Knapp drei Monate vor der Landtagswahl steht die CSU in Umfragen so schlecht da wie lange nicht. Dürften die Menschen in Bayern bereits an diesem Sonntag ihre Stimme abgeben, würden 38 Prozent ihr Kreuz bei den Christsozialen machen. In den vergangenen zwei Monaten verlor die Partei von Ministerpräsident Markus Söder damit fünf Prozentpunkte. Das ist das Ergebnis einer repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Civey, mit dem unsere Redaktion kontinuierlich die politische Stimmung in Bayern untersucht. Schlechter lag die CSU in unserem "Bayern-Monitor" zuletzt vor knapp einem Jahr im August.
Zwar ist der Vorsprung auf die Grünen, die laut Umfrage bei 17 Prozent stehen, weiter komfortabel. Die absolute Mehrheit, die für die CSU vor einigen Wochen noch in greifbarer Nähe schien, ist nun aber wieder Wunschdenken. CSU-Generalsekretär Martin Huber gibt der Ampelkoalition in Berlin die Schuld an den derzeit schwachen Umfragewerten. "Viele Menschen machen ihrem Unmut über die Politik der Bevormundung durch die Bundesregierung in den Umfragen Luft, dagegen setzen wir Politik der Lebenswirklichkeit statt Ideologie", betonte Huber gegenüber unserer Redaktion.
CSU will laut Generalsekretär auf die "Mitte der Gesellschaft" achten
Wie die eigenen Akzente der CSU im Wahlkampf-Endspurt aussehen sollen, umschreibt Huber so: "Wir achten ganz stark darauf, die breite Mitte der Gesellschaft zu entlasten." Konkret meint der CSU-Generalsekretär damit zum Beispiel die Forderungen seiner Partei, die Pendlerpauschale ab dem ersten Kilometer auf 38 Cent zu erhöhen und Überstunden steuerfrei zu stellen.
Hinter den Christsozialen und Grünen tobt derzeit ein Dreikampf um den dritten Platz im Freistaat. Den würden sich aktuell Freie Wähler und SPD teilen. Beide konnten sich zuletzt leicht steigern und liegen bei jeweils zwölf Prozent. Einen Prozentpunkt dahinter liegt die AfD. Die restlichen Parteien würden den Sprung in den bayerischen Landtag verpassen. Die FDP fällt derzeit sogar auf drei Prozent ab.
Aiwangers populistische Aussagen schaden den Freien Wählern nicht
Den Freien Wählern haben also die umstrittenen, teils rechtspopulistischen Aussagen ihres Parteichefs Hubert Aiwanger laut der Umfrage nicht geschadet. Deren aktueller und sehr wahrscheinlich auch künftiger Koalitionspartner CSU hadert aber noch immer mit Aiwangers jüngsten Auftritten und will sich von diesem Stil abgrenzen. Ohne Aiwanger beim Namen zu nennen, sagt CSU-Generalsekretär Martin Huber: "Wir sind klar in der Position und angemessen in der Wortwahl."
CSU-Chef Söder muss dagegen wieder schwächere persönliche Umfragewerte hinnehmen: Knapp die Hälfte (49 Prozent) der Bayerinnen und Bayern ist unzufrieden mit der Arbeit des Ministerpräsidenten – jeder Dritte sogar "sehr unzufrieden". Ein gutes Zeugnis stellen ihm vier von zehn Befragten aus.
Expertin: Söders Ampel-Bashing habe nicht allen gefallen
Professorin Ursula Münch, die Direktorin der Akademie für politische Bildung in Tutzing, hält Umfragen so lange vor dem Wahltag für wenig aussagekräftig. "Wir wissen seit vielen Jahren, dass Wählerinnen und Wähler ihre Entscheidung immer kurzfristiger und häufig sogar erst am Wahltag treffen", sagte Münch im Gespräch mit unserer Redaktion. Die Bereitschaft, in der breiten Mitte des politischen Spektrums von einer Partei zur anderen zu wechseln, sei deutlich größer als früher. "Da gibt es – von AfD und Linkspartei mal abgesehen – kein Freund-Feind-Denken mehr." Das sei mit Blick auf die Stabilität der Demokratie in Bayern durchaus beruhigend.
Dass CSU-Chef und Ministerpräsident Markus Söder zuletzt etwas an Beliebtheit eingebüßt hat, führt Münch darauf zurück, dass er sich bis vor kurzem ziemlich einseitig darauf konzentriert hat, die Bundesregierung zu kritisieren, ohne eigene, konstruktive Lösungsvorschläge zu machen. Dieses fortgesetzte Ampel-Bashing habe wahrscheinlich nicht allen gefallen. "Aber ich würde auch das nicht überbewerten", sagte sie. In den vergangenen zwei bis drei Wochen habe Söder seine Redeweise wieder geändert. "Er hat auf die Stimmung reagiert. Er differenziert stärker und er stellt die Leistungen der Staatsregierung, also auch der CSU, wieder mehr in den Vordergrund." Dieser Strategiewandel könne sehr schnell dazu führen, dass es für ihn in den Umfragen wieder in eine andere Richtung geht. "Ich könnte mir vorstellen, dass die Wählerinnen und Wähler das honorieren", sagte Münch.
Außerdem habe Söder bei dieser Wahl einen großen Vorteil: Es komme bei Wahlentscheidungen immer weniger auf Parteien, aber immer mehr auf die Persönlichkeiten an, und Söder habe keinen Herausforderer, der nur annähernd so bekannt sei wie er. Weder Ludwig Hartmann (Grüne) noch Florian von Brunn (SPD) noch Martin Hagen (FDP) würden ernsthaft als Alternativen für das Amt des Ministerpräsidenten wahrgenommen und Katharina Schulze (Grüne) könne, weil sie laut Verfassung zu jung ist, nicht zur Ministerpräsidentin gewählt werden.