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Ukraine-Krieg: Wie ein Angriff auf der Krim Russlands Präsident Putin unter Druck setzt

Ukraine-Krieg

Wie ein Angriff auf der Krim Russlands Präsident Putin unter Druck setzt

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    Am Strand von Saky steigt Rauch nach einer Explosion auf. Auf der von Russland annektierten ukrainischen Halbinsel Krim im Schwarzen Meer ist Munition auf einem russischen Luftwaffenstützpunkt explodiert.
    Am Strand von Saky steigt Rauch nach einer Explosion auf. Auf der von Russland annektierten ukrainischen Halbinsel Krim im Schwarzen Meer ist Munition auf einem russischen Luftwaffenstützpunkt explodiert. Foto: Anonymous, Ap, dpa, Uncredited

    Ein Feuerball beendete abrupt den Badespaß an den Schwarzmeer-Stränden rund um das Seebad Feodossija. Videos zeigen verstörte Touristen, die erschrocken in Richtung der Explosionen blicken und hektisch ihre Sachen zusammenpacken. Schnell verbreitete sich die Meldung, dass der russische Militärstützpunkt Saky getroffen worden sei. Moskau beharrt bis heute auf der Version, dass es sich um einen Unfall gehandelt habe. Doch diese Geschichte glaubt kaum jemand. In der New York Times veröffentlichte Satellitenbilder zeigen unter anderem mindestens acht zerstörte Kampfjets.

    Der Direktor des Instituts für Sicherheitspolitik an der Universität Kiel, Joachim Krause, ist sich sicher, dass die Detonation unmittelbar mit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine in Zusammenhang steht: „Es handelt sich entweder um einen Sabotageakt oder einen Angriff mit Mörsern auf geringere Entfernung. Dafür dürften ukrainische Partisanen verantwortlich sein“, sagte der Politikwissenschaftler im Gespräch mit unserer Redaktion. Es gibt auch Beobachter, die davon ausgehen, dass Kiew spezielle Raketen mit hoher Reichweite eingesetzt haben könnte. Belege für diese Theorie fehlen bisher allerdings. Sicher ist, dass die erfolgreiche Attacke für Russland und seinen Autokraten Wladimir Putin ein Desaster ist. Schließlich hatte der Kreml immer wieder betont, dass die Krim sicher sei.

    Ukraines Präsident Wolodymyr Selenskyj genießt die allgemeine Ungewissheit darüber, wie es gelingen konnte, den russischen Militärstützpunkt Saky auf der Krim teilweise zu zerstören..
    Ukraines Präsident Wolodymyr Selenskyj genießt die allgemeine Ungewissheit darüber, wie es gelingen konnte, den russischen Militärstützpunkt Saky auf der Krim teilweise zu zerstören.. Foto: Efrem Lukatsky, AP, dpa

    Präsident Wolodymyr Selenskyj genießt es erkennbar, nur in Andeutungen über den Coup zu sprechen. Gerade diese Ungewissheit nutzt Kiew, das bisher – wohl ganz bewusst – nicht viel dazu beigetragen hat, zu erklären, was vergangenen Dienstag genau auf der 2014 von Russland annektierten Halbinsel geschehen ist. Dafür betonte er mehrfach, dass sein Land die Krim keinesfalls aufgeben, sondern zurückholen werde.

    Politikwissenschaftler Krause: "Es ist völlig legitim, dass die Ukraine Ziele auf der Krim angreift."

    „Es ist völlig legitim, dass die Ukraine militärische Ziele auf der Krim angreift. Die Krim ist ukrainisches Gebiet, das von einer feindlichen Macht besetzt ist“, erklärte Krause. Dass es ukrainischen Streitkräften gelingen könnte, auf die Krim vorzustoßen, hält er derzeit für unwahrscheinlich. „Allerdings kann man auch nicht ausschließen, dass die russische Armee kollabiert. Moskau ist zunehmend isoliert. Die militärischen Kräfte erodieren.“

    Parallel dazu macht sich bemerkbar, dass die Ukraine verstärkt moderne westliche Waffen in seine Strategie einbeziehen kann. Ein Beispiel dafür ist der US-Mehrfachraketenwerfer vom Typ Himars. Eine Waffe, mit der auch russische Munitionsdepots oder Nachschubwege punktgenau getroffen werden.

