

    Constanze Stelzenmüller ist Juristin und Publizistin bei der Brookings Institution in Washington.
    Constanze Stelzenmüller ist Juristin und Publizistin bei der Brookings Institution in Washington. Foto: Jürgen Heinrich, Imago Images

    Trumps Vorbild sei das Ungarn von Viktor Orban: illiberale Demokratie, Ende des politischen Pluralismus, Einheit von Kirche und Staat, weißer Ethnonationalismus, so ihre düstere Prognose: „Die Verfassungsväter von 1789 hätten vermutlich schlicht von tyranny gesprochen.“ Dies hätte Folgen für die weltweite Machtbalance zwischen Demokratien und Autokratien. Das liege auch daran, dass sich Trump in einer zweiten Amtszeit noch stärker mit jenen umgeben dürfte, die eine ebenso anarchische Sicht auf die Welt pflegen, wie er selbst. Und doch hegt Stelzenmüller auch Hoffnung: „Nichts an dieser Wahl ist vorbestimmt, nicht einmal die Kandidaten. So schockierend die Vorstellung ist, dass sie womöglich das Ende der amerikanischen Demokratie einläuten könnte – denkbar ist auch, dass gerade diese Aussicht zu einer demokratischen Renaissance führen könnte, die mit einem erkennbar bevorstehenden Generationenwechsel einhergehen würde. So wie auch die Amtszeit von Trump eine lange wie sediert wirkende amerikanische Zivilgesellschaft nachhaltig elektrisierte.“ 

    Wirtschaft: Die deutsche Wirtschaft ist nicht gerade verwöhnt von den politischen Rahmenbedingungen, die ihr gerade zugemutet werden. Die Energiewende ist mühsam, der Krieg in der Ukraine treibt die Energiepreise, die Bürokratie frisst Ressourcen. Sollte Trump die Wahl gewinnen, droht weiteres Unheil. Schon in seiner ersten Amtszeit baute er auf eine ausgeprägte „America first“-Politik, von der er kaum abrücken dürfte. Zwar ist auch die Politik von Joe Biden nicht frei von Protektionismus – doch der sieht Amerika zumindest als Handelsmacht mit internationalen Verflechtungen. „Eine erneute Präsidentschaft von Donald Trump würde Deutschland wirtschaftlich, finanziell und geopolitisch hart treffen“, sagt DIW-Präsident Marcel Fratzscher. „Es ist wahrscheinlich, dass Donald Trump auch in seiner zweiten Präsidentschaft Handelskonflikte primär mit

    Marcel Fratzscher ist Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung.
    Marcel Fratzscher ist Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung. Foto: Annette Riedl, dpa

    Deutschlands große Abhängigkeit von Exporten mache die Wirtschaft besonders verletzlich für globale Handelskonflikte, so Fratzscher. Im Jahr 2022 exportierte Deutschland Waren im Wert von rund 156,2 Milliarden in die USA. Für die Amerikaner selbst geht es bei der Wahl weniger um die internationalen Wirtschaftsverflechtungen, sondern um den eigenen Geldbeutel. Im Sommer 2022 erreichte die Inflation in der größten Volkswirtschaft der Welt ein 40-Jahres-Hoch von mehr als neun Prozent. Zwar ist die Teuerungsrate seitdem deutlich zurückgegangen. Doch das bedeutet, dass die hohen Preise nun eben moderat weiter steigen. Auch das schürt die Unzufriedenheit mit Präsident Biden. DIW-Präsident Fratzscher: „Ein positiver Aspekt einer erneuten Präsidentschaft von Donald Trump könnte sein, dass dadurch Europa endlich zu einer stärkeren Integration und besseren Zusammenarbeit gezwungen wäre, um seine eigenen Interessen besser verteidigen zu können und global mehr Verantwortung zu übernehmen.“ 

    Klima: Der Republikaner hat während seiner Zeit im Weißen Haus mehr als 100 Klima- und Umweltregeln gelockert oder gleich ganz abgeschafft. Die Öl- und Gaslobby gilt als eng verflochten mit seiner Partei. „In seiner ersten Amtszeit hat sich Donald Trump als Klimawandel-Leugner hervorgetan“, sagt Klimaforscher Mojib Latif, Professor am Kieler Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung. Genauso wie über Corona habe er sich auch über die globale Erwärmung lustig gemacht. „In seinen Äußerungen kommt eine sehr große Wissenschaftsfeindlichkeit zum Ausdruck“, sagt Latif. Und nicht nur dort. Im Jahr 2020 trat Trump als US-Präsident aus dem Pariser Klimaschutzabkommen aus – sein Nachfolger Biden sorgte nach seiner Wahl für eine Rückkehr zu den internationalen Verträgen. Und er verschaffte der amerikanischen Wirtschaft mit dem „inflation reduction act“ das, was Kanzler Scholz einen „Wumms“ nennen würde. Das Milliardenprogramm fördert vor allem umweltfreundliche Technologien und enthält umfangreiche Maßnahmen für mehr Klimaschutz. „Ich hoffe nicht, dass Trump das jetzt wieder stoppt“, sagt der Klimaexperte. „Aber ich habe das Gefühl, dass in den USA begriffen wurde, was man an den erneuerbaren Energien als Wirtschaftsfaktor hat.“ 

    Mojib Latif ist Klimaforscher am Kieler Helmholtz-Zentrum.
    Mojib Latif ist Klimaforscher am Kieler Helmholtz-Zentrum. Foto: Ulrich Perrey, dpa

    Selbst im Ölland Texas erlebe die Windkraft aktuell einen echten Boom. „Ich hoffe, dass Trump so klug ist, diese Dynamiken nicht brechen wird“, sagt Latif. Das gilt auch für internationale Verpflichtungen. Sollten große Volkswirtschaften wie die USA aussteigen aus Verträgen wie dem Pariser Klimaabkommen, habe das eine wichtige symbolische Wirkung auf den Rest der Welt. Gerade in Schwellenländern wie China und Indien steigt der Ausstoß an CO2 weiter stark an. „Es wäre eine politische Aufgabe für die starken Industrienationen, das zu verändern“, sagt Latif. Es müssten Geschäftsmodelle gefunden werden, die es Ländern wie Indien erlauben, sich weiterzuentwickeln und gleichzeitig zu verhindern, den fossilen Weg des Westens zu gehen. 

    Weltordnung: Nach dem Zusammenbruch des Ostblocks im Jahr 1990 schien die Losung klar: Der Westen hat den politisch-gesellschaftlichen Richtungskampf für sich entschieden. Doch in den vergangenen Jahren geriet das Modell zunehmend in Bedrängnis. Staaten wie China und Indien streben nicht nur nach wirtschaftlicher, sondern auch nach politischer Macht. Afrikanische Länder wollen sich nicht länger aus den Hauptstädten Europas erklären lassen, was richtig und was falsch ist. Russland rüttelt mit seinen imperialistischen Bestrebungen an den Grundfesten der Weltordnung. Doch gerade im Ringen mit den Autokraten zeigte die freie Welt auch, dass sie im Zweifel zusammensteht. Wie wird das unter einem möglichen Präsidenten Trump? „Das Signal an die Welt wäre eine weitere Gefährdung und potenzielle Unterhöhlung des in die Jahre gekommenen Modell des Westens – mit gesellschaftspolitischen, sicherheitsrelevanten und wirtschaftlichen Konsequenzen“, prophezeit Karl-Theodor zu Guttenberg. Der frühere Bundesverteidigungsminister lebte mehrere Jahre in den USA, kennt die amerikanische Politik gut. 

    Ex-Minister Karl-Theodor zu Guttenberg befürchtet eine Verschiebung der Machtverhältnisse.
    Ex-Minister Karl-Theodor zu Guttenberg befürchtet eine Verschiebung der Machtverhältnisse. Foto: Sebastian Gollnow, dpa

    „Bestehende Bündnisse werden von Trump rein transaktional gesehen, am kurzfristigen Nutzen für den Amtsinhaber ausgerichtet“, sagt zu Guttenberg. „Das transatlantische Verhältnis, inklusive der Nato, hat für Trump weder emotionale noch interessengeleitete Bedeutung.“ Dabei müsste Amerika gar nicht aus der

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