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Ukraine-Krise: Nato: Zeichen deuten auf "vollständigen Angriff" auf Ukraine hin

Ukraine-Krise

Nato: Zeichen deuten auf "vollständigen Angriff" auf Ukraine hin

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    Jens Stoltenberg, Nato-Generalsekretär, während einer Pressekonferenz.
    Jens Stoltenberg, Nato-Generalsekretär, während einer Pressekonferenz. Foto: Olivier Matthys/AP/dpa

    Die Nato erwartet eine umfassende Attacke der russischen Armee auf das Nachbarland Ukraine. "Alle Zeichen deuten darauf hin, dass Russland einen vollständigen Angriff auf die ARD-"Tagesthemen". Auch nach Einschätzung von Verteidigungsministerin Christine Lambrecht hat Russland alle Vorbereitungen getroffen, um angreifen zu können. "Wir sind gut beraten, vorbereitet zu sein", sagte die SPD-Politikerin im ZDF-"heute journal".

    Russland hat nach US-Angaben rund 150.000 Soldaten an der Grenze zusammengezogen. Moskau streitet Angriffspläne aber ab. Die Regierung dort betont, dass nach dem planmäßigen Ende einiger Manöver inzwischen Truppen zurückgezogen worden seien.

    Stoltenberg, zurzeit Gast der Münchner Sicherheitskonferenz, widersprach. "Es werden keine Truppen zurückgezogen, wie Russland das angibt, sondern es kommen neue Truppen hinzu." Es gebe außerdem Anzeichen, dass Russland sich darauf vorbereite, einen Vorwand für einen Angriff zu schaffen. Stoltenberg betonte, die Nato halte trotz der drohenden Eskalation weiter an einer politischen Lösung fest. "Wir wollen Russland dazu bringen, den Kurs zu ändern und sich mit uns zusammenzusetzen."

    Zu einer von Russland strikt abgelehnten Nato-Mitgliedschaft der Ukraine sagte Stoltenberg, diese sei möglich, aber letztlich die Entscheidung von 30 Alliierten. Es gehe momentan weniger um eine Nato-Mitgliedschaft, sondern darum, "ob wir akzeptieren, dass eine Großmacht wie Russland versucht, einem anderen Land zu diktieren, was es tun kann und nicht tun kann - mit Gewalt."

    US-Kongressabgeordneter fordert Deutschland zu Waffenlieferung an Ukraine auf

    Verteidigungsministerin Christine Lambrecht begrüßte die Entscheidung der Nato, die Bereitschaftszeiten für mehrere Zehntausend Soldaten der Militärallianz drastisch zu verkürzen. Auf die Frage, ob denn auch ein russischer Angriff auf Nato-Mitglieder, etwa die baltischen Staaten oder Polen, zu befürchten sei, sagte die Ministerin: "Die Bedrohung ist sehr groß in dieser Region." Und die Nato-Verbündeten hätten ein Anrecht, "entsprechend gesichert zu sein". Sie fügte hinzu: "Die Nato steht hier. Wir stehen zusammen, geschlossen zusammen. Und Russland muss sich darauf vorbereiten, dass wir unsere Verbündeten schützen." Als Demonstration der Stärke hatte Russland am Samstag atomwaffenfähige Raketen getestet.

    Wladimir Wladimirowitsch Putin kommt am 7. Oktober 1952 als Sohn einer armen Arbeiterfamilie in Leningrad, dem heutigen St. Petersburg, zur Welt.
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    Russlands Präsident Wladimir Putin hat mit dem Angriff auf die Ukraine die Sicherheitslage in Europa komplett verändert. Ein Überblick über wichtige Wegmarken seinem Leben.

    Angesichts der Zuspitzung forderte der US-Kongressabgeordnete Jim Banks Deutschland auf, die Gas-Pipeline Nord Stream 2 sofort zu stoppen und Waffen an die Ukraine zu liefern. "Deutschlands Kapitulation vor Russland bei Nord Stream und anderen Themen ist etwas, bei dem sich der Rest der Welt - vor allem die Amerikaner - an den Kopf fassen", sagte der oppositionelle Republikaner im US-Repräsentantenhaus der Deutschen Presse-Agenturam Rande der Münchner Sicherheitskonferenz.

    Bundesregierung ruft Deutsche dazu, die Ukraine sofort zu verlassen

    Die Bundesregierung rief am Samstagnachmittag alle Deutschen "dringend" dazu auf, die Ukraine sofort zu verlassen. "Eine militärische Auseinandersetzung ist jederzeit möglich", schrieb das Auswärtige Amt in seinen Sicherheitshinweisen für das Land im Internet.

    Die USA wollen sich weiterhin für eine diplomatische Lösung des Konflikts einsetzen. Doch Biden ist sicher: Putin hat sich für Krieg entschieden.
    Die USA wollen sich weiterhin für eine diplomatische Lösung des Konflikts einsetzen. Doch Biden ist sicher: Putin hat sich für Krieg entschieden. Foto: Alex Brandon, AP/dpa

    Zuvor hatte US-Präsident Joe Biden erklärt, er sei "überzeugt", dass Russland die Ukraine bald angreifen wird. "Wir haben Gründe zu glauben, dass das russische Militär plant und vorhat, die Ukraine in der kommenden Woche, in den kommenden Tagen, anzugreifen", sagte Biden am Freitagabend (Ortszeit) im Weißen Haus. "Wir glauben, dass sie die ukrainische Hauptstadt Kiew angreifen werden, eine Stadt mit 2,8 Millionen unschuldigen Menschen."

    Bundeskanzler Olaf Scholz ging in seiner Rede bei der Münchner Sicherheitskonferenz am Samstag nicht direkt auf die Äußerung ein. Er betonte aber, dass Russland weiter genug Soldaten für einen Angriff an der Grenze zur Ukraine konzentriert habe. "In Europa droht wieder ein Krieg", sagte der SPD-Politiker. Der Anspruch müsse nun sein: "So viel Diplomatie wie möglich, ohne naiv zu sein."

    Kanzler Scholz lehnt Waffenlieferungen an die Ukraine weiterhin ab

    Scholz kritisierte in seiner Rede, dass Russland die Frage einer möglichen Nato-Mitgliedschaft der Ukraine zum "casus belli" - zum Kriegsgrund - erhoben habe. "Das ist paradox: Denn hierzu steht gar keine Entscheidung an", betonte Scholz. In "naher Zukunft" werde es nicht zu einem

    Scholz bekräftigte auch seine Absage an Waffenlieferungen in die Ukraine. Er wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass Deutschland der größte Geber finanzieller Hilfen für die Ukraine sei und diese auch fortsetzen werde. Beide Konfliktparteien rief Scholz auf, die Minsker Friedensvereinbarung für die zwischen prorussischen Separatisten und Regierungstruppen umkämpfte Ostukraine umzusetzen.

    Die Abkommen von Minsk

    Das belarussische Minsk war vor sieben Jahren Schauplatz internationaler Verhandlungen über eine Friedenslösung für die Ostukraine. Dort kämpften seit Mai 2014 prorussische Separatisten gegen die ukrainische Armee.

    Eine erste Annäherung (Minsk I) führte unter Vermittlung von Deutschland und Frankreich am 12. Februar 2015 zu einer Einigung auf eine Waffenruhe und eine OSZE-Beobachtermission.

    Am Ende sollte es Wahlen und Autonomie für die Gebiete Donezk und Luhansk unter ukrainischer Hoheit geben (Minsk II).

    In der Realität gab es seither fast keine Fortschritte. 2016 schlug der damalige Bundesaußenminister Steinmeier einen konkreten Zeitplan vor, der bis heute nur auf dem Papier steht. (uk)

    Biden: Moskau will Ukraine als Aggressor darstellen

    Joe Biden hatte erklärt, er spreche so offen über Russlands Pläne, um Moskaus Bemühungen zu durchkreuzen, die Ukraine unter einem Vorwand anzugreifen. Falls Russland seine Pläne vorantreiben sollte, wäre es für einen "katastrophalen" und selbst begonnenen Krieg verantwortlich. Moskau bemühe sich, die Ukraine als Aggressor darzustellen und setze dabei gezielt Falschinformationen wie eine angeblich geplante Offensive in der östlichen Donbass-Region ein, sagte Biden. Russland weist den Vorwurf des Westens, eine Invasion der Ukraine zu planen, zurück. 

    Teilnehmer der Sicherheitskonferenz drohen Russland

    Biden betonte die Geschlossenheit des Westens gegenüber Putin. "Trotz der Bemühungen Russlands, uns im In- und Ausland zu spalten, kann ich bestätigen, dass dies nicht geschehen ist", sagte Biden. Er habe mit westlichen Staats- und Regierungschefs telefoniert. Die "überwältigende Botschaft" sei die der Einigkeit und der Entschlossenheit gewesen. Biden betonte, es sei nicht zu spät, eine diplomatische Lösung in dem Konflikt zu finden.

    Für den Fall eines Einmarsches in die Ukraine drohten Teilnehmer der Sicherheitskonferenz der russischen Führung erneut Vergeltung an. Die EU und ihre transatlantischen Partner arbeiteten weiter an einem robusten Paket finanzieller und wirtschaftlicher Sanktionen, auch in Sachen Energie und Spitzentechnologie, sagte

    Die EU selbst ist nach Angaben von der Leyens mittlerweile vollständig für den Fall eines Stopps von russischen Gaslieferungen gerüstet. "Heute kann ich Ihnen mitteilen, dass - selbst bei einer völligen Unterbrechung der Gasversorgung durch Russland - wir diesen Winter auf der sicheren Seite sind", sagte sie.

    Verstöße gegen Waffenruhe: Hunderte Fälle im Donbass

    Der Nato-Oberbefehlshaber in Europa verkürzte angesichts der Spannungen mit Russland die Bereitschaftszeiten für mehrere Zehntausend Bündnissoldaten drastisch. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agenturaus Nato-Kreisen müssen Kräfte der schnellen Eingreiftruppe NRF künftig innerhalb von nur sieben statt innerhalb von 30 Tagen verlegt werden können. Für weitere Truppenteile gilt ab sofort eine sogenannte "Notice-to-Move"-Frist von 30 statt von 45 Tagen. Die US-Regierung hatte zuletzt bereits rund 5000 zusätzliche Soldaten nach Osteuropa verlegt. 

    Im Konfliktgebiet Donbass im Osten der Ukraine nahmen unterdessen nach Einschätzung internationaler Beobachter die Verstöße gegen die Waffenruhe weiter massiv zu. In der Region, wo sich die vom Westen aufgerüsteten ukrainischen Regierungstruppen und die von Russland unterstützten Separatisten gegenüberstehen, registrierte die Mission der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) Hunderte Fälle von Beschuss.

    Konflikt im Donbass dauert seit 2014 an

    Die Konfliktparteien geben sich gegenseitig die Schuld an den Verstößen. Der blutige Konflikt in dem Gebiet im Osten der Ukraine in Nachbarschaft zu Russland dauert seit dem Frühjahr 2014 an. Nach UN-Schätzungen starben bisher mehr als 14.000 Menschen, die meisten davon auf dem von Separatisten kontrollierten Gebiet. 2014 hatte Russland auch die Schwarzmeer-Halbinsel Krim eingenommen. (dpa)

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