    Das könnte gerade in der aktuellen Phase des Krieges von Bedeutung sein. Russland hat nach Informationen des britischen Geheimdienstes zuletzt Truppen in großem Stil in den Südwesten verlagert. Es seien lange Militärkonvois vom Donbass in Richtung Süden unterwegs. Auch auf die Krim mit ihren rund 2,5 Millionen Einwohnern. Ob diese Verschiebung der Kontingente ausschließlich aus dem Grund erfolgt, gegen eine mögliche Großoffensive ukrainischer Truppen gerüstet zu sein, oder ob eine eigene Offensive vorbereitet wird, ist auch für die Briten derzeit noch unklar. Einiges deutet darauf hin, dass die russisch besetzte Stadt Cherson Ziel eines ukrainischen Vorstoßes zur Rückeroberung sein könnte. Seit Tagen attackieren Kiews Truppen Brücken und Bahnlinien, die Cherson mit der Krim verbinden. Als sicher gilt, dass Russland nun insbesondere die Sicherheitsvorkehrungen für die 2018 eröffnete, mehr als 18 Kilometer lange Krimbrücke verstärkt, die die Halbinsel mit russischem Staatsgebiet verbindet. Ein erfolgreicher Anschlag oder Angriff auf das Bauwerk, auf dem Autos, Lastwagen, aber auch die Bahn unterwegs ist, wäre ein Albtraum für den Kreml – ökonomisch und militärisch.

    Dieses von Maxar Technologies zur Verfügung gestellte Satellitenbild zeigt beschädigte russische Flugzeuge auf dem Luftwaffenstützpunkt Saki nach einer Explosion am vergangenen Dienstag.
    Dieses von Maxar Technologies zur Verfügung gestellte Satellitenbild zeigt beschädigte russische Flugzeuge auf dem Luftwaffenstützpunkt Saki nach einer Explosion am vergangenen Dienstag. Foto: Maxar Technologies, Ap, dpa, Uncredited

    Krause sieht noch Lücken und Versäumnisse des Westens beim Thema Waffenlieferungen. „Mich besorgt, dass die USA bisher ausschließen, Waffensysteme zu liefern, mit denen die Ukraine weiter entfernte Ziele in Russland treffen kann. Es wäre angemessener gewesen, wenn Washington Russland gesagt hätte, ‘wir könnten solche Systeme liefern, würden aber darauf verzichten, wenn ihr die Angriffe auf Ziele in der Zentralukraine abseits der Front einstellt’.“ Gleichzeitig solle die Ukraine auch von den USA, den Briten, Frankreich oder Deutschland Schützen- und Kampfpanzer erhalten. Nur so könne Kiew in die Lage versetzt werden, in größerem Umfang Territorium zurückzuerobern.

    Die Krim ist kein ur-russisches Land

    Krause wendet sich gegen die nicht zuletzt in Deutschland weitverbreitete Erzählung, dass die Krim ur-russisches Land sei: „Die Krim ist eben nicht traditionell russisch. Die Halbinsel war griechisch, sie gehörte zum Osmanischen Reich und wurde von Russland, zwischenzeitlich auch von Briten und Franzosen erobert. Dort gibt es eine indigene Bevölkerungsgruppe, die Krimtataren, die heute unterdrückt wird und mit Russland wirklich nichts am Hut hat“, sagte der Experte.

    Je nach Schätzung sind rund eine halbe Million Russen seit 2014 auf die Krim gezogen – unterstützt durch russische Behörden. Putin spricht immer wieder von der "sakralen" Bedeutung, die die Halbinsel für Russland habe. Umso größer dürfte nun sein Ärger darüber sein, dass seine Militärs die Krim nicht vor einem Angriff schützen konnten.

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