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Ukraine-Krise: Vitali Klitschko teilt gegen Deutschland aus: Zwei Zentner Zorn

Ukraine-Krise

Vitali Klitschko teilt gegen Deutschland aus: Zwei Zentner Zorn

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    Vitali Klitschko, Oberbürgermeister von Kiew, hat eine klare Meinung zur Lobby-Arbeit von Altbundeskanzler Gerhard Schröder.
    Vitali Klitschko, Oberbürgermeister von Kiew, hat eine klare Meinung zur Lobby-Arbeit von Altbundeskanzler Gerhard Schröder. Foto: Jan Woitas, dpa

    Die Nummer mit den Schutzhelmen lockt Vitali Klitschko endgültig aus der Deckung. „Was will Deutschland als Nächstes schicken: Kopfkissen?“, fragt der ehemalige Boxweltmeister. Es ist ein Satz wie ein rechter Haken gegen das Kinn des Kanzlers. Denn Olaf Scholz und seine Regierung weigern sich seit Wochen, Militärhilfe zu leisten. Durch den Aufmarsch zehntausender russischer Soldaten sieht sich die Ukraine in ihrer Existenz bedroht. „Wir haben keine Wahl“, sagt Klitschko, der seit 2014 Bürgermeister von Kiew ist. „Wir müssen kämpfen.“ Doch dafür brauchen die Ukrainer Waffen. Zur Verteidigung. Sonst war es das mit dem Traum von einer „Zukunft als demokratisches Land“, die Klitschko beschwört.

    Klitschko kritisiert, dass sich Deutschland wegduckt

    Der zwei Meter große und gut zwei Zentner schwere Ex-Boxer hat keine Zweifel, dass der russische Präsident Wladimir Putin „ein Imperium wieder errichten will“. Wegducken hilft da nicht. Genau das aber tun die Deutschen - so sieht es Klitschko. Tatsächlich liefern andere Nato-Staaten längst Waffen: Luftabwehrraketen, Panzerfäuste, Drohnen. Die Briten machen mit, die Türken und die Amerikaner sowieso. Selbst kleine Staaten wie Dänemark und Estland sind zu Militärhilfe bereit. Nur Deutschland nicht. 5000 Helme für die ukrainische Armee sind das höchste der Gefühle. Für Verteidigungsministerin Christine Lambrecht ist das „ein deutliches Signal“ Richtung Kiew: „Wir stehen an eurer Seite.“ Doch das Signal kommt nicht an.

    Nicht nur im Ring kampfeslustig: Vitali Klitschko.
    Nicht nur im Ring kampfeslustig: Vitali Klitschko. Foto: Maxim Shemetov, dpa

    Im Gegenteil. Klitschko ist anfangs sprachlos. Dann entflammt sein Zorn: „Das ist doch ein absoluter Witz!“ Es muss sich für den Mann, den sie im Ring „Dr. Eisenfaust“ nannten, anfühlen, als wollte ihm jemand Wattebäuschchen in die Hand drücken. Soll er damit gegen Putins Soldaten kämpfen? Die Lage ist aus Klitschkos Sicht viel zu ernst für Halbherzigkeiten. Gerade erst hat er, der Bürgermeister, einen Plan veröffentlicht, wo die Menschen in Kiew Schutz vor Bombenangriffen finden können. Die U-Bahn-Stationen sollen als Bunker dienen. Klitschko hat alte Sirenen reaktivieren und neue aufstellen lassen. „Ein grauenhaftes Szenario“, findet er, aber nötig: „Wir wollen nicht zurück in die UdSSR.“

    Ein Politiker mit dem Herzen eines Boxers

    50 Jahre ist Klitschko inzwischen alt. Die Haare ergrauen, die Muskelmasse schwindet. Zumal ihm wenig Zeit bleibt, gegen das Alter anzutrainieren. Politisch jedoch scheint Klitschko in der Krise zu wachsen. Es wirkt, als würde er endlich so kämpfen, wie sich das seine Landsleute immer gewünscht haben. Nicht mit dem Kopf des promovierten Sportwissenschaftlers, sondern mit dem Herzen des Boxers.

    Denn zur Wahrheit von Klitschkos ukrainischer Vergangenheit gehört auch, dass der Champion den Menschen immer irgendwie fremd geblieben ist. Vielleicht auch, weil er sich einem Boxstall in Hamburg anschloss. In jenem Land, auf dessen Solidarität sie in der Ukraine so sehr hoffen - nur um immer wieder enttäuscht zu werden.

    Gefallen und aufgestanden: Im dritten Versuch wird Klitschko Bürgermeister

    Klitschko ist gerade Schwergewichtsweltmeister, als er 2006 zum ersten Mal für das Bürgermeisteramt in Kiew kandidiert. Trotz seiner Popularität verliert er. Die Hauptstädter kritteln an dem „Millionario“ herum. Doch Klitschko lässt nicht locker. 2010 gründet er die prowestliche Reformpartei UDAR (Schlag). Bald darauf kündigt er seine Kandidatur für das Präsidentenamt an. Wer Klitschko in diesen Jahren trifft, erlebt einen Mann, der sich für keinen „Straßenfight“ zu schade ist. Bei den Massenprotesten auf dem Kiewer Maidan 2014 übernimmt er eine Führungsrolle: „Dies ist mein härtester Kampf“, sagt er damals.

    Klitschko als Oppositionspolitiker 2014: "Dies ist mein härtester Kampf."
    Klitschko als Oppositionspolitiker 2014: "Dies ist mein härtester Kampf." Foto: Sergey Dolzhenko, dpa

    Am Ende gewinnt zwar die Revolution. Der prorussische Präsident Wiktor Janukowitsch flieht. Klitschko aber verliert ebenfalls. Die Menschen pfeifen ihn aus, weil er einem Kompromiss mit dem Kreml zustimmt. Doch der Boxer steht sofort wieder auf. Im dritten Anlauf gelingt es ihm, das Kiewer Bürgermeisteramt zu erobern. Und er beißt sich in die Arbeit hinein, gewinnt an Zustimmung und echter Popularität.

    Im November 2020 wird er mit absoluter Mehrheit im Amt bestätigt - obwohl sich der neue Präsident Wolodymyr Selenskyj gegen ihn stellt. Vielleicht ist es dieser Sieg, der Klitschko nun neue Kraft gibt. Ein gutes Jahr später jedenfalls ist er „zurück auf der Straße“. Zornig. Mutig. Bereit zum Existenzkampf gegen Putins Armee. Und zur Konfrontation mit den Freunden in Deutschland, auf deren Helme er im Zweifel auch verzichten würde.

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