Vor einem Jahr waren sie noch Rivalen. „Die Demokraten können die Uhr nicht auf die 90er Jahre zurückdrehen“, stichelte Pete Buttigieg, und Joe Biden lästerte über die Erfahrung des Provinzpolitikers beim Bürgersteigbau. Zum Auftakt der innerparteilichen Präsidentschaftsvorwahlen in Iowa im Februar triumphierte der Jüngere und verwies den Älteren auf den demütigenden vierten Platz. Doch kurz darauf wendete sich das Blatt: Biden wurde zum Favoriten, und Buttigieg stieg aus: „Das Ziel, gemeinsam Donald Trump zu schlagen, ist wichtiger als meine Person“, sagte der 38-Jährige damals.
Neun Monate später ist das Ziel erreicht – und der einstige Bürgermeister der Stadt South Bend kehrt zurück auf die nationale Bühne: Als neuer Verkehrsminister soll er nicht nur einen gewaltigen Etat von rund 90 Milliarden Dollar verwalten. Er ist auch für das zentrale Schnittstellenressort bei der Umsetzung zahlreicher Wahlversprechen des neuen Präsidenten von einem milliardenschweren Infrastrukturprogramm bis zur Energiewende verantwortlich.
Neuer US-Verkehrsminister: Joe Biden lobt Pete Buttigieg als Problemlöser
„Buttigieg ist ein Problemlöser und ein im Umbau erfahrener Staatsdiener aus dem industriellen Mittleren Westen, der eine neue Generation von amerikanischer Führung verkörpert“, preist Biden seinen künftigen Minister an. Das anfänglich nicht spannungsfreie Verhältnis der beiden Politiker ist längst einer großen persönlichen Wertschätzung gewichen.
In vielen Reaktionen wird nun gewürdigt, dass Buttigieg der erste offen schwule Minister in einer amerikanischen Regierung sein wird. „Das ist ein Meilenstein im jahrzehntelangen Kampf für eine Vertretung von LGBTQ-Menschen in der Regierung“, sagte Annise Parker, die Chefin der Bürgerrechtsgruppe Victory Institute. Auch Biden, der ein möglichst buntes Kabinett zusammenstellen möchte, hebt den Wendepunkt hervor. Doch würde es zu kurz greifen, die Personalie als Ausdruck identitätspolitischer Erwägungen zu werten. Mindestens so wichtig dürften das persönliche Vertrauensverhältnis, das politische Potenzial des Ex-Bürgermeisters und dessen Rolle im Wahlkampf sein. In den vergangenen Monaten nämlich hat sich Buttigieg als einer der rhetorisch gewandtesten Biden-Verbündeten profiliert.
Pete Buttigieg muss als Verkehrsminister Amerikas Infrastruktur sanieren
Mit rhetorischer Brillanz alleine freilich wird Pete Buttigieg allerdings kaum die Herausforderung bewältigen können, die nun vor ihm liegt: Große Teile der amerikanischen Infrastruktur sind marode. Biden hat einen Zwei-Billionen-Dollar-Plan für Straßen, Brücken und Schienen angekündigt. Doch die Republikaner im Senat könnten sich querstellen, und der Topf für den Straßenbau ist ohnehin dramatisch unterfinanziert. Zugleich will der neue Präsident zum Erreichen seiner Klimaschutzziele die Abgaswerte für Autos senken und alle amerikanischen Städte mit öffentlichen Verkehrsmitteln ausrüsten. Auch hier wird Buttigieg eine Schlüsselrolle spielen.
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