Als Konsequenz aus dem Berliner Mordurteil gegen einen Russen erklärt die Bundesregierung zwei Mitarbeiter der russischen Botschaft in Deutschland zu "unerwünschten Personen". Das sei dem russischen Botschafter Sergej Netschajew am Mittwoch bei einem Gespräch im Auswärtigen Amt erklärt worden, sagte Außenministerin Annalena Baerbock in Berlin. Ein solcher Schritt kommt einer Ausweisung der Diplomaten gleich.
Tiergartenmord: Was war passiert?
Die Auftraggeber saßen nach Überzeugung der Richter in Russland: Mehr als zwei Jahre nach den tödlichen Schüssen auf einen Georgier tschetschenischer Abstammung mitten in Berlin hat das Kammergericht einen 56-jährigen Russen zu lebenslanger Haft verurteilt.
Die Richter sahen es als erwiesen an, dass der Mann im Auftrag Russlands handelte. Die Tat sei "nichts anderes als Rache und Vergeltung" gewesen, sagte der Vorsitzende Richter des Staatsschutzsenats, Olaf Arnoldi, bei der Urteilsbegründung. "Das war Staatsterrorismus." Das Gericht stellte die besondere Schwere der Schuld fest, was eine Haftentlassung nach 15 Jahren nahezu ausschließt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Der russische Botschafter in Deutschland, Sergej Netschajew, kritisierte den Richterspruch scharf. "Wir halten dieses Urteil für nicht objektiv, für eine politisch motivierte Entscheidung, die die ohnehin nicht einfachen russisch-deutschen Beziehungen weiter ernsthaft belastet", teilte der Diplomat Staatsmedien in Moskau zufolge mit.
Heimtückicher Mord
Das Gericht zeigte sich davon überzeugt, dass der Angeklagte den Georgier am 23. August 2019 in der Parkanlage Kleiner Tiergarten heimtückisch erschossen hatte. Der Mann, der während des zweiten Tschetschenien-Krieges mehrere Jahre lang eine Miliz im Kampf gegen Russland angeführt habe, habe seit langem im Visier der Russischen Föderation gestanden, so der Vorsitzende Richter. Er erinnerte daran, dass der russische Präsident Wladimir Putin das Opfer später öffentlich einen "Banditen", "Mörder" und "blutrünstigen Mensch" genannt hatte.
Spätestens im Juli 2019 hätten "staatliche Stellen der Russischen Föderation" den Entschluss gefasst, das Opfer zu liquidieren. "Den Auftrag erteilten sie dem Angeklagten und statteten ihn mit einer neuen Identität aus", so der Richter. Einen Monat vor der Tat sei dem Russen ein offizieller Pass mit der Alias-Identität ausgestellt worden. Nach der Tat habe Russland an der falschen Identität festgehalten, um die "eigene Tatbeteiligung" zu vertuschen. Der Angeklagte selbst hatte zu Beginn des Prozesses über seine Anwälte erklären lassen, er heiße Vadim S., sei 50 Jahre alt und Bauingenieur.
Bundesregierung zunächst ohne Statement
Das Urteil könnte die deutsch-russischen Beziehungen kurz nach dem Amtsantritt von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) erschüttern. Die Bundesregierung wollte zunächst keinen Kommentar abgegeben. Etwas später reagierte wurde dann reagiert. Als Konsequenz aus dem Berliner Mordurteil gegen einen Russen erklärt die Bundesregierung zwei Mitarbeiter der russischen Botschaft in Deutschland zu "unerwünschten Personen".
Drei Schüsse in den Kopf
Nach Überzeugung des Gerichts steht jedoch fest: Vadim K. reiste am Tag vor der Tat als Tourist getarnt nach Berlin und tötete einen Tag später den 40-Jährigen Georgier, der seit Ende 2016 als Asylbewerber in Deutschland lebte. Auf einem Fahrrad näherte er sich diesem und feuerte von hinten drei Schüsse in Rücken und Kopf ab.
Besonders Schmauch- und DNA-Spuren an der Kleidung, die nach der Flucht des Täters aus der Spree gefischt worden war, sowie detaillierte Zeugenaussagen waren laut Gericht eindeutige Beweise. "Die Tat war durch in Berlin stationierte Helfer akribisch vorbereitet", sagte Richter Arnoldi. (dpa)