Die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) hat den Anschlag mit zwei Toten in Brüssel für sich reklamiert. Eine entsprechende Botschaft verbreitete die Dschihadisten-Miliz gestern Abend über ihr Sprachrohr "Amak". Ein Kämpfer des IS habe die Attacke im Umfeld eines Fußballspiels verübt und dabei zwei "Christen" getötet, hieß es in der Mitteilung. Derweil wurde die Terrorwarnstufe für Brüssel wieder gesenkt.
Am Montagabend hatte ein bewaffneter Mann in Brüssel, wo das Länderspiel Belgien gegen Schweden ausgetragen wurde, zwei schwedische Fußballfans getötet. Der mutmaßliche Täter wurde gestern am frühen Morgen von der Polizei erschossen. Zuvor hatten die Ermittler die ganze Nacht nach dem 45-jährigen abgelehnten Asylbewerber aus Tunesien gefahndet.
Als Grund für die Tat nannte der IS einen Aufruf der Gruppe, gegen Staatsangehörige der US-geführten Militärkoalition in Syrien zu kämpfen. Schweden hatte im Irak kurdische Truppen im Kampf gegen den IS ausgebildet. Die Terrormiliz hatte in der Vergangenheit weite Gebiete in Syrien und dem benachbarten Irak beherrscht. Trotz des 2019 verkündeten militärischen Siegs über den IS sind dessen Zellen weiterhin im Land aktiv und verüben Anschläge.
Terrorstufe für Brüssel wieder gesenkt
Die Ermittler zogen als Motive für die Tat einen radikal islamistischen Hintergrund und die schwedische Staatsangehörigkeit der Opfer in Betracht. In diesem Jahr hatten Aktivisten in Schweden und später auch in Dänemark mehrmals Koran-Exemplare verbrannt und damit wütende Reaktionen unter Muslimen ausgelöst. Mindestens eines der Opfer soll ein schwedisches Fußballtrikot getragen haben.
Derweil wurde die Terrorstufe für die belgische Hauptstadt wieder gesenkt. Man gehe derzeit nicht von einem Netzwerk, sondern einem Einzeltäter aus, teilte Premierminister Alexander De Croo gestern mit. Nach den tödlichen Schüssen war für Brüssel die höchste Terrorstufe ausgerufen worden. Nun soll für die Hauptstadt nur noch die zweithöchste Stufe gelten - so wie für das restliche Land.
Mutmaßlicher Täter war polizeibekannt
Erst vor rund vier Wochen endete der Prozess zu den Brüsseler Terroranschlägen von 2016. Drei Selbstmordattentäter des IS hatten damals Bomben am Brüsseler Flughafen Zaventem sowie in einer U-Bahn-Station im Herzen der belgischen Hauptstadt gezündet. Sie töteten über 30 Menschen, 340 wurden verletzt. Für Fassungslosigkeit bei den Hinterbliebenen sorgten damals auch Medienberichte, wonach mehrere der Angeklagten vor den Anschlägen von den belgischen Sicherheitsbehörden überwacht worden waren - und später dennoch ihre Morde begehen konnten.
Auch bei dem aktuellen Anschlag war der mutmaßliche Täter polizeibekannt - etwa im Zusammenhang mit Menschenhandel, illegalem Aufenthalt und Gefährdung der Staatssicherheit. Im Juli 2016 wurden von einer ausländischen Polizeibehörde unbestätigte Informationen übermittelt, wonach der Mann ein islamistisches Profil habe und in ein Konfliktgebiet in den Dschihad ziehen wolle, sagte der Justizminister. Solche Informationen gebe es allerdings zuhauf. Sie seien ohne Ergebnis überprüft worden.
Rom: Mutmaßlicher Attentäter über Lampedusa eingereist
Nach Angaben der italienischen Rechtsregierung kam der mutmaßliche Attentäter 2011 mit einem Flüchtlingsboot aus Tunesien über die italienische Mittelmeerinsel Lampedusa nach Europa. Der Mann sei dann nach einem zwischenzeitlichen Aufenthalt in Schweden 2016 von den italienischen Behörden als radikaler Islamist eingestuft und auch beobachtet worden, berichtete die Nachrichtenagentur Ansa unter Berufung auf die Regierung. Später sei er nach Belgien gegangen.
Der Vize-Ministerpräsident der amtierenden Rechtsregierung, Matteo Salvini, wertete dies als Beweis dafür, dass er mit Warnungen vor der Landung islamistischer Terroristen auf Lampedusa richtig gelegen habe. "Man hat mich beschuldigt, Hass zu schüren. Aber ich hatte Recht", sagte der ehemalige Innen- und heutige Verkehrsminister von der Rechtspartei Lega.
Die kleine Insel Lampedusa gehört wegen ihrer Nähe zu Tunesien seit vielen Jahren zu den Knotenpunkten der Immigration aus Afrika nach Europa. In diesem Sommer kamen dort nach einer gefährlichen Überfahrt mit kleinen Booten übers Meer zeitweise täglich mehrere Tausend Migranten an. Aktuell sind es meist einige Dutzend pro Tag. Die Zahl der Ankünfte hängt stark von den Wetterbedingungen ab. Immer wieder kommt es bei den Überfahrten auch zu tödlichen Unglücken.
(dpa)