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Urteil über AfD: Ein wichtiges Urteil – aber Wunder sollte niemand erwarten

Kommentar

Ein wichtiges Urteil – aber Wunder sollte niemand erwarten

Margit Hufnagel
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    Jetzt per Urteil bestätigt: Die AfD darf als rechtsextremistischer Verdachtsfall eingestuft werden.
    Jetzt per Urteil bestätigt: Die AfD darf als rechtsextremistischer Verdachtsfall eingestuft werden. Foto: Sina Schuldt, dpa (Symbolbild)

    Wen noch Zweifel plagten, hat es nun schwarz auf weiß: Die AfD ist keine Partei wie jede andere. Im Gegenteil: Ihr Gebaren erscheint den Richtern des Oberverwaltungsgerichtes Münster als so gefährlich, dass sie es dem Bundesamt für Verfassungsschutz erlauben, die AfD und deren Jugendorganisation, die Junge Alternative, als rechtsextremistischen Verdachtsfall einzustufen. Bei der Partei lägen „Anhaltspunkte für demokratiefeindliche Bestrebungen“ vor, hieß es in der Begründung.

    Aus ihrer Erleichterung über dieses zweifellos wichtige Urteil machten die anderen Parteien keinen Hehl. Das Bewusstsein für die Gefahr, die von der AfD ausgeht, ist einer der wenigen verbindenden Punkte, die Regierung wie Opposition derzeit haben. Doch Wunder sollte man sich von der Beobachtung durch den Verfassungsschutz nicht erwarten. Schon gar keine schnellen. Die AfD hat einen Spitzenkandidaten für die Europawahl, den sie den Wählern nur noch in homöopathischen Dosen zumuten kann. Sie hat ihre Nähe zu Russland und China anschaulich unter Beweis gestellt – und damit demonstriert, dass sie die Sache mit dem Patriotismus doch irgendwie flexibel handhabt. Sie hat Führungspersonal, das aus seiner Gesinnung kein Geheimnis macht. Sie hat mit den Boden für die aggressive Stimmung bereitet, die gerade nicht nur Wahlkämpferinnen und Wahlkämpfer erleben müssen. Und trotzdem ist es der AfD gelungen, im Westen Deutschlands stabil Fuß zu fassen und im Osten sogar zu so etwas wie einer Volkspartei aufzusteigen. Es ist ein Irrglaube, dass die Wähler nicht wissen, wem sie mit der AfD ihre Stimme geben. Die Mär von den Protestwählern stimmt schon lange nicht mehr. 

    Der Staat muss seine Prinzipien mit aller Macht verteidigen

    Trotzdem ist das, was die Richter in Münster beschlossen haben, bedeutsam. Der Staat muss seine Leitplanken klar setzen und darf sich nicht von Extremisten am Nasenring durch die politische Arena führen lassen. Dass die AfD als rechtsextremistischer Verdachtsfall eingestuft und damit beobachtet werden darf, gibt den Verantwortlichen ein Mittel an die Hand, mit dem sie den Rechtsstaat schützen können. Es ist die Pflicht aller demokratischen Akteure, Entwicklungen nicht einfach laufen zu lassen und zu hoffen, dass schon nichts passieren werde. Die Geschichte lehrt uns, dass dem nicht so ist. So selbstverständlich uns die Demokratie heute vorkommt, so fragil ist sie. Überall in der Welt demonstrieren uns Autokraten, wie ein Leben unter ihrer Herrschaft aussehen kann: Es gilt nicht mehr die Stärke des Rechts, sondern das Recht des Stärkeren. Manche Debatte über die Rechte von Minderheiten, übers Gendern oder über den richtigen Weg zum Klimaschutz mag überzogen und nervig sein, doch wer einen Schritt zurücktritt, kann erkennen, dass es durchaus hoch einzuordnen ist, dass sich unsere Gesellschaft eben diesen Raum nimmt. 

    Es ist schwer und die Rezepte sind alles andere als klar– doch letztlich wird es die Aufgabe nicht von Gerichten oder Behörden, sondern der anderen Parteien sein, die AfD einzuhegen. Sie müssen Wege finden, wie sie die Menschen wieder von ihrer Politik überzeugen, ohne dabei eigene Ideale zu verraten. Wie man über seinen Schatten springt, haben ausgerechnet die viel gescholtenen Grünen zuletzt wiederholt gezeigt. Kaum eine Partei hat sich in der Frage der Begrenzung der Migration so weit bewegt wie sie. Aufgefressen werden die Kompromisse vom ewigen Streit der Ampelkoalition. Man muss es leider so deutlich sagen: Für das Land ist es eine Belastung, dass drei Parteien, denen es nicht gelingt, das Verbindende zu finden, förmlich aneinander gekettet sind. Auch die Opposition schafft es nicht, die Stimmung im Land zu drehen. Es ist auch der Frust über die aktuelle Lage, der es vielen Menschen leicht macht, die politische Hemmschwelle zu überschreiten und die AfD zu unterstützen.

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