Startseite
Icon Pfeil nach unten
Politik
Icon Pfeil nach unten

US-Wahl 2020: US-Wahl: Kann man den Umfragen dieses Mal trauen?

US-Wahl 2020

US-Wahl: Kann man den Umfragen dieses Mal trauen?

    • |
    Joe Biden liegt in den Umfragen vorne.
    Joe Biden liegt in den Umfragen vorne. Foto: Bryon Houlgrave, dpa

    Als die Menschen in Europa an jenem 9. November vor vier Jahren aufwachten, den Fernseher einschalteten oder auf ihr Smartphone blickten, war das, was sie da sahen, eine faustdicke Überraschung: Denn nicht Hillary Clinton hatte das Rennen ums Weiße Haus gewonnen. Sondern der politikunerfahrene. Milliardär Donald Trump, der in den Umfragen immer hinter seiner demokratischen Kontrahentin gelegen hatte

    Ein bisschen fühlt man sich in diesen Tagen an das Jahr 2016 erinnert, von dem an sich in Amerika so viel ändern sollte. Denn schließlich führt Joe Biden seit Wochen – dass Trump noch einmal gewählt wird, scheint immer unwahrscheinlicher. Dessen Anhänger hoffen indes, dass die diesjährigen Umfragen genauso danebenliegen wie sie es 2016 getan haben. Die Gretchenfrage, die sich nun, kurz vor der Wahl stellt, ist also diese: Kann man den Umfragen dieses Mal trauen?

    Bei der US-Wahl 2016 stimmten viele Wähler erst sehr spät ab

    Doug Schwartz, Direktor des Meinungsumfragezentrums an der Quinnipiac University in US-Bundesstaat Connecticut, hat diese Frage in den vergangenen Wochen immer wieder gehört. "Die Meinungsforscher haben sich nach dem, was 2016 passiert ist, genau angeschaut, wie es geschehen konnte, dass die Zahl der Trump-Unterstützer unterschätzt wurde", sagt Schwartz. Das Ergebnis: Die Umfragen waren richtig – allerdings gab es ein Problem, das größer war als man gedacht hätte.

    Hillary Clinton verlor 2016 gegen Donald Trump.
    Hillary Clinton verlor 2016 gegen Donald Trump. Foto: Jörg Carstensen, dpa

    "Ein wichtig Grund, warum die Wahl dann doch anders ausgegangen ist, war, dass sich viele Menschen erst sehr spät dazu entschieden haben, Trump ihre Stimme zu geben", sagt Schwartz. Einige Meinungsforscher hätten außerdem die große Anzahl von weißen Wählern ohne Collegeabschluss unterschätzt. "Und das ist bei der ganzen Betrachtung wichtig. Denn diese Wähler unterstützten in der Mehrheit Trump, waren aber in manchen Umfragen unterrepräsentiert. Etwa in so wichtigen Staaten wie Wisconsin, Michigan oder Pennsylvania, wo Trump nur ganz knapp gewonnen hat."

    Der Kandidat, der mehr Wählerstimmen bekommt, kann trotzdem verlieren

    Aber es sind ja nicht nur die Umfragen, die es so schwer machen, eine Vorhersage zu treffen. Es ist das amerikanische Wahlsystem, das gewissen Unsicherheiten birgt. Denn der Präsident wird nicht vom Volk direkt bestimmt, sondern von den Wahlmännern. Jeder Bundesstaat hat eine gewisse Anzahl an Wahlmännerstimmen, gemessen an dessen Einwohnerzahl. In fast jedem Staat ist es so, dass derjenige alle Wahlmännerstimmen auf sich vereint, der die Mehrheit der Wählerstimmen bekommt – unabhängig davon, wie groß oder klein der Vorsprung ist.

    2016 hatten viele Trump-Wähler erst sehr spät gewählt.
    2016 hatten viele Trump-Wähler erst sehr spät gewählt. Foto: Alex Brandon, dpa

    In manchen Staaten steht von vornherein mehr oder weniger fest, wer dort gewinnen wird – in Kalifornien etwa kann man davon ausgehen, dass es die Demokraten sind. In anderen Bundesstaaten indes sind die Vorhersagen schwieriger, weswegen in diesen sogenannten Swing States besonders um die Gunst der Wähler gebuhlt wird. "Dieses ganze System kann dazu beitragen, dass ein Kandidat zwar mehr Wählerstimmen bekommt, aber am Ende dennoch verliert", sagt Schwartz.

    Umfragen sind Momentaufnahmen, die Meinungen können sich ändern

    So wie eben 2016. Damals erhielt Hillary Clinton fast drei Millionen Wählerstimmen mehr als Trump - der Republikaner zog aber dennoch ins Weiße Haus ein, weil er durch den Sieg in entscheidenden Bundesstaaten mehr Wahlmännerstimmen bekam. "Das alles führte dazu, dass die Menschen anfingen, an den Umfragen zu zweifeln – doch die waren eigentlich richtig", sagt Schwartz.

    Donald Trumps Zitate über Corona-Krise und Masken

    "Wir haben es völlig unter Kontrolle. Es ist eine Person, die aus China kommt, und wir haben es unter Kontrolle. Es wird alles gut werden."

     (Am 22. Januar im CNBC-Interview aus dem schweizerischen Davos; am Vortag war der erste Corona-Fall in den USA bekannt geworden.)

    "Sie wissen, dass es im April angeblich mit dem heißeren Wetter stirbt. Und das ist ein wunderbares Datum, auf das man sich freuen kann."

     (Am 10. Februar über das Virus im Fox-Business-Interview.)

