Anfragen, wie es ihm ergangen ist, will er vorerst nicht beantworten. Aber zumindest auf Facebook hat Boris Palmer ein erstes Lebenszeichen abgesetzt. "Gute Zeit", schreibt er dort, dazu ein Bild von sich mit Mütze und verspiegelter Sonnenbrille. Die deftigen Kommentare unter dem Post lassen nicht lange auf sich warten. "Sie sind untragbar geworden", schreibt eine Frau. Eine Reaktion kann sich der Tübinger Oberbürgermeister auch diesmal nicht verkneifen. Aber sie ist deutlich konzilianter, als sie vielleicht noch vor wenigen Wochen ausgefallen wäre. "Ich würde es mal mit Freude und Humor versuchen", schreibt Palmer.
Einen Monat hat die Auszeit des Kommunalpolitikers gedauert, am Montag kehrt er zurück ins Rathaus. Dass das bundesweit beobachtet wird, liegt in seiner Person begründet: Immer wieder lieferte er sich heftige Wortgefechte nicht nur mit externen Kritikern, sondern auch mit der eigenen Partei, den Grünen, aus der er inzwischen ausgetreten ist. Als es zum Eklat kam, entschloss sich Palmer, eine vierwöchige Auszeit zu nehmen, in der er auch an sich selbst und vor allem an seiner Selbstkontrolle arbeiten wollte. In einer Pressemitteilung lässt er nun wissen: "Ich habe Kraft geschöpft, viele gute Gespräche geführt und die Zeit zum Nachdenken genutzt. Ein Ergebnis ist auch die Überzeugung, dass es gerade nicht dienlich wäre, dies nun ausführlich in der Öffentlichkeit zu erörtern. Wichtig ist allein, welche Früchte der Prozess trägt – und das wird sich am besten an den künftigen Ergebnissen der gemeinsamen Arbeit im Tübinger Rathaus ablesen lassen." Was genau er in den vergangenen Wochen gemacht hat, sagt er nicht.
Rassismus-Vorwürfe waren der Auslöser für Boris Palmers Auszeit in Tübingen
Seinen ersten Termin hat Boris Palmer bereits an diesem Freitag: Am Abend wird er das Tübinger Sommerfest mit einem Fassanstich eröffnen.
Zum Auslöser für Palmers Auszeit wurde ein Streit bei einer Migrationskonferenz Ende April in Frankfurt. Dort hatte er eine Auseinandersetzung mit einer Protestgruppe über seine Verwendung des "N-Wortes". Die Protestierenden konfrontierten ihn mit "Nazis raus"-Rufen. Palmers Reaktion: "Das ist nichts anderes als der Judenstern. Und zwar, weil ich ein Wort benutzt habe, an dem ihr alles andere festmacht. Wenn man ein falsches Wort sagt, ist man für euch ein Nazi." Selbst enge Weggefährten wie der Grünen-Politiker Rezzo Schlauch gingen daraufhin auf Distanz, Schlauch legte sein Mandat als Anwalt für Palmer nieder. Gemeinsam hatten sie gegen einen Ausschluss des Oberbürgermeisters bei den Grünen gekämpft. Vorangegangen war dem Eklat eine lange Reihe von Skandalen und Diskussionen. Palmer wird von den einen für seine erfolgreiche Politik in Tübingen gefeiert, von den anderen für seine grenzüberschreitenden Äußerungen verachtet.