Es hätten drei Tage mit drei Mega-Events in Folge werden sollen, die gesamte Stadt war darauf vorbereitet – nun herrscht in Wien vor allem eines: tiefe Enttäuschung. Hunderttausende Fans von Taylor Swift sind bereits seit Tagen in der Stadt, viele sind von weither angereist, nun gebe es auf Wiens Straßen nur viele weinende Mädchen zu sehen, wie es am Donnerstagmorgen ein „Swiftie“, wie die Fans des amerikanischen Popstars genannt werden, im ORF-Radio ausdrückt.
Konzertabsage wegen Terrorgefahr: Das sind die Hintergründe
Nachdem es am Mittwoch tagsüber in Niederösterreich und Wien zu einem massiven Polizeieinsatz gekommen war und um 18 Uhr Franz Ruf, der Generaldirektor für die österreichische Sicherheit vor die versammelte Presse getreten war, gab es zwei Stunden später vom Konzertveranstalter der Swift-Konzerte – die US-Amerikanerin hätte am Donnerstag, Freitag und Samstag im Wiener Ernst-Happel-Stadion auftreten sollen – nur ein dünnes Statement auf Instagram.
Aufgrund der Bestätigung der Behörden, dass es geplante Terroranschläge gegeben habe, hätte man keine Wahl, als alle drei Konzerte abzusagen, die Tickets dafür würden in den kommenden Tagen automatisch zurückerstattet, war dort und auf der Plattform X alias Twitter zu lesen. Und während für hunderttausende Swift-Fans die Welt zusammenbricht, rätseln Beobachter über die Hintergründe der dramatischen Entwicklungen der letzten Stunden.
Großfahndung und Festnahmen: Das ist bisher über den Terrorverdacht in Wien bekannt
Was ist passiert? Am Mittwochvormittag machten Nachrichten und Bilder aus dem kleinen niederösterreichischen Ort Ternitz, der zur Gemeinde Neunkirchen südlich von Wien gehört, die Runde: Spezialeinheiten der Polizei hatten dort ganze Häuserblocks abgeriegelt und evakuiert, es bestehe der Verdacht einer Gefährdung durch Sprengstoff, sagte ein Sprecher des Landespolizeikommandos Niederösterreich, eine Person sei bereits festgenommen worden. Erst am Abend wurde klar: Die Polizei und die Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst sollen einen Terroranschlag auf eines der drei geplanten Swift-Konzerte vereitelt haben.
Im Laufe des Donnerstags wird deutlich, wie konkret die Pläne bereits werden. Der festgenommene Islamist wollte im Rahmen der Taylor-Swift-Konzerte in Wien Sprengstoff und Stichwaffen einsetzen und damit viele Menschen töten. Er habe konkrete Anschlagsvorbereitungen getroffen, sagte Omar Haijawi-Pirchner, Leiter der Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst im Bundesinnenministerium.
Der 19-jährige Hauptverdächtige habe keine Konzertkarte gehabt, sondern habe im Umfeld des Stadions zuschlagen wollen. Er sei Teil eines islamistischen Netzwerks gewesen, das der Polizei bekannt gewesen sei. Er habe sich online über den Bau von Bomben informiert. In einem umfangreichen Geständnis habe davon gesprochen, „entweder heute oder morgen sich selbst und eine große Menschenmenge zu töten“, sagte Haijawi-Pirchner.
Ausländischer Geheimdienst warnte offenbar vor Terrorgefahr bei Swift-Konzerten
Auf die Spur dürften der österreichische Nachrichtendienst dem Terrorverdächtigen wie bereits in der Vergangenheit auch durch einen Hinweis eines internationalen Partnerdienstes gekommen sein. Sprich: Eine Warnung aus dem Ausland habe schließlich zu den Ermittlungen und dem Einsatz am Mittwoch geführt.
Schon am Mittwochabend betonte Franz Ruf, Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit: Die Polizei habe dem Konzertveranstalter keine Empfehlungen bezüglich einer eventuellen Absage der Konzerte gegeben, die konkrete Bedrohungslage sei zwar entschärft, allerdings bestehe natürlich noch eine „abstrakte Gefährdung“, die Terrorgefahr in Österreich sei als „hoch“ eingestuft, befinde sich auf der zweithöchsten Ebene.
Polizei in Österreich ermittelt auch im Umfeld des 19-jährigen Terrorverdächtigen
Abseits der Gefährdungslage wird nun in Wien diskutiert, wer denn wirklich die Verantwortung für die Absage der drei Mega-Events trägt. Die Polizei jedenfalls weist diese auch am Donnerstagmorgen allein dem Veranstalter zu „Wir haben das Menschenmögliche gemacht als Polizei, dass diese Veranstaltung durchgeführt werden kann“, betont Ruf. Man könne aber „hundertprozentige Sicherheit nie herstellen“.
„Eras“-Tour von Taylor Swift soll am 15. August in London weitergehen
Besorgt ist man in Österreich nun auch wegen möglicher Falschinformationen und Kampagnen in den sozialen Medien – diese hatten in England nach einem Messer-Attentat mit drei toten Jugendlichen in den vergangenen Tagen zu massiven Ausschreitungen rechtsextremer Gewalttäter geführt. Umso wichtiger ist der Polizei zu betonen, dass es sich bei den beiden Festgenommenen um Österreicher handelt.
Für die hunderttausenden Swift-Fans in Wien bleibt indes die Hoffnung, dass die Konzerttermine in den kommenden Tagen doch noch nachgeholt werden könnten. Die Chancen dafür dürften ob des Termin-Plans der „Eras“-Tour allerdings gering sein: Schon am 15. August soll Swift im Londoner Wembley-Stadium auftreten. (mit dpa)
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