    "Bei uns geht es ganz erheblich nach unten, nicht nach oben."

     (Am 26. Februar in einer Pressekonferenz über die Zahl der US-Corona-Fälle.)

    "Die Fake-News-Medien und ihre Partner, die Demokratische Partei, tun alles in ihrer halbwegs beachtlichen Macht (früher war sie größer!), um die Corona-Lage stärker anzuheizen, als die Fakten es hergeben." 

    (Am 9. März auf Twitter.)

    "Es ist ein hochansteckendes Virus. Unglaublich. Aber wir haben eine ungeheure Kontrolle darüber."

     (Am 15. März in einem Pressebriefing.)

    "Ich habe immer gewusst, dass das eine Pandemie ist. Ich hatte das Gefühl, dass es eine Pandemie ist, lange bevor es als Pandemie bezeichnet wurde."

     (Am 17. März in einem Pressebriefing.)

    "Wenn wir es so eindämmen können (...), dass wir zwischen 100 000 und 200 000 haben, dann haben wir alle zusammen einen guten Job gemacht."

     (Am 29. März über Todesfälle und bevorstehende Maßnahmen.)

    "Das ist freiwillig. (...) Ich habe mich entschieden, es nicht zu tun."

     (Am 3. April über die Empfehlung an die US-Bevölkerung, Stoffmasken zum Schutz gegen das Virus zu tragen.)

    "Die Coronavirus-Zahlen sehen VIEL besser aus, sie gehen fast überall runter. Wir machen große Fortschritte."

     (Am 11. Mai in einem Tweet.)

    "Es verschwindet. Es wird verschwinden."

     (Am 17. Juni in einem Interview mit Fox News.)

    "Im Vergleich zu den meisten anderen Ländern, die schrecklich leiden, schlagen wir uns sehr gut - und wir haben Dinge geschafft, die nur wenige andere Länder schaffen könnten."

     (Am 21. Juli in einem Tweet.)

    "Wir haben mehr Fälle, weil wir viel mehr als jedes andere Land getestet haben. 60 000 000. Wenn wir weniger testen würden, hätten wir weniger Fälle."

     (Am 1. August in einem Tweet.)

    "Haben Sie jemals einen Mann gesehen, der so gerne eine Maske trägt wie er? Und wenn er spricht, lässt er sie häufig am Ohr runterhängen. Weil, wisst Ihr was? Das lässt ihn sich sicherer fühlen. Wenn ich ein Psychiater wäre, würde ich sagen, der Junge hat eine Menge Probleme."

     (Am 3. September bei einem Wahlkampfauftritt in Latrobe im Bundesstaat Pennsylvania über seinen demokratischen Herausforderer Joe Biden.)

    "Ich denke, wir haben in der Pandemie vermutlich einen besseren Job als jedes andere Land gemacht, auf jeden Fall unter den großen Ländern der Welt."

     (Am 10. September bei einem Wahlkampfauftritt in Freeland im Bundesstaat Michigan.)

    "Habt Ihr seine Kreise gesehen, die Kreise? Wisst Ihr, warum die sie einzeichnen? Angeblich, um bei Covid korrekt zu sein, aber in echt ist es, weil sie nicht genug Leute finden, um den Raum zu füllen."

     (Am 12. September bei einem Wahlkampfauftritt in Minden im Bundesstaat Nevada zu Veranstaltungen von Joe Biden, bei denen die Teilnehmer mit Hilfe auf dem Boden markierter Kreise Abstand halten.)

    "Ich bin auf einer Bühne, das ist sehr weit weg, deswegen mache ich mir überhaupt keine Sorgen."

    (Am 14. September am Rande eines Wahlkampfauftritts in einer Halle in Henderson im Bundesstaat Nevada auf die Frage einer Journalistin, ob er sich Sorgen mache, sich anzustecken.)

    "Ich trage sie, wenn ich muss. Ich trage sie in Krankenhäusern und an anderen Orten. Eine Menge Leute wollen keine Masken tragen. Eine Menge Leute denken, dass Masken nicht gut sind. (...) Ich kann Ihnen sagen, wer das ist: Kellner. Sie kommen rüber und bedienen einen und sie fassen ihre Maske an und dann den Teller. Das kann nicht gut sein."

     (Am 16. September in einer Fragestunde mit Wählern beim Sender ABC.) 

    "Ich trage die Maske nicht wie er. Jedes Mal, wenn man ihn sieht, trägt er eine Maske. Er könnte 200 Fuß entfernt von mir sprechen, er würde mit der größten Maske aufkreuzen, die man je gesehen hat."

     (Am 29. September über Joe Biden in der ersten gemeinsamen TV-Debatte.)

    Und noch eines dürfe man nicht aus den Augen lassen, sagt der Experte: "Umfragen sind immer Momentaufnahmen. Die Meinungen können sich ändern." Wenn er allerdings auf die Umfragen der vergangenen Wochen blickt, dann zeichne sich eine große Beständigkeit ab. "Was bei diesem Rennen so bemerkenswert ist, ist dass Biden konstant führt – und das obwohl so viel passiert ist. Angefangen bei Anti-Rassismus-Protesten bis hin zu Corona. Es wäre nicht überraschend, wenn die Menschen weiterhin bei ihrer Meinung bleiben."

    Lesen Sie dazu auch:

    Wir wollen wissen, was Sie denken: Die Augsburger Allgemeine arbeitet daher mit dem Meinungsforschungsinstitut Civey zusammen. Was es mit den repräsentativen Umfragen auf sich hat und warum Sie sich registrieren sollten, lesen Sie hier.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden