Mehr als alle anderen Politiker in der Region hatte Netanjahu auf eine neue Amtszeit für Trump gehofft, und er wurde nicht enttäuscht. Im Gaza-Konflikt haben die USA ihre Vermittlerrolle zugunsten einer bedingungslos pro-israelischen Haltung aufgegeben. Trump hinderte Netanjahu im März nicht daran, die Waffenruhe mit der Hamas aufzukündigen. Obwohl die USA die Vereinbarung über die Waffenruhe selbst mit ausgehandelt hatten, fordert Trump nun, die Hamas solle alle verbliebenen Geiseln ohne Gegenleistung freilassen. Außerdem plädieren Trump und Netanjahu für eine ethnische Säuberung im Gaza-Streifen. Die Extremisten der Hamas, die den Krieg angezettelt hatten, fühlen sich in ihrer Haltung bestärkt.
Die USA verprellen außerdem wichtige Verbündete. Ägypten und Jordanien lehnen Trumps Forderung ab, sie sollten bei der Vertreibung der Palästinenser aus Gaza mitmachen und hunderttausende Menschen aufnehmen, und müssen deshalb mit einer Kürzung oder sogar vollständigen Streichung der amerikanischen Militärhilfe rechnen. Ein Friedensschluss der arabischen Führungsmacht Saudi-Arabien mit Israel – ein Hauptziel der USA im Nahen Osten – rückt in weite Ferne, weil Netanjahu und Trump ein Bekenntnis zur Gründung eines Palästinenser-Staates ablehnen.
Da Amerika nicht mehr als verlässlich gilt, bilden sich neue regionale Allianzen. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron besuchte am Montag Ägypten, sprach sich gegen Trumps Gaza-Plan aus und unterschrieb Verträge für eine engere Zusammenarbeit mit Kairo. Amerikas Nato-Partner Türkei bastelt an einem Bündnis mit Jordanien, Libanon, Irak und Syrien zur Bekämpfung des Islamischen Staates. Die USA sind nicht eingeladen.
Arabische Staaten wollen sich absichern
Arabische Staaten wollen sich gegen die Möglichkeit absichern, eines Tages von Trump erpresst zu werden, und suchen sich neue Rüstungslieferanten. Die Vereinigten Arabischen Emirate und Katar kaufen inzwischen fast 30 Prozent aller türkischer Rüstungsexporte. Trumps Handelskrieg mit dem Rest der Welt schadet zudem den arabischen Ölstaaten, weil er die Ölpreise absacken lässt.
Bisher hatten die Araber gehofft, sich mit milliardenschweren Investitionen in den USA das Wohlwollen des US-Präsidenten erkaufen zu können. Trump will Saudi-Arabien im Mai zum Ziel der ersten Auslandsreise seiner zweiten Amtszeit machen, weil die Saudis ihm eine Billion Dollar für amerikanische Unternehmen in Aussicht gestellt haben. Doch für die Araber geht die Rechnung nicht unbedingt auf. Taiwan hatte Investitionen von 100 Milliarden Dollar in Amerika angekündigt, wurde aber trotzdem mit Strafzöllen von 32 Prozent belegt. Arabische Staaten dürften sich deshalb verstärkt auf den Ausbau ihrer Beziehungen mit China konzentrieren. Beijing ist schon jetzt der größte Handelspartner der Golf-Staaten.
Netanjahu will sich grenzenlose Unterstützung der USA sichern
Trump verunsichert die Partner mit seiner rückhaltlosen Unterstützung für Israel nicht nur in Gaza. In Syrien will Netanjahu den neuen Staat schwach halten und den Einfluss der Türkei beschneiden. Die USA lassen Israel gewähren, trotz hunderter israelischer Luftangriffe in Syrien und wachsender Spannungen zwischen Jerusalem und Ankara. Auch setzt sich Netanjahu für einen Verbleib russischer Soldaten auf zwei Stützpunkten in Syrien ein, was Russlands Position in Nahost nach dem Sturz von Kreml-Partner Baschar al-Assad wieder festigen würde. Trump sagt nicht Nein dazu.
Israelische Politiker fordern einen Angriff auf den Iran, um Teherans Atomanlagen zu zerstören und wenn möglich das iranische Regime zu stürzen. Arabische Staaten machen schon jetzt klar, dass sie Amerikanern und Israelis ihren Luftraum nicht für einen Angriff auf Teheran zur Verfügung stellen würden. Die Araber sind keine Freunde des Iran, aber sie fürchten einen neuen Krieg. Denn sie müssten mit den Folgen leben – Trump nicht.
Um kommentieren zu können, müssen Sie angemeldet sein.
Registrieren sie sichSie haben ein Konto? Hier anmelden