Angesichts von Plänen für den Bau eines grenznahen Schweizer Atomendlagers pocht die deutsche Seite auf weitreichende Mitsprache. Das Thema Sicherheit müsse bei dem Riesenvorhaben absolute Priorität haben, forderte Landesumweltministerin Thekla Walker anlässlich einer öffentlichen Informationsveranstaltung in Waldshut-Tiengen. «Kosten dürfen hier keine Rolle spielen», fügte die Grünenpolitikerin hinzu.
Auch der Präsident des Berliner Bundesamts für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung, Christian Kühn, und der Freiburger Regierungspräsident Carsten Gabbert drangen auf Sicherheit bei dem Projekt.
Die zuständige Behörde in der Schweiz hatte im vergangenen Monat die Genehmigungsunterlagen für ein Atommüll-Lager in Nördlich Lägern im Kanton Zürich und eine Verpackungsanlage beim bestehenden Zwischenlager Würenlingen im Kanton Aargau eingereicht.
Nur zwei Kilometer von Baden-Württemberg entfernt
Der Standort für das Tiefenlager für die radioaktiven Abfälle der Schweiz liege nur rund zwei Kilometer Luftlinie von Baden-Württemberg entfernt, sagte Walker. «Wenn hier der geologisch sicherste Endlagerstandort ist, akzeptieren wir das.»
Politische Entscheidung wird dauern
Bis zu einer politischen Entscheidung in der Schweiz wird es allerdings noch lange dauern. Nach Angaben der Nationalen Genossenschaft für die Lagerung radioaktiver Abfälle (Nagra) dürfte das Schweizer Parlament im Jahr 2030 entscheiden, ein Jahr später sei dann eine Volksabstimmung möglich. Atommüll entsteht der Nagra zufolge vor allem in Atomkraftwerken sowie in der Medizin, Industrie und Forschung.
Wie Behördenchef Kühn mitteilte, vertritt sein Berliner Amt deutsche Interessen bei der Standortauswahl. «In der Entsorgung nuklearer Abfälle hat Sicherheit überragende Bedeutung für Mensch und Umwelt - das gilt dies- und jenseits des Rheins», erklärte Kühn seiner Behörde zufolge. Deutschland hat noch nicht über ein Endlager entschieden.
Ministerin: Kein Unterschied bei Abgeltungen
Walker sagte, man sei dauerhaft mit den Behörden in der Schweiz in Kontakt. Ziel sei, Bevölkerung und Umwelt zu schützen. Bei den Gesprächen über Abgeltungen dürfte es keinen Unterschied machen, ob eine Schweizer oder eine deutsche Gemeinde vom Endlager betroffen sei.
Regierungspräsident: Kein normales Infrastrukturprojekt
«Ein Tiefenlager für atomaren Abfall in unmittelbarer Grenznähe ist kein normales Infrastrukturprojekt», sagte Regierungspräsident Gabbert, wie seine Behörde berichtete.
Bei dem Vorhaben sei die gesamte Grenzregion betroffen: «Deshalb haben wir auch die berechtigten Interessen der Menschen in der gesamten Region im Blick und setzen uns dafür ein, dass ihre Belange bei allen Fragen rund um das Tiefenlager berücksichtigt werden», sagte Gabbert.
Behörde: Deutschland hat Möglichkeiten
Wie das Berliner Amt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung versicherte, eröffnen gesetzliche Regelungen in der Schweiz der deutschen Seite Möglichkeiten der Mitsprache, die weit über internationale Gepflogenheiten hinausgehen. Deutschland werde wie die betroffenen Kantone in der Schweiz behandelt.
Bei den Etappen des Schweizer Auswahlverfahrens können sich demnach Bürger beteiligen. Ein grenzüberschreitendes Stellungnahmeverfahren in der laufenden Etappe werde es voraussichtlich 2028 geben, teilte das Berliner Bundesamt mit.
Mit den sogenannten Rahmenbewilligungsgesