Weite Flugreisen vielleicht sogar im Privatjet. Große Einfamilienhäuser. Ein Konsumverhalten, das keinen Zwang zum Verzicht kennt. Es ist der Lebenswandel der Superreichen in aller Welt, der maßgeblich zur Klimaerwärmung beiträgt. Die Organisation Oxfam hat eine Studie vorgelegt, deren Zahlen eine deutliche Sprache sprechen: Das reichste Prozent der Bevölkerung (es umfasst 77 Millionen Menschen) hat im Jahr 2019 so viele Treibhausgase produziert wie zwei Drittel der Weltbevölkerung (5 Milliarden Menschen) zusammengenommen. Errechnet wurde der Vergleich vom Stockholm Environment Institut. Zum reichsten Prozent der Weltbevölkerung gehörten im Jahr 2019 Personen mit einem Jahreseinkommen von über 140.000 US-Dollar, zum reichsten Prozent der deutschen Bevölkerung Personen mit einem Jahreseinkommen von über 280.000 US-Dollar.
„Durch ihren extremen Konsum befeuern die Reichen und Superreichen die Klimakrise, die mit Hitzewellen, Dürren oder Überschwemmungen die Lebensgrundlagen von Milliarden Menschen bedroht, insbesondere in den einkommensschwachen Ländern des Globalen Südens“, sagt Manuel Schmitt, Referent für soziale Ungleichheit bei Oxfam Deutschland. „Um die Klimakrise zu bewältigen, müssen Regierungen auch die extreme Ungleichheit in der Welt überwinden, denn extremer Reichtum ist eine wesentliche Triebkraft für die Klimakrise.“ Gleichzeitig müsse der Ausstieg aus fossilen Energien verstärkt vorangetrieben werden.
Das 1,5 Grad-Ziel bei der Klimaerwärmung wird nicht erfüllt
Die Zahlen von Oxfam zeigen eine immense Kluft auch in Deutschland. Das reichste Prozent in Deutschland war 2019 für durchschnittlich 83,3 Tonnen CO2-Emissionen pro Kopf und Jahr verantwortlich – mehr als 15-mal so viel wie ein Mensch aus der ärmeren Hälfte der Deutschen (5,4 Tonnen CO2 pro Kopf und Jahr).
Die Oxfam-Studie richtet den Blick auch auf den Klimagipfel, der am 30. November in Dubai beginnt. Zwei Wochen lang werden sich Mitglieder von fast 200 Staaten dort treffen, um über die Umsetzung des Pariser Klimaabkommens zu sprechen – und eine Bilanz zu ziehen. Fest steht schon jetzt: Die Welt ist weit davon entfernt, ihre eigenen Ziele zu erfüllen. Wichtigstes Bestreben des Pariser Abkommens war es, die Erderwärmung bei 1,5 Grad gegenüber der vorindustriellen Zeit zu stoppen. Doch selbst wenn die internationale Gemeinschaft alle beschlossenen Pläne umsetzen würde, lägen die im Jahr 2030 noch ausgestoßenen weltweiten Treibhausgas-Emissionen nur zwei Prozent unter dem Niveau von 2019. Um die Erderwärmung bei 1,5 Grad zu stoppen, müssten die Emissionen dem Weltklimarat zufolge im Jahr 2030 bereits 43 Prozent niedriger sein als 2019.
Der Kohleausstieg müsste für den Klimaschutz deutlich schneller gehen
Es ist eine Vielzahl von Faktoren, die den Klimaschutz ausbremsen: Der Anteil von Solar- und Windenergie ist in den vergangenen Jahren jährlich im Schnitt um 14 Prozent gestiegen. Nötig wären aber 24 Prozent, um bis 2030 auf 1,5-Grad-Kurs zu kommen. Beim Kohleausstieg müsste sich das Tempo sogar versiebenfachen. Umgerechnet bedeutet das, dass jährlich bis 2030 etwa 240 Kohlekraftwerke stillgelegt werden müssten. Von 2021 bis 2022 hat sich die entwaldete Fläche von 5,4 auf 5,8 Millionen Hektar vergrößert, was in etwa der Fläche Kroatiens entspreche. Trotz gegenteiliger Versprechen schossen die staatlichen Subventionen für Öl, Gas und Kohle von 2020 auf 2021 um nahezu das Doppelte nach oben -– auch wegen der Energiekrise im Zuge des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine.
Schon jetzt hat sich die Erde nach Angaben des Weltklimarates IPCC um etwa 1,1 Grad im Vergleich zur vorindustriellen Zeit aufgeheizt, in Deutschland sind es sogar 1,6 Grad. Der September 2023 war laut den Vereinten Nationen mit einer globalen Durchschnittstemperatur von 1,8 Grad über dem vorindustriellen Niveau der heißeste jemals aufgezeichnete Monat. "Wenn die Bemühungen zur Eindämmung des Klimawandels auf dem heutigen Niveau fortgesetzt werden, wird die globale Erwärmung in diesem Jahrhundert nur auf 3 Grad über dem vorindustriellen Niveau begrenzt", schreiben die UN in ihrem Report.
Durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes wurde in Deutschland zudem ein großes finanzielles Loch in die Klimapolitik gerissen. Die Folge könnten Kürzungen in diesem Bereich sein. Der Klima- und Transformationsfonds, ein Sondertopf neben dem Haushalt, ist in den vergangenen Monaten zur Allzweckwaffe der Regierung geworden. Er beinhaltet Programme für mehr Klimaschutz, für die Ansiedlung von Zukunftstechnologien und die Entwicklung hin zu einer klimaneutralen Wirtschaft. (mit dpa)