Der 32-jährige Richard Hopkins avancierte in der Welt der Anhänger Donald Trumps über Nacht zum Kronzeugen für massiven Wahlbetrug in Pennsylvania. Aktivisten sammelten für den „amerikanischen Patrioten“ auf GoFund-Me fast 130.000 Dollar und twitterten dessen Vorwürfe aus. Demnach habe der Leiter einer Poststelle in „Erie County“ zu spät eingegangene Briefwahl-Stimmen zurückdatieren lassen. Der Vorsitzende des Justizausschusses im Senat, Lindsey Graham, nahm auf den Vorgang Bezug, um vom Justizministerium eine Untersuchung zu verlangen. Entgegen der üblichen Praxis, die Auszählung der Stimmen vor Ermittlungen abzuwarten, erlaubte Justizminister William Barr Bundesanwälten, in gravierenden Fällen bereits vorher tätig zu werden.
Trump lässt Ergebnisse der US-Wahl 2020 anfechten
In „Erie County“ können sie sich die Mühe ersparen. Denn der Held der „Trumper“ erwies sich bei Ermittlungen des Generalinspekteurs der Post als Schwindler, der seine Behauptungen unter Eid zurücknahm. „Whistleblower widerrief komplett“, teilte das für die Postaufsicht zuständige Komitee im Repräsentantenhaus mit.
Die Ermittlungen richten sich in diesem Fall nun gegen mögliche Hintermänner, die Hopkins als Strohmann benutzt und bezahlt haben könnten. Nicht ganz so spektakulär, aber nicht minder peinlich kollabierten Vorwürfe in den anderen Staaten, deren Ergebnisse Donald Trump anfechten lässt. In Michigan etwa stellte sich die Behauptung eines „6000 Stimmenverlusts unseres Kandidaten“ als ein Rechenfehler in einem „County“ heraus, der binnen einer Stunde korrigiert war. Joe Biden gewann den Bundesstaat mit mehr als 150.000 Stimmen. Der angebliche Ausschluss von Wahlbeobachtern in Detroit fand auch nicht statt. Tatsächlich befanden sich so viele Republikaner in dem überfüllten Zählzentrum, dass sie rotieren mussten.
Experten sehen wenig Chancen für Trump
Wahlrechtsexperte Justin Levitt von der Loyola Law School in Los Angeles sagt, es gebe in den USA nur „extrem selten“ Fälle von Wahlbetrug. Der Autor einer Studie über die Sicherheit von Wahlen zwischen dem Jahr 2000 und 2014 kam unter den rund eine Milliarde abgegebenen Stimmen auf genau 31 glaubhafte Vorwürfe. Eine Umfrage der New York Times bei allen Wahlleitern in den USA fand heraus, dass es keine Hinweise auf systematische Probleme oder größere Manipulationen bei diesen Wahlen gibt. Experten weisen darauf hin, dass in nicht einem Fall eine Klage vorliegt, die genügend Stimmen für ungültig erklären könnte, das Ergebnis im Nachhinein zugunsten Trumps zu verändern.
Für Kopfschütteln sorgte am Dienstag die Aussage von Außenminister Mike Pompeo, dass „es einen sanften Übergang zu einer zweiten Trump-Regierung geben wird“. Die Aussage verstärkte die Nervosität bei einigen Demokraten, der Präsident könnte einen „stillen Coup“ versuchen, indem er republikanische Mehrheiten in den Parlamenten einzelner Bundesstaaten benutzt, die Ergebnisse der Wahlen zu ignorieren und eigenmächtig Wahlmänner zu benennen.
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