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Trump überrascht mit Begegnung und schockt mit Gaetz-Nominierung

USA

Erst konziliant, dann schockierend: Die zwei Gesichter des Donald Trump

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    Konziliant im Weißen Haus, polemisierend mit seiner Personalpolitik. Donald Trump ist auch für versierte Beobachter schwer auszurechnen.
    Konziliant im Weißen Haus, polemisierend mit seiner Personalpolitik. Donald Trump ist auch für versierte Beobachter schwer auszurechnen. Foto: Julia Demaree Nikhinson, AP, dpa

    Das Feuer im Kamin des Oval Office loderte mächtig. In der Nacht war die Temperatur plötzlich von sommerlichen Werten in die Nähe des Gefrierpunktes gestürzt. „Nun, Herr gewählter und ehemaliger Präsident“, begrüßte Joe Biden seinen Gast und fügte an: „Glückwunsch, Donald!“ Der designierte Präsident wurde philosophisch: „Politik ist hart“, sagte er: „In vielen Fällen ist es keine schöne Welt. Aber heute ist es eine schöne Welt.“

    Zuletzt vor knapp vier Jahren hatte Trump in diesem Raum mit dem schweren Schreibtisch und den goldenen Vorhängen im Weißen Haus gesessen. Bei seinem mutmaßlich nächsten Besuch in Washington am 20. Januar wird er die Machtzentrale der westlichen Welt wieder in Beschlag nehmen. Eigentlich ist der Empfang des neugewählten durch den scheidenden Präsidenten eine formale Zeremonie, ein traditionsreiches Zeichen für die friedliche Machtübergabe in der amerikanischen Demokratie. Doch Trump hatte 2020 den Wahlsieg von Biden bestritten und ihm diese Geste als erster Präsident seit 1869 verwehrt. Statt eines Handschlags verbreitete er Verschwörungslügen und stachelte den rechten Mob zwei Monate später zum Sturm auf das Kapitol an.

    Biden war es wichtig, die demokratische Norm wiederzubeleben

    Trotz der gegenseitigen Verachtung der beiden Politiker war es Biden wichtig, diese demokratische Norm nun wiederzubeleben. Man kann nur ahnen, wie sehr sich der 81-Jährige, der im Wahlkampf eindringlich vor den Gefahren seines Kontrahenten für die Demokratie gewarnt hatte, bei dem knapp zweistündigen Gespräch zusammennehmen musste. Entgegen der Gepflogenheit wurde Trump nicht von seiner Frau Melania begleitet. Doch waren bei der Begegnung zeitweise Bidens Stabschef Jeff Zients und Trumps designierte Stabschefin Susie Wiles anwesend.

    Bei dem Austausch sei es „um wichtige Fragen der nationalen Sicherheit und der Innenpolitik“ gegangen, sagte nachher die Sprecherin des Weißen Hauses. Die Stimmung beschrieb sie als „freundlich“. Trump bemühte sich in einem Telefoninterview mit dem rechten Boulevardblatt New York Post anschließend um konziliante Töne: „Wir haben uns wieder kennengelernt“, sagte er. Gesprächsthemen seien unter anderem die Lage in der Ukraine und im Nahen Osten gewesen. „Ich wollte seine Sichtweise hören und er hat sie mir erläutert“, sagte der Republikaner.

    Donald Trump gibt sich staatsmännisch. Doch ist das nur Show?

    Ob diese staatsmännische Attitüde lange hält, scheint indes fraglich. Trump war - gut eine Woche nach seinem Wahlsieg - morgens mit seinem Flugzeug aus Florida in Washington gelandet und hatte sich zunächst in einem Hotel in der Nähe des Kapitols mit der republikanischen Fraktion im Repräsentantenhaus getroffen. „Er ist der Comeback-König“, schwärmte Parlaments-Chef Mike Johnson: „Wir sind ihm zu großem Dank verpflichtet.“ Von den Abgeordneten wurde der 78-Jährige mit Beifallsstürmen begrüßt. „Wenn Donald Trump sagt, springt drei Fuß (rund 90 Zentimeter) hoch und kratzt Euch dabei am Kopf, springen wir alle drei Fuß hoch und kratzen uns am Kopf“, sagte der texanische Parlamentarier Troy Nehls ohne Ironie.

