Die katholische Hilfsorganisation Caritas International erwartet eine neue Flüchtlingswelle im Ukrainekrieg. "Wenn die Infrastruktur weiter zerstört wird und die Temperaturen sinken, werden die Menschen in einigen Bereichen keine andere Wahl haben, als zu gehen", sagte Ukraine-Teamchef Gernot Krauß der Deutschen Presse-Agentur in Freiburg. "Wir rechnen damit, dass es wieder eine Welle geben wird."
Millionen Menschen mussten das kriegserschütterte Land bereits verlassen. Unter den Zurückgebliebenen sind nach Einschätzung von Krauß viele ältere Frauen. "Sie werden gehen müssen. Das puffert erstmal das Land ab. Aber es erhöht den Druck auf die Nachbarländer, auch auf uns." Der UNO-Flüchtlingshilfe zufolge leben fast 8 Millionen Ukrainerinnen und Ukrainer als Flüchtlinge in europäischen Ländern. Mehr als 6,5 Millionen seien Vertriebene im eigenen Land.
Manche Hilfsgüter lassen sich nicht beschaffen
Die Caritas kümmert sich in der Ukraine unter anderem um das Verteilen von Nahrungsmitteln und Trinkwasser. An Bedürftige gibt die Hilfsorganisation Geldkarten mit einem Betrag von umgerechnet 56 Euro monatlich aus. Ein Problem sei die Infrastruktur, die von Russland angegriffen werde, sagte Krauß. "Wenn es keinen Strom gibt, funktionieren auch keine Cash-Karten."
Die Caritas versucht, die Hilfsgüter lokal zu besorgen und verzichtet weitgehend auf Transporte. Einige Sachen ließen sich jedoch nicht im Land beschaffen, etwa Generatoren. Schon im vergangenen Winter sei es schwierig gewesen, an Ort und Stelle Heizmaterialien zu beschaffen. "Wir geben den Bedürftigen eine einmalige Winterhilfe von umgerechnet rund 560 Euro. Das wird für Fenster genutzt, Dachausbesserung, Heizmaterial oder Winterkleidung."
Die Nothilfe ist mit erheblichen Gefahren verbunden
Die Hilfsorganisation arbeitet über die örtliche Caritas. Die größte Organisation mit rund 2000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ist dabei die Caritas Ukraine, die von der griechisch-katholischen Kirche getragen wird. "Das Problem ist, dass sie selber betroffen sind und häufig Familienangehörige haben, die ihre Häuser verloren haben und fliehen mussten", bilanzierte Krauß.
Die Arbeit sei mit erheblichen Gefahren verbunden. Vor einigen Wochen seien in einem Sozialzentrum in Mariupol zwei Caritas-Mitarbeitende und fünf Angehörige bei einem Angriff ums Leben gekommen. "Das war für uns ein großer Schock", sagte Krauß. (dpa)