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US-Vorwahl der Republikaner: Hardliner Rick Santorum bläst zum rechten Angriff

US-Vorwahl der Republikaner

Hardliner Rick Santorum bläst zum rechten Angriff

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    Mit seinem Aufbäumen könnte Santorum den Kampf um die Kandidatur gehörig durcheinanderwirbeln. Foto: Graig Lassig dpa
    Mit seinem Aufbäumen könnte Santorum den Kampf um die Kandidatur gehörig durcheinanderwirbeln. Foto: Graig Lassig dpa

    Was für ein verrücktes Rennen, die US-Vorwahlen stehen Kopf und der Ausgang ist völlig ungewiss: Der bisherige Favorit der Republikaner, Mitt Romney, verliert plötzlich, dafür holt der Außenseiter Rick Santorum mächtig auf. Santorum gilt als liebenswürdig, aber ultra-konservativ. Der neue Favorit, ein kompromissloser Konservativer, triumphierte überraschend bei drei Vorwahlen der US-Republikaner. Doch hat er ein Chance gegen die Wahlkampfmaschine und das Geld von Romney? 

    Mitt Romney gerät immer mehr in Bedrängnis

    Nach seinen haushohen Wahlsiegen in Florida und Nevada sah Mitt Romney - wieder einmal - wie der sichere Sieger im republikanischen Vorwahlrennen aus. Doch - wieder einmal - zeigt sich, dass der Weg zur Nominierung als US-Präsidentschaftskandidat lang und steinig ist.

    Seinen bislang härtesten Widersacher Newt Gingrich mag der Ex-Gouverneur von Massachusetts zwar mit einer Salve öffentlicher Angriffe abgeschüttelt haben. Nun aber bescherte ihm der erstaunliche Dreifachtriumph des konservativen Hardliners Rick Santorum in Colorado, Minnesota und Missouri neue Sorgen.

    Santorums Comeback könnte zum bislang größten Problem für den 64-Jährigen werden. "Die Niederlagen lassen neue Fragen über Romneys Fähigkeit aufkommen, die Unterstützung der Konservativen auf sich zu vereinen", kommentierte die "New York Times" nach den Wahlen am Dienstag.

    Die rechte Klientel sehnt sich nach einer Identifikationsfigur wie Rick Santorum

    Die rechte Klientel hat großes Gewicht in der "Grand Old Party", wie die Republikaner genannt werden. Und sie sehnt sich nach einer Identifikationsfigur. Gingrich mit seinem polarisierenden Auftreten, mehreren Affären mit Frauen sowie alten Skandalen konnte Romney diese Rolle bisher nicht wirklich streitig machen. Santorum ist dafür viel besser geeignet.

    Der Katholik gilt als kompromisslos rechts und unerschütterlich religiös. Das macht er bei jeder sich bietenden Gelegenheit unmissverständlich klar. Die Schwulenehe will er per US-Verfassung verbieten. Die Evolutionstheorie stellt er öffentlich infrage. Wissenschaftliche Erkenntnisse zur globalen Erwärmung nennt der 53-Jährige absurd. Ginge es nach ihm, wären Abtreibungen auch bei Vergewaltigungen und Inzest verboten. Führende Evangelikale haben ihn deshalb geschlossen als ihren Kandidaten gekürt.

    Schwarzen will er kein Geld geben und gegen den Iran in den Krieg ziehen

    Nicht selten treibt Santorum Kritiker mit extremen Äußerungen auf die Palme. Seine Ablehnung von Sozialprogrammen begründete er unmittelbar vor Beginn der Vorwahlen so: "Ich will nicht das Leben von schwarzen Bürgern besser machen, indem ich ihnen das Geld anderer gebe. Ich will ihnen die Möglichkeit geben, rauszugehen und das Geld zu verdienen." Auch in außenpolitischen Fragen greift er zu harter Rhetorik. Im Atomstreit mit Iran etwa fordert er einen Kriegseinsatz: "Wir würden die (Atom-)Anlagen mit Luftschlägen zerstören", sagte er dem TV-Sender ABC.

    Doch nicht allein radikale Ansichten sind das Markenzeichen  des Rechtsanwalts und Volkswirts. Er zeigt sich in der Öffentlichkeit auch als treusorgender, bodenständiger Familienvater, der am liebsten Pullunder über seinen Hemden trägt. Mit seiner Frau Karen ist er seit 21 Jahren verheiratet. Das Paar hat sieben Kinder, ein achtes starb kurz nach der Geburt 1996. Die dreijährige Tochter Isabella leidet an einer schweren Behinderung. Als sie vor kurzem ins Krankenhaus musste, unterbrach Santorum den Wahlkampf tagelang, um an ihrem Bett zu wachen.

    Seine äußere Liebenswürdigkeit gilt als Pluspunkt bei älteren Wählern

    Seine äußere Liebenswürdigkeit gilt als Pluspunkt vor allem bei älteren Wählern. Er war erst 32 Jahre alt, als er in den US-Kongress kam. Mit Fleiß verschaffte er sich Respekt im Repräsentantenhaus, danach saß er zwölf Jahre im Senat. Vor sechs Jahren verlor er überraschend seine Wiederwahl und tauchte danach in der Versenkung ab. Heute bringt ihm seine freundliche Fassade das Problem ein, im harten Kampf um die Nominierung nicht besonders ernst genommen zu werden. "Rick Santorum ist ein netter Typ, aber er ist einfach nicht bereit, Präsident zu werden", urteilt der frühere Gouverneur von Minnesota, Tim Pawlenty.

    Auch seine Wahlergebnisse bis zu seinem großen Triumph ließen ihn weitgehend wie einen chancenlosen Außenseiter wirken. Das könnte sich nun ändern. Allerdings benötigt er viel Geld, um es wirklich mit dem großen Favoriten Romney aufnehmen zu können. Dessen Wahlkampfkasse war bereits Ende 2011 mit 56 Millionen Dollar (42 Millionen Euro) prall gefüllt, wie das "Center for Responsive Politcs" in Washington errechnete. Santorum hatte bis dahin nur gut 2 Millionen Dollar für Werbung und Personal gesammelt. Bislang konnte er aber immer wieder beweisen, dass Erfolge auch ohne großes Geld möglich sind.

    Rick Santorum könnte von den Launen der Wähler profitieren

    Die US-Wähler unterliegen derzeit offensichtlich stark wechselnden Launen. Santorums Siege sind ein erneuter Beleg dafür. Während der als moderat geltende Romney breite Unterstützung in seiner Partei genießt, suchen die konservativeren Republikaner offensichtlich händeringend nach einer Alternative. Eine Entscheidung entweder für Santorum oder für Gingrich fiel noch nicht. Erschwert wird die Lage dadurch, dass auch Paul weiterhin viele Unentschlossene auf seine Seite zieht.

    Größere Klarheit dürfte erst am 6. März herrschen: Am sogenannten "Super Tuesday" wird in zehn Bundesstaaten gleichzeitig abgestimmt. Die nächsten Vorwahlen finden noch davor, nämlich am 28. Februar in Arizona und Michigan statt. dpa

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