    Bei der Begegnung, an der auch Tesla-Chef Elon Musk teilnahm, sprach Trump nicht über seine politischen Pläne. Vielmehr lobte er sich minutenlang selbst für seinen Wahlerfolg. Schließlich kokettierte der Mann, der nach eigenen Angaben gerne „Diktator für einen Tag“ wäre, mit der Möglichkeit einer Verfassungsänderung zur Ermöglichung einer weiteren Amtszeit. „Ich kann nicht noch einmal antreten“, schilderte er die derzeitige Rechtslage, die einem Präsidenten nur zwei Amtszeiten erlaubt, und setzte dann hinzu: „Es sei, denn, Ihr tut etwas.“

    Eine weitere Amtszeit von Donald Trump ist juristisch kaum durchsetzbar

    Eine Verfassungsänderung würde freilich Zweidrittelmehrheiten in beiden Häusern des Kongresses erfordern. Die ist nicht in Sicht: Die Republikaner werden 53 von 100 Sitzen im Senat und eine knappe Mehrheit im Repräsentantenhaus haben. Auch ist trotz der eiligen Meldung der Trump-Kampagne über die „triumphale Rückkehr“ des Ex-Präsidenten nach Washington nicht klar, ob die Unterstützung der selbstbewussten Mitglieder des Senats so bedingungslos sein wird wie die der Parlamentsabgeordneten.

    Bei der Wahl des Mehrheitsführers in der Parlamentskammer musste das Trump-Lager am Nachmittag jedenfalls einen Dämpfer hinnehmen. Statt des von Verbündeten des Ex-Präsidenten unterstützten radikalen Senators Rick Scott aus Florida siegte der 63-jährige Senator John Thune aus South Dakota - ein Weggefährte des früheren Minderheitsführers Mitch McConnell. Thune hatte 2020 Trump für seine Versuche, das Wahlergebnis zu verkehren, kritisiert. Bald darauf schwenkte er auf Trump-Kurs ein und unterstützte ausdrücklich dessen Agenda. Er gilt aber nicht als bedingungsloser Loyalist.

    Die Personalie Matt Gaetz als US-Justizminister schockt auch Republikaner

    Der Senat spielt auch eine entscheidende Rolle, wenn es um die Bestätigung von Trumps Personalentscheidungen für zentrale Minister- und Behördenleiterposten geht. Nachdem der angehende Präsident mit Marco Rubio für das Amt des Außenministers und Mike Waltz für den Posten des Nationalen Sicherheitsberaters in den Vortagen eher traditionelle Republikaner nominiert hatte, sorgte er am Mittwoch mit einer extrem unorthodoxen Entscheidung auch in Teilen der eigenen Partei für Befremden: Neuer Justizminister soll der Abgeordnete Matt Gaetz werden.

    Der 42-Jährige steht im Verdacht, eine Minderjährige für Sex bezahlt zu haben. Im Repräsentantenhaus läuft gegen ihn auch wegen mehrerer anderer Ethik-Verstöße wie illegalem Drogenbesitz eine Untersuchung. „Ich bin geschockt von dieser Ankündigung“, erklärte die moderate republikanische Senatorin Susan Collins. Ihre Kollegin Lisa Murkowski erklärte, Gaetz sei „kein seriöser Kandidat“. Auf den Abgeordneten aus Florida, der seinerzeit die treibende Kraft beim Sturz von Ex-Parlamentschef Kevin McCarthy gewesen war, kommt eine unangenehme Anhörung im Kongress zu. Ob sich aber am Ende tatsächlich genügend Republikaner finden, um seine Bestätigung zu verhindern, ist fraglich.

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