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Flutkatastrophe an der Ahr: Flutnacht: Untersuchungsausschuss verfolgt Spur von Landrat

Flutkatastrophe an der Ahr

Flutnacht: Untersuchungsausschuss verfolgt Spur von Landrat

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    Der ehemalige Landrat Jürgen Pföhler ist als Zeuge in den Untersuchungsausschuss des Landtags Rheinland-Pfalz geladen.
    Der ehemalige Landrat Jürgen Pföhler ist als Zeuge in den Untersuchungsausschuss des Landtags Rheinland-Pfalz geladen. Foto: Arne Dedert, dpa

    Ex-Ahr-Landrat Jürgen Pföhler hat in der Flutnacht vor rund einem Jahr einige Nachbarn gewarnt, aber wenig unternommen, um die Katastrophe mit mindestens 134 Toten abzuwenden: Das haben Ermittler des Landeskriminalamts (LKA) und Nachbarn Pföhlers im Landtags-Untersuchungsausschuss Flutkatastrophe in Mainz ausgesagt.

    Der CDU-POlitiker habe fast keine eigenen Bemühungen unternommen, die Flutkatastrophe abzuwenden, sagte ein LKA-Ermittler. "Er hat sich in Sicherheit gebracht und wenige Nachbarn in seinem unmittelbaren Umfeld gewarnt."

    Dutzende Tote

    Bei der Flutkatastrophe vor einem Jahr (14./15. Juli) waren mindestens 135 Menschen im nördlichen Rheinland-Pfalz ums Leben gekommen, darunter 134 im Ahrtal. 766 Menschen wurden verletzt. Auf einer Länge von 40 Kilometern an der Ahr wurden Straßen, Brücken, Gas-, Strom- und Wasserleitungen und rund 9000 Gebäude zerstört oder schwer beschädigt. Allein im Ahrtal sind rund 42.000 Menschen betroffen, landesweit etwa 65.000.

    Aussageverweigerungsrecht: Landrat und Ehefrau schweigen

    Pföhler selbst machte, sichtlich mitgenommen, unter Berufung auf die strafrechtlichen Ermittlungen gegen ihn von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch. Auch seine Frau schwieg vor dem Untersuchungsausschuss über die Flutnacht. Am Telefon habe sie ausgesagt, Pföhler sei an dem Abend bei ihr gewesen, und ab und zu weg gewesen, berichtete der LKA-Beamte.

    Einige Nachbarn aus Bad Neuenahr-Ahrweiler sagten, Pföhler habe sie gegen 22.15 Uhr aufgefordert, ihre Häuser zu evakuieren. Eine Nachbarin hatte beobachtet, dass sein roter Porsche am späten Abend weggefahren wurde und sich gewundert, weil dieser normalerweise nur sonntags bewegt worden sei.

    Keine allgemeine Evakuierung

    Ihr sei erst am nächsten Tag klar geworden, als sie einen jungen Mann vor ihrem Haus getroffen habe, dass es keine allgemeine Evakuierung gegeben hatte, berichtete eine 49 Jahre alte Nachbarin, die als Mieterin direkt neben Pföhler in Bad Neuenahr-Ahrweiler wohnte. Der junge Mann habe die Flutnacht mit seiner Familie in einem Treppenhaus verbracht und nichts von einer Evakuierung gewusst.

    Sie selbst sei aber dabei gewesen, als der Landrat ihre Vermieter am 14. Juli 2021 gegen 22.20 Uhr aufgefordert hatte, das Haus zu verlassen, berichtete die 49-Jährige. Sie habe sich daraufhin sofort von ihren Eltern abholen lassen. Der Ausschuss-Vorsitzende Martin Haller (SPD) wies darauf hin, dass es gegen 23.15 Uhr dann eine offizielle Aufforderung zur Evakuierung gegeben habe.

    "Lage müsste ihm bekannt gewesen sein"

    "Spätestens ab 22.00 Uhr müsste ihm (Pföhler) die Lage im Ahrtal und was da möglicherweise auf Bad Neuenahr-Ahrweiler zukommt, einigermaßen bekannt gewesen sein", sagte der 59 Jahre alte LKA-Ermittler. Nach 23.00 Uhr seien in Bad Neuenahr und Sinzig aber noch 87 Menschen gestorben.

    Bereits spätestens um 20.00 Uhr habe Pföhler gewusst, dass man davon ausgehen musste, dass die Hochwassergefahr an der Ahr "generell sehr groß" und mit Sturzfluten und Überschwemmungen zu rechnen sei, sagte der Polizist. Pföhler habe auch gewusst, dass der Pegelstand in Altenahr tatsächlich 5,09 Meter erreicht hatte und damit deutlich über dem des sogenannten Jahrhunderthochwassers von 2016 lag. Zudem sei dem ehemaligen Landrat bekannt gewesen, dass mehrere Hundert Kräfte im Einsatz gewesen seien, Menschen gerettet werden mussten und ein Einsatz mit Hubschraubern nicht mehr möglich gewesen sei.

    Die Katwarn-Warnung der höchsten Stufe sei erst um 23.09 Uhr rausgegangen, sagte er weiter. Zeugen zufolge sei Pföhler nur zweimal kurz in der Technischen Einsatzleitung (TEL) gewesen, einmal gegen 19.20 Uhr, um Innenminister Roger Lewentz (SPD) zu treffen, und einmal vorher, zwischen 17.00 und 18.00 Uhr.

    Die Einsatzleitung sei personell völlig unterbesetzt und ab einem gewissen Zeitpunkt auch völlig überfordert gewesen, sagte der LKA-Beamte. Der ehrenamtliche Brand- und Katastrophenschutzinspekteur (BKI) habe keine Zeit gehabt, die Lage in Ruhe zu bewerten und sei Teil der Sachbearbeitung, aber kein Einsatzleiter gewesen. Pföhler habe der Polizei erklärt, er habe an dem Tag keine Einsatzleitung gehabt, weil er diese Funktion bereits 2018 dem BKI "auf Dauer und generell" übertragen habe. Gegen diesen ermittelt die Staatsanwaltschaft ebenfalls.

    Wichtige Zeugin sagt ab

    Eine Auswertung von Pföhlers Handy ergab, dass der damalige Landrat in den kritischen Stunden am häufigsten Kontakt zu seinem engsten Mitarbeiter in der Kreisverwaltung hatte, wie eine LKA-Expertin berichtete. Die zweithäufigste Nummer - 13 Anrufe - gehört demnach zu einer als "Nring" im Handy abgespeicherten Frau aus dem Ahrtal.

    Dazu kamen SMS: Um 0.50 Uhr beispielsweise schrieb Pföhler an "Nring": "Katastrophe, Tote, Verletzte, Menschen auf Dächern, kein Hubschrauber, Stromausfälle, unser Haus ist geflutet, ich bin am Ende." Die Frau sollte eigentlich an diesem Freitag als Zeugin aussagen, hatte ihre Ladung aber am Abend zuvor abgesagt, der Ausschuss bewertere die Gründe als "noch genügend", wie Haller sagte. Nun soll sie am kommenden Freitag (15. Juli) gehört werden.

    (dpa)

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