Angesichts der sich verschärfenden Klimakrise wollen die Amazonas-Anrainerstaaten in Südamerika beim Umweltschutz künftig enger zusammenarbeiten. Erstmals seit 14 Jahren kamen die Staats- und Regierungschefs der Amazonasländer in Brasilien wieder zu einem Gipfeltreffen zusammen.
"Es war nie dringender als jetzt, diese Zusammenarbeit wieder aufzunehmen und auszubauen", sagte der brasilianische Präsident Luiz Inácio Lula da Silva zu Beginn der Konferenz der Organisation der Kooperation im Amazonasgebiet (OTCA) in Belém.
Neben dem Gastgeber waren auch Kolumbiens Präsident Gustavo Petro, die peruanische Staatschefin Dina Boluarte, der bolivianische Präsident Luis Arce und Guyanas Premierminister Mark Phillips in die Amazonas-Metropole gekommen.
Ziel des Treffens sei es, den Umweltschutz mit einer nachhaltigen wirtschaftlichen Entwicklung und der Schaffung von Arbeitsplätzen in Einklang zu bringen, sagte Lula. "Ein Amazonasgebiet mit grüneren Städten, sauberer Luft, Flüssen ohne Quecksilber und gesundem Wald. Ein Amazonasgebiet mit Essen auf dem Tisch, menschenwürdiger Arbeit und öffentlichen Dienstleistungen, die allen zur Verfügung stehen. Ein Amazonasgebiet mit gesünderen Kindern, willkommenen Migranten, respektierten indigenen Völkern und hoffnungsvolleren jungen Menschen. Das ist unser amazonischer Traum."
Ölförderung im Amazonasgebiet ist umstritten
Allerdings birgt Lulas Vorstellung von der wirtschaftlichen Entwicklung der Region auch Konfliktpotenzial. Umstritten ist vor allem die Ölförderung im Amazonasgebiet und in der Nähe der Amazonasmündung. Während der brasilianische Präsident der Förderung von Öl in der Region durchaus offen gegenübersteht, spricht sich der kolumbianische Staatschef Petro für eine Drosselung der Ausbeutung fossiler Brennstoffe aus.
Bei dem Amazonas-Gipfel wollten sich die Vertreter von Brasilien, Bolivien, Ecuador, Guyana, Kolumbien, Peru, Suriname und Venezuela außerdem auf eine gemeinsame Position für die UN-Klimakonferenz COP28 in Dubai Ende des Jahres einigen. In Belém findet 2025 dann die Weltklimakonferenz COP30 statt.
Kritik nach Gipfel: Keine kursändernden Maßnahmen
In der Abschlusserklärung von Belém wurde unter anderem die Gründung einer Amazonas-Allianz zur Bekämpfung der Abholzung, ein gemeinsames Luftverkehrskontrollsystem gegen das organisierte Verbrechen und eine bessere Zusammenarbeit im Bereich der Wissenschaft, Finanzen und Menschenrechte vereinbart. Kritiker bemängelten allerdings das Fehlen verbindlicher Ziele. "Der Gipfel hat die richtigen Themen angesprochen, aber nicht das geliefert, was die Gesellschaft, der Privatsektor und die Wissenschaft erwarten: eine Reihe konkreter kurz- und mittelfristiger Maßnahmen, die den Kurs ändern können", sagte Marcelo Furtado von der Koalition für Klima, Wälder und Landwirtschaft dem Nachrichtenportal G1.
Auch die Umweltorganisation WWF zeigte sich enttäuscht von dem Ergebnis des Gipfels. "Die Amazonas-Anrainerstaaten haben definitiv eine Chance vertan", sagte der für Südamerika zuständige Programmleiter des WWF, Roberto Maldonado, im Interview des Fernsehsenders phoenix. Er kritisierte, dass in der Abschlusserklärung keine klaren Vorgaben gemacht wurden, wie die Abholzung reduziert oder ganz gestoppt werden kann. "Wenn die Ziele dem einzelnen Land überlassen werden, was ja grundsätzlich okay ist, aber diese Ziele nicht genannt werden, werden wir nicht wirklich einen Fortschritt haben", sagte Maldonado.
Der Amazonas-Regenwald gilt als CO2-Speicher und hat eine wichtige Funktion im internationalen Kampf gegen den Klimawandel. Vor Beginn des Gipfels forderten Vertreter der indigenen Gemeinschaften einen besseren Schutz ihrer Landrechte und eine stärkere Beteiligung. "Das Amazonasgebiet ist die Heimat von Millionen Menschen, darunter indigene Völker, Bewohner der Flussufer und traditionelle Gemeinschaften", sagte Lula. "Unsere Regierung setzt sich für den Schutz der Umwelt ein und arbeitet mit anderen Ländern zusammen, um den illegalen Bergbau, den Drogenhandel und die Verschmutzung unserer Gewässer durch Quecksilber zu bekämpfen."
Härteres Vorgehen gegen Abholzung
Nachdem in der Amtszeit des rechten brasilianischen Präsidenten Jair Bolsonaro (2019-2022) Abholzungen und Brandrodungen stark zugenommen hatten, kündigte Staatschef Lula bei seinem Amtsantritt Anfang des Jahres an, den Umwelt- und Klimaschutz wieder zu stärken. In jüngster Zeit ging die Polizei mit Großeinsätzen gegen Holzfäller, Farmer und illegale Goldsucher vor. In Belém bekräftigte Lula sein Versprechen, bis 2030 die Abholzung des Regenwaldes in Brasilien vollständig zu stoppen.
Zuletzt ging die Abholzung im brasilianischen Amazonasgebiet bereits deutlich zurück. Im Juli sank die Entwaldung nach vorläufigen Daten um 66 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat. Im Zeitraum zwischen August 2022 und Juli 2023 wurde im brasilianischen Amazonasgebiet eine Fläche von 7952 Quadratkilometern abgeholzt. Das war der niedrigste Wert seit vier Jahren.
(dpa)