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Trauzeugenaffäre: Wie die Ampel die Opposition im Fall Graichen ausbremsen will

Trauzeugenaffäre

Wie die Ampel die Opposition im Fall Graichen ausbremsen will

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    Patrick Graichen muss sich der Kritik stellen.
    Patrick Graichen muss sich der Kritik stellen. Foto: Hendrik Schmidt, dpa (Archivbild)

    Selten blickte das politische Berlin so gespannt auf eine Ausschusssitzung: Die Union hat den im Kreuzfeuer der Kritik stehenden Staatssekretär Patrick Graichen zur Sondersitzung am Mittwoch in den Wirtschaftsausschuss vorgeladen.

    Doch Graichen wird nicht allein kommen, er bringt überraschend auch seinen Minister mit und obendrein alle Mitglieder des Energieausschusses. Dass nun neben Graichen auch Robert Habeck erscheint, um laut Tagesordnung „zu der aktuellen Berichterstattung zur Personalpolitik und Stellenbesetzung“ seines Ministeriums Stellung zu nehmen, macht die Union allerdings nicht besonders glücklich, sondern wütend. 

    Trauzeugen-Affäre: Union kritisiert Störmanöver der Koalition im Fall Graichen

    "Die Koalition will mit ihrer Mehrheit die Sitzung des Wirtschaftsausschusses zeitweise mit einem Ministertermin im Energieausschuss zusammenlegen, sodass die Opposition Staatssekretär Graichen und Wirtschaftsminister Robert Habeck nicht getrennt zu den Vorwürfen befragen kann", sagt der CSU-Obmann im Wirtschaftsausschuss, Hansjörg Durz. "Das ist ein ganz klares taktisches Manöver, damit sich der Minister und der Staatssekretär bei ihren Aussagen zu brisanten Fragen aufeinander abstimmen können", beklagt er. 

    "Das Vorgehen der Ampel-Koalition ist höchst ungewöhnlich und zeigt, dass Minister Habeck nach den Vorwürfen um die familiären Verflechtungen in seinem Haus offensichtlich kalte Füße bekommt", sagt Durz. Denn bei einer getrennten Befragung hätte die Opposition insbesondere Graichen viel länger in die Mangel nehmen können. Nun haben alle Mitglieder beider Ausschüsse dafür nur eine Stunde Zeit und es wird erwartet, dass einen großen Teil davon Abgeordnete der Regierungsparteien mit genehmeren Fragen nutzen werden. Dies sei ein durchschaubares Störmanöver, um die Aufklärungsarbeit der Opposition zu behindern, sagt Durz.

    Robert Habeck und Patrick Graichen müssen sich der Oposition stellen.
    Robert Habeck und Patrick Graichen müssen sich der Oposition stellen. Foto: Frank Ossenbrink, Imago (Archivbild)

    Auch bei der Linken ärgert man sich. "Wer seinem eigenen Trauzeugen einen hoch dotierten Job zukommen lässt und dabei offenkundig auch noch die eigene Befangenheit verschweigt, der hat offenkundig das Gespür dafür verloren, wie ein solches abgehobenes Agieren bei den Bürgerinnen und Bürgern ankommt", kritisiert Ausschuss-Obmann Pascal Meiser. Habeck müsse erklären, seit wann er von der Befangenheit seines Staatssekretärs bei der Besetzung der Geschäftsführer-Posten der regierungseigenen Deutschen Energie-Agentur Dena wusste. "Und er sollte ernsthaft überlegen, ob er der Arbeit an der Energiewende nicht einen Bärendienst erweist, wenn er an seinem Staatssekretär festhält", betont der Linke-Politiker.

    Graichens Trauzeuge will sich nicht mehr als Dena-Chef bewerben

    Inzwischen soll der Dena-Chefposten neu ausgeschrieben werden. Laut einem Bericht der Bild-Zeitung will sich Graichens Trauzeuge, der frühere Berliner Grünen-Abgeordnete Michael Schäfer, nicht erneut bewerben. Schäfer soll demnach von seinem Vertrag zurückgetreten sein und auch auf alle Entschädigungsansprüche verzichten.

    Reicht das, um den Schaden für Graichen und Habeck abzuwenden? Der stellvertretende CDU-Parteichef Andreas Jung erinnert daran, dass Graichen bislang erklärt habe, er habe bei seiner engen privaten Nähe zu Schäfer leider nicht richtig aufgepasst. "Im Raum steht nun aber eine andere Frage: Ob er nicht im Gegenteil sehr genau aufgepasst hat, damit ausdrücklich Michael Schäfer zum Zug kommt", sagte Jung. "Sollte das zutreffen, wäre das nochmals eine völlig neue Qualität, daran ändert auch eine Neuauflage des Verfahrens und der Rückzug von Michael Schäfer nichts", betont der CDU-Politiker. "Robert Habeck und Patrick Graichen müssen im Ausschuss jetzt umfassend Transparenz herstellen und alle aufgekommenen Fragen beantworten", fordert Jung.

    Kritik entzündet sich auch an weiteren personellen Verflechtungen in Habecks Ministerium: Graichens Schwester, die mit dessen Staatssekretärs-Kollegen Michael Kellner verheiratet ist, arbeitet beim Öko-Institut - einer Forschungseinrichtung, die Aufträge vom Bund bekommt. Das Ministerium betont allerdings, Kellner und Graichen seien nicht an Ausschreibungen beteiligt gewesen, auf die sich das Öko-Institut hätte bewerben können. 

    Ministerium veröffentlicht Listen mit Aufträgen an Öko-Organisationen

    Um den Vorwurf der Vetternwirtschaft zu entkräften, veröffentlichte das Wirtschaftsministerium am Dienstag Listen mit Aufträgen und Zuwendungen an die Umweltschutzorganisation BUND, die Denkfabrik Agora Energiewende und das Öko-Institut. Daraus geht zumindest hervor, dass es bereits vor dem Amtsantritt der Ampel-Regierung Ende 2021 diverse Aufträge und Zahlungen an diese drei Organisationen gab. 

    So wurden Agora Energiewende unter dem damaligen CDU-Wirtschaftsminister Peter Altmaier für drei Projekte insgesamt rund 4,6 Millionen Euro bewilligt. Die BUND-Jugend bekam im Oktober 2020 mehr als 800 000 Euro für die Klimakonferenz "Local Conference of Youth" zugesprochen, und dem Öko-Institut wurden zur Analyse und Bewertung von Klimamaßnahmen und Förderprogrammen seit 2019 sogar knapp 6,5 Millionen Euro zuerkannt. Die Vollständigkeit dieser Listen ist allerdings nicht überprüfbar. 

    Auch das Öko-Institut selber äußerte sich am Dienstag und betonte, dass man schon seit Jahren Aufträge und Zuwendungen von verschiedenen Bundesregierungen erhalte - "von Ministerinnen und Ministern der CDU und der CSU, der SPD, der FDP und der Grünen". (mit bju, dpa)  

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