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Syrien-Strategie: Überdenkt Europa seine Position zu Syriens Machthaber Assad?

Syrien-Strategie

Überdenkt Europa seine Position zu Syriens Machthaber Assad?

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    Bejubelt und gefürchtet: Der syrische Präsident Assad hat Millionen Menschen in die Flucht getrieben, auch Richtung Europa.
    Bejubelt und gefürchtet: Der syrische Präsident Assad hat Millionen Menschen in die Flucht getrieben, auch Richtung Europa. Foto: Marwan Naamani, dpa

    30 Monate ist es her, dass der Konflikt in Syrien letztmals auf der Agenda der EU-Außenminister stand. Nun wurde er unter „Sonstiges” geführt. Es handelt sich um den vergessenen Bürgerkrieg, der weiter schwelt im Nahen Osten und „mit 13,8 Millionen Binnenvertriebenen und Flüchtlingen nach wie vor die Ursache der größten Vertreibungskrise der Welt“ sei, wie Österreichs Chefdiplomat Alexander Schallenberg vor dem Start des Treffens der 27 Außenminister in Brüssel sagte.

    Österreichs Außenminister Schallenberg fordert „realistische“ Syrien-Strategie

    Weil die Auswirkungen weiterhin in Europa zu spüren sind, forderten er und sieben Amtskollegen, unter anderem Italiens Außenminister Antonio Tajani, an diesem Montag eine Wiederannäherung der EU an Syriens Machthaber Baschar al-Assad – „mehr EU-Realismus in der Syrienpolitik“, wie sie es in einem gemeinsamen Schreiben an den noch amtierenden EU-Außenbeauftragten Josep Borrell nannten. Bahnt sich hier eine grundsätzliche Wende in der gemeinsamen europäischen Außenpolitik an?

    Zu den Unterzeichnern gehörten auch Kroatien, Zypern, Griechenland, Tschechien, Slowenien und die Slowakei. Schallenberg verlangte, die Syrien-Politik „auf Herz und Nieren zu überprüfen – ohne Scheuklappen und ohne Denkverbote“. Als Ziel beschrieben die acht Außenminister „eine realistische, proaktive und wirksame Syrien-Politik, um den politischen Einfluss der EU zu stärken, die Wirksamkeit der humanitären Hilfe zu erhöhen und Migranten in sichere Regionen Syriens zurückzuführen“.

    Würde ein Kurswechsel die Zahl der illegalen Migranten senken und Rückführungen von Syrern erleichtern? Hinter den Kulissen schüttelten etliche EU-Diplomaten nur den Kopf und warnten vor „einer schleichenden Normalisierung ohne Zugeständnisse“ vonseiten Assads. Offenbar lehnt der Großteil den Vorstoß von Österreich, Italien und Co. ab.

    Der Diktator Assad hat - mit militärischer Unterstützung Russlands und des Irans - seine Gegner mit brutalen Methoden, darunter dem Einsatz von Chemiewaffen, weitgehend unterdrückt, die Zahl der Opfer in der Zivilbevölkerung ist immens. Laut des UN-Kinderhilfswerks Unicef sind rund 15,3 Millionen Menschen, darunter mehr als sieben Millionen Kinder, auf humanitäre Hilfe angewiesen. Hinzu kommen Millionen Menschen, die vertrieben wurden oder vor der Gewalt geflohen sind.

    2011 hat die EU ihre Beziehungen zum Assad-Regime abgebrochen

    Bereits 2011 hatte die Europäische Union die offiziellen Beziehungen zu Damaskus abgebrochen und seitdem mehrfach Sanktionen gegen das Assad-Regime verhängt. 2017 einigten sich die Mitgliedstaaten auf eine Syrien-Strategie, die letztlich auf einen politischen Übergang abzielt. Nun aber, so argumentieren die acht Regierungsvertreter, habe die Stabilisierung des Konflikts sowie Russlands Invasion in der Ukraine und die Bemühungen arabischer Staaten, die Beziehungen zum Assad-Regime zu normalisieren, die Dynamik verändert.

    „Nach dreizehn Jahren müssen wir uns als EU eingestehen, dass unsere Syrien-Politik nicht gut gealtert ist“, sagte Österreichs Außenminister Schallenberg am Montag. „So bitter es ist: Das Regime von Machthaber Assad sitzt fest im Sattel – auch mithilfe des Iran und Russlands.“ Hinzu komme, dass die syrische Opposition „zersplittert, inexistent oder im Exil“ sei.

    In dem Brief schlug die Gruppe darüber hinaus die Einsetzung eines EU-Syrien-Beauftragten vor, der den Kontakt mit Syriens Botschafter in Brüssel wiederaufnehmen und sowohl mit syrischen als auch regionalen Akteuren in Verbindung treten soll.

    Daneben ging es bei der letzten Zusammenkunft der Außenministerinnen und Außenminister vor der Sommerpause auch um die weitere Unterstützung der Ukraine und die, unter anderem von der Deutschen Annalena Baerbock als „Egotrips“ bezeichneten, Alleingänge des ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán.

    Außerdem diskutierten die Außenminister die dramatische Lage im Gaza-Streifen. „Solange der Krieg andauert, besteht die Gefahr, dass er auf die Region überschwappt“, warnte Borrell. „Wir sind mit einer katastrophalen Situation konfrontiert.“

    Bundesaußenministerin Baerbock (Grüne) verwies auf das am Freitag veröffentlichte Gutachten des Internationalen Gerichtshofes (IGH) in Den Haag, nach dem heißt es, Israels Besatzung der palästinensischen Gebiete sei illegal und müsse so schnell wie möglich beendet werden.

    Selbst wenn es nicht bindend sei, „wäre die israelische Regierung gut beraten, dieses Gutachten ernst zu nehmen“, sagte Baerbock. Sie bezeichnete den Text als „wegweisend“. Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hatte den Vorwurf des IGH bereits zurückgewiesen

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