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Selenskyj bei Sunak: Britische Reichweite für ukrainische Offensive

Selenskyj bei Sunak

Britische Reichweite für ukrainische Offensive

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    Premierminister Rishi Sunak mit Wolodymyr Selenskyj in Chequers, dem Landhaus des amtierenden Premierministers.
    Premierminister Rishi Sunak mit Wolodymyr Selenskyj in Chequers, dem Landhaus des amtierenden Premierministers. Foto: Carl Court/PA Wire, dpa

    Kurz vor einer erwarteten Großoffensive gegen die russischen Besatzungstruppen hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj auf einer Werbetour wichtige Waffenzusagen eingesammelt. Bei einem Überraschungsbesuch in Großbritannien sagte Premierminister Rishi Sunak am Montag nicht nur zahlreiche Flugabwehrraketen zu, sondern auch Hunderte Kampfdrohnen mit einer Reichweite von mehr als 200 Kilometern. Damit könnten die ukrainischen Truppen auch Ziele auf der von Russland annektierten Schwarzmeerhalbinsel Krim treffen. Zuvor hatte Bundeskanzler Olaf Scholz bei einem Treffen mit Selenskyj in Berlin bereits ein umfangreiches Rüstungspaket angekündigt.

    Großbritannien wagt sich schneller aus der Deckung

    Premierminister Sunak prescht einmal mehr vor. Als die Ukraine Kampfpanzer forderte, kündigte Großbritannien als erstes Land solche Hilfe an: 14 Fahrzeuge vom Typ Challenger-2. Damit setzte London die Verbündeten in Berlin und Washington unter Druck - mit Erfolg. Nun sagte Deutschland weitere 30 Leopard-1-Panzer zu. Auch bei Raketen mit größerer Reichweite ist es London, das sich als erstes vorwagt. Erst vor kurzem wurde bekannt, dass die Regierung luftgestützte Marschflugkörper vom Typ Storm Shadow liefert. Pünktlich zum Besuch Selenskyjs kündigte Sunak nun Kampfdrohnen an. Der Premier lässt - auch angesichts schlechter Umfragewerte - kaum eine Chance aus zu betonen, dass London der engste Partner von Kiew sei.

    Der Kreml gab sich demonstrativ gelassen. "Das kann den Gang der militärischen Spezialoperation (so nennt Moskau den Krieg) nicht deutlich oder prinzipiell beeinflussen", sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow. Die Lieferungen würden nur zu weiteren Zerstörungen führen.

    Es geht um Reichweite

    Die Kampfdrohnen, deren genauer Typ zunächst nicht näher genannt wurde, hätten - ebenso wie die Storm Shadow - eine Reichweite von mehr als 200 Kilometer, betonte die britische Regierung. Das bedeutet, dass die Ukraine künftig russische Ziele weit hinter der Front und sogar auf der annektierten Halbinsel Krim angreifen kann. Russland muss seine Depots und Kommandozentren also entweder weiter zurückziehen oder besser sichern und damit Ressourcen verlagern. Auch Nachschubwege sind gefährdet. "Dieses Material wird die Ukraine in den kommenden Monaten bei ihrem erwarteten militärischen Vorstoß gegen die russischen Streitkräfte unterstützen", hieß es in London.

    Wie erfolgreich die Ukraine westliches Militärgerät einsetzen kann, hatte die Herbstoffensive gezeigt. Mehrfachraketenwerfer vom US-Typ Himars halfen damals entscheidend, russische Stellungen im Rückraum der Front zu zerstören. Dafür ist mittlerweile auch der deutsche Raketenwerfer Mars II im Einsatz. Beide Waffensysteme haben eine Reichweite von rund 80 Kilometern. Mit den britischen Waffen können die Ukrainer bald mehr als doppelt so weit feuern. Selenskyj versprach, dass damit nicht das international anerkannte russische Staatsgebiet angegriffen werde.

    Diplomatische Großoffensive

    Der Zeitpunkt für Selenskyjs Reise zu den europäischen G7-Staaten - und gleichzeitig den wichtigsten europäischen Nato-Mitgliedern - ist klug gewählt. In wenigen Tagen treffen sich die G7-Staats- und Regierungschefs zu ihrem Gipfel in Japan. Dort steht eigentlich die Beziehung zum nahen China im Mittelpunkt. Indem er aber noch einmal persönlich vorbeischaut, stellt Selenskyj sicher, dass auch die Ukraine eine wichtige Rolle einnehmen wird.

    "Es besteht die Gefahr, dass die westliche Unterstützung schwindet", warnte der britische Ex-Armeechef Richard Dannatt im Sender BBC Radio 4. "Es besteht zudem die Gefahr, dass (der russische Präsident Wladimir) Putin erkennt, dass die Zeit auf seiner Seite ist." Daher müsse die ukrainische Offensive effektiv sein. "Wenn es zu entscheidenden Schlägen gegen die Russen kommt, besteht die Möglichkeit, dass die militärische Moral Russlands bröckelt und die russische Armee auf die gleiche Weise zusammenbricht, wie wir es im vergangenen September in der Nähe von Charkiw erlebt haben."

    Und nun noch Kampfjets?

    Für die erwünschten westlichen Kampfjets hat Selenskyj bisher keine Zusagen erhalten. In Berlin stellte der Präsident klar, dass es ihm vor allem um politische Unterstützung geht, eine "Kampfjet-Koalition" ist im Gespräch. London hatte sich auch hier weit hervorgewagt. Aber die Ukraine wolle keine Eurofighter, sagte der britische Verteidigungsminister Ben Wallace jüngst. Denn bis ukrainische Piloten an den Maschinen ausgebildet sind, dauert es lange. Die erbetenen F-16 hingegen habe Großbritannien gar nicht im Bestand.

    Bei seinem Treffen mit Sunak zeigte sich Selenskyj nun optimistisch. "Wir wollen diese Jet-Koalition aufbauen, und ich bin sehr positiv gestimmt", sagte er. "Wir haben darüber gesprochen, und ich denke, dass Sie in allernächster Zeit dazu etwas hören werden." Sunak sagte, Großbritannien wolle ukrainische Piloten an westlichen Jets ausbilden. Die Lieferungen selbst seien aber nicht einfach. "Es geht nicht nur um die Bereitstellung von Flugzeugen, sondern auch um die Ausbildung von Piloten und die gesamte damit verbundene Logistik, und Großbritannien kann dabei eine große Rolle spielen", sagte Sunak.

    Wichtig sind die Kampfjets vor allem für eine strategische Luftüberlegenheit bei der geplanten Offensive, wie der Experte Maximilian Terhalle, Gastprofessor an der London School of Economics, der Deutschen Presse-Agentur sagte. "Für das russisch besetzte, ukrainische Territorium besteht solche Hoheit bisher nicht. Im Gegenteil: Die russische Luftwaffe fühlt sich dort sicher und birgt die Gefahr, die ukrainische Bodenoffensive zu gefährden." Terhalle mahnte umfassende Unterstützung an. Ansonsten könne die Ukraine ihre Offensive nicht mit voller Kraft führen.

    (Von Benedikt von Imhoff, dpa)

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