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Urteil: Dämpfer für schottische Träume von der Unabhängigkeit

Urteil

Dämpfer für schottische Träume von der Unabhängigkeit

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    Enttäuscht, aber entschlossen, weiter für die Unabhängigkeit zu kämpfen. Die schottische Regierungschefin Nicola Sturgeon.
    Enttäuscht, aber entschlossen, weiter für die Unabhängigkeit zu kämpfen. Die schottische Regierungschefin Nicola Sturgeon. Foto: Jane Barlow, PA Wire. dpa

    Die Debatte um die Unabhängigkeit Schottlands ist alt, sogar sehr alt. Die „Declaration of Arbroath“, die als erste schottische Unabhängigkeitserklärung gilt, wurde vor über 700 Jahren in der gleichnamigen idyllischen Ostküstenstadt des britischen Landesteils unterschrieben. Einige hundert Jahre später erblickte James Gibson dort das Licht der Welt, der Architekt der „Middlesex Guildhall“. Jenem Gebäude, in welchem am gestrigen Mittwoch ein wichtiges Urteil gesprochen wurde. 

    Der britische Supreme Court verhandelte darüber, ob das Regionalparlament in Edinburgh nach der Verabschiedung eines entsprechenden Gesetzes ein Referendum über die Unabhängigkeit von London abhalten darf – auch für den Fall, dass die Zentralregierung in London dagegen ist. Robert Reed, Richter am höchsten britischen Gericht, erteilte dem Vorhaben eine klare Absage. „Das schottische Parlament ist nicht befugt, Gesetze für ein Referendum über die Unabhängigkeit Schottlands zu erlassen“, sagte er und las das Urteil dabei von einem Blatt ab. Er begründete dies damit, dass ein

    Nicola Sturgeon: "Eine bittere Pille für uns"

    Die schottische Regierungschefin Nicola Sturgeon zeigte sich im Rahmen einer Pressekonferenz enttäuscht über das Urteil. „Das ist eine bittere Pille für uns.“ Sie respektiere das Urteil, fügte jedoch hinzu, dass es fundamentale Fragen aufwerfe. „Eine sogenannte Partnerschaft, in der einem Partner das Recht verweigert wird, Zukunftsfragen zu stellen, kann in keiner Weise als freiwillig oder überhaupt als Partnerschaft bezeichnet werden“, sagte die Parteivorsitzende der Schottischen Nationalpartei (SNP). Mit der Entscheidung des Gerichts stelle sich die Frage nach der möglichen Abspaltung des Landesteils dringender als jemals zuvor. Die nächsten Wahlen in Schottland – die britischen Parlamentswahlen – sollten deshalb ein „De-facto-Referendum“ über die Unabhängigkeit sein, so Sturgeon.

    Akash Paun von der Denkfabrik Institute for Government, bezeichnete diesen Plan am Mittwoch jedoch als politische Rhetorik. „Nur weil eine politische Partei behauptet, es handele sich um ein Referendum zu einem bestimmten Thema, ändert dies nichts an der verfassungsmäßigen Tatsache, dass es eine allgemeine Wahl ist“, sagte er. John Curtice, Politikwissenschaftler an der University of Strathclyde in Glasgow, betonte gegenüber dieser Redaktion überdies, dass sich in den letzten Umfragen im Fall eines Referendums meist eine knappe Mehrheit für einen Verbleib im Vereinigten Königreich ausgesprochen hatte. „Die Nation ist in dieser Frage tief gespalten. Deshalb wird sich die eine Hälfte über das Urteil des Supreme Court freuen, während die andere sich ärgert.“ 

    Ein schwarzer Tag für die Unterstützer der Unabhängigkeit Schottlands, die nach dem Urteil in weite Ferne gerückt ist.
    Ein schwarzer Tag für die Unterstützer der Unabhängigkeit Schottlands, die nach dem Urteil in weite Ferne gerückt ist. Foto: Jane Barlow, PA Wire, dpa (Archivbild)

    Theresa May, die ehemalige konservative Premierministerin, forderte die SNP im Rahmen der wöchentlichen Fragerunde an den britischen Regierungschef Rishi Sunak am gestrigen Mittwoch dazu auf, die Unabhängigkeitsbestrebungen einzustellen. Die Entscheidung des höchsten Gerichts erlaube es der SNP, das schottische Volk ausnahmsweise an die erste Stelle zu stellen und den Versuch, die Union zu zerstören, ein für alle Mal fallen zu lassen. 

    Das letzte Mal über die Unabhängigkeit abgestimmt hat Schottland im September 2014. Der damalige konservative Premierminister David Cameron erteilte seine Zusage, nachdem die nationalistische SNP im Jahr 2011 überraschend die absolute Mehrheit im schottischen Parlament errungen hatte. Die Rechnung ging für ihn auf. 55,3 Prozent votierten damals mit „Nein“. Damit blieb Schottland Teil der Union. Nachdem sich die Mehrheit der Schotten gegen den Brexit ausgesprochen hatte, das Königreich aber schließlich aus der EU austrat, argumentierte Sturgeon, dass sich die Lage völlig verändert habe und versprach, eine neue Abstimmung auf den Weg zu bringen. Die Frage gilt für die Zentralregierung jedoch als geklärt. Sie würden kein erneutes Votum gestatten, da dies nur einmal in einer Generation vorkommen solle, so die Begründung.

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