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Türkei: Die neuen Tricks der Schleuser im Mittelmeer

Türkei

Die neuen Tricks der Schleuser im Mittelmeer

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    Schleuser benutzen inzwischen unauffällige Segelschiffe als Flüchtlingsboote Richtung Griechenland oder steuern Italien an.
    Schleuser benutzen inzwischen unauffällige Segelschiffe als Flüchtlingsboote Richtung Griechenland oder steuern Italien an. Foto: Giorgos Samios, kythera.news/AP

    Die griechische Insel Kythira lag bisher abseits der Hauptrouten von Menschenschmugglern, die Flüchtlinge von der Türkei in die EU schicken. Während auf Ägäis-Inseln wie Lesbos in Sichtweite der türkischen Küste in den vergangenen Jahren hunderttausende Flüchtlinge ankamen, liegt Ihr Ziel war Italien.

    Menschenschmuggler haben seit Jahresbeginn aus der Türkei doppelt so viele Flüchtlinge über das Meer nach Italien geschickt wie ins nahe Griechenland. Von Januar bis Mitte August fuhren nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerkes UNHCR rund 8400 Flüchtlinge per Schiff von der Türkei nach Italien; in Aus der Türkei ist es mehr als dreimal so weit nach Italien wie aus Libyen, dem Sprungbrett für die meisten Flüchtlinge in Italien.

    Immer mehr Flüchtlinge werden von der Türkei nach Italien geschleust

    Der illegale Verkehr auf der Kalabrien-Route zwischen der Türkei und der Spitze des italienischen Stiefels nahm schon 2021 zu. Doch in diesem Jahr ist der Menschenschmuggel auf diesem Weg richtig in Schwung gekommen. Von Januar bis Mitte August 2021 segelten laut UNHCR knapp 4000 Flüchtlinge aus türkischen Häfen nach Italien - im selben Zeitraum dieses Jahres waren es mehr als doppelt so viele.

    Die Schlepper wollen mit der neuen Route die griechische Küstenwache umgehen, die in der Ägäis patrouilliert und viele Flüchtlinge ohne Asylverfahren in die Türkei zurückschickt. Der türkische Innenminister Süleyman Soylu warf den Griechen schon im November vor, mit sogenannten Pushbacks die Flüchtlingsschiffe nach Italien zu treiben. Nach Angaben des türkischen Verteidigungsministeriums werden in der Ägäis regelmäßig Flüchtlinge gegen ihren Willen von der griechischen Küstenwache in Richtung Türkei geschoben. Auch internationale Medien berichteten über illegale Pushbacks. Athen weist die Vorwürfe zurück, dass Flüchtlinge ohne Asylverfahren in die Türkei zurückgebracht werden.

    Selbst wenn Flüchtlinge auf griechischem Territorium ankommen, leben viele von ihnen in Lagern ohne menschwürdige Unterkünfte und sanitäre Einrichtungen. Manchmal mangelt es sogar an Wasser und Nahrung. Wer sich die Fahrt nach Italien leisten kann, will Griechenland meiden.

    Segelboote fallen im Mittelmeer weniger auf als Schlauchboote

    Für die Reisen aus der Türkei nach Italien werden häufig Segelboote eingesetzt, die für längere Seereisen gebaut sind und in der Feriensaison weniger auffallen als Schlauchboote. Eines der Boote, die jetzt in Kythira ankamen, war ein Segel-Katamaran. Das Boot, das an der Felsenküste von Kythira auf Grund lief, war eine Segeljacht, die mit ihrem blauen Sonnenschutz aussah wie ein Ausflugsboot für Touristen. Anders als bei den Schlauchbooten in der Ägäis werden die

    Aus der Türkei fahren vor allem Afghanen, Ägypter und Iraner nach Italien, wie Daten des UNHCR zeigen. Die Zahl der afghanischen Flüchtlinge steigt seit der Machtübernahme der Taliban in Kabul vor einem Jahr. Sie stellen inzwischen die Hälfte aller Flüchtlinge, die über die Türkei nach Italien kommen.

    Die Überfahrt kostet die Flüchtlinge eine Menge Geld

    Wegen der langen Überfahrt und den teuren Segelbooten können nur relativ wohlhabende Flüchtlinge das Geld für die illegale Reise nach Italien aufbringen. Die Nachrichtenagentur AP meldete im vergangenen Jahr, die Fahrt von der Türkei nach Kalabrien koste 8500 Euro pro Person; pro Kind werden demnach 4000 Euro fällig. Die Passage auf den Segelbooten gelte deshalb als Flucht erster Klasse. Allerdings würden die Menschen unter Deck eng zusammengepfercht.

    Außerdem sind auch die Reisen auf den überfüllten Segelbooten lebensgefährlich. Ein Flüchtlingsboot, das letzte Woche in Antalya mit dem Ziel Italien gestartet war, sank nach etwa 100 Kilometern Fahrt in rauer See zwischen Rhodos und Kreta. Nur die Hälfte der etwa 60 Insassen wurde gerettet.

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