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Tankrabatt: Habeck will Kartellrecht verschärfen

Spritpreise

Habeck droht den Ölkonzernen wegen zu hoher Preise

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    Wirtschaftsminister Robert Habeck will den von Finanzminister Christian Lindner erdachten Tankrabatt zum Erfolg machen.
    Wirtschaftsminister Robert Habeck will den von Finanzminister Christian Lindner erdachten Tankrabatt zum Erfolg machen. Foto: Michael Kappeler, dpa

    Robert Habeck ist nie ein Freund des Tankrabatts gewesen. Der Bundeswirtschaftsminister hat geahnt, dass es so kommen würde, wie es gekommen ist. Die Senkung der Energiesteuer erreicht die Auto- und Lkw-Fahrer nur zum Teil. Eigentlich müsste der Liter Benzin um 35 Cent billiger werden, der Liter Diesel um 17 Cent. Doch zwei Wochen nach dem Start des Tankrabatts ist es nur die Hälfte, wie an den Zapfsäulen zu beobachten ist. Im Schnitt pendelt der Preis um die Marke von 2 Euro je Liter Treibstoff und nicht deutlich darunter, wie es eigentlich sein sollte. Der Tankrabatt war nicht Habecks Idee, sondern eine von Finanzminister Christian Lindner.

    Ironischerweise holt jetzt der Grünen-Wirtschaftsminister die Kohlen für den Finanzminister von der FDP aus dem Feuer. „Wenn eine nicht so gute Idee schlecht läuft, dann muss man natürlich trotzdem helfen“, sagte Habeck am Montag im Deutschlandfunk. Sein Instrument ist das Kartellrecht. „Wir machen ein Kartellrecht mit Klauen und Zähnen“, kündigte der Minister an. Es ist die zweite Drohung, die der Minister an die Ölkonzerne richtet. Schon vor der Einführung des Rabatts hatte Habeck die Multis vor seinen Wettbewerbshütern des Kartellamts gewarnt. Doch die scharfe Mahnung verpuffte.

    Kritik am Tankrabatt: Habeck will Kartellrecht verschärfen

    Jetzt setzt Habeck nach, selbst wenn die Klauen und Zähne juristisch erst zupacken können, wenn der Bundestag die Reform des Wettbewerbsrechts beschlossen hat. Wenn es so weit ist, ist der dreimonatige Tankrabatt schon längst ausgelaufen. Der Kartellrechtsexperte Rupprecht Podszun glaubt dennoch, dass das Schwingen der rhetorischen Keule funktionieren könnte. „Das funktioniert nach dem Motto, wenn ihr jetzt schön brav seid, dann werden wir vielleicht auf die größte Härte verzichten“, sagte der Rechtsprofessor von der Universität Düsseldorf unserer Redaktion.

    Habeck will im Kartellrecht eine Beweislastumkehr einführen. Wenn sie verankert wird, müssten Unternehmen in beherrschten Märkten mit wenigen Wettbewerbern dem Kartellamt nachweisen, dass sie keine überhöhten Preise nehmen. Bisher ist das andersherum und für die Beamten äußerst mühselig. Der Wirtschaftsminister malt sogar die Zerschlagung von Konzernen an die Wand, um den Druck hochzuhalten. Kartell-Kenner Podszun setzt ein Fragezeichen dahinter: „Die Zerschlagung von Unternehmen ist juristisch extrem schwierig und es gibt kaum Fälle, in denen in Deutschland rechtliche Grundsätze dafür entwickelt wurden.“ Er erwartet daher, dass das Instrument nur sehr selten gegen Firmen eingesetzt wird, wenn überhaupt. Denkbare Sektoren sind für Podszun die Internetwirtschaft, Wohnen und eben die Welt der Öl-Multis.

    Bisher landet nur die Hälfte des Tankrabatts bei den Autofahrern

    Denn wenn bisher nur eine Hälfte des Tankrabatts bei den Kunden landet, dann drängt es sich auf, dass die andere von Tankstellen und Mineralölwirtschaft aufgezehrt wird. Das kann, muss aber nicht das Ausnutzen einer guten Gelegenheit sein. Denkbar ist, dass der Anstieg des Ölpreises Benzin und Diesel treibt, oder dass Treibstoffe nicht mehr so einfach zu beziehen sind, weil zum Beispiel Russland als ein großer Lieferant von Diesel ausfällt.

    Das Geschäft mit dem schwarzen Gold beherrschen weltweit nur wenige Große. „Die Unternehmen werden in der Öffentlichkeit vorverurteilt, dass sie sich missbräuchlich verhalten. Dabei ist die Preisbildung nicht so simpel, es fließen viele Faktoren ein“, sagte der ehemalige Chef der Monopolkommission, Achim Wambach, unserer Redaktion. Der Wirtschaftsprofessor des Mannheimer Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) kennt sich mit Märkten aus, auf denen es wenig Wettbewerb gibt. „Ich könnte jetzt nicht vorschnell sagen, dass die Unternehmen Staat und Autofahrer ausnutzen.“

    Auch die Opposition hält die Reform für sinnvoll

    Wambach hält es gleichwohl für angezeigt, dass das Kartellamt mehr Rechte erhalten und tief in die Bücher der Firmen blicken können soll, um Einkaufs- und Verkaufspreise zu prüfen. „Die Vorschläge Habecks für eine stärkere Sektorkontrolle und höhere Bußgelder sind sinnvoll“, meint der Ökonom.

    Diese Einschätzung wird nicht nur in der Koalition, sondern sogar von der Opposition geteilt, was die Chancen für die Reform deutlich erhöht. "Wirtschaftsminister Habeck ist jetzt grundsätzlich auf dem richtigen Weg“, sagte Unions-Fraktionsvize Mathias Middelberg unserer Redaktion. Das Kartellrecht sei das Mittel der Wahl, um den Wettbewerb durchzusetzen.

    Und der Kanzler? Zeigt sich zufrieden, dass seine beiden wichtigen Minister Habeck und Lindner einander aus der Patsche helfen. Die verschiedenen Vorschläge würden zwischen Ministerien und Kanzleramt diskutiert „und dann wird man zu einer guten Lösung kommen“, sagte der stellvertretende Regierungssprecher Wolfgang Büchner. Zuletzt hatte es im Ampel-Bündnis ziemlich gerumpelt. Ohne den Tankrabatt, ließ Olaf Scholz mitteilen, wären die Preise an den Zapfsäulen noch höher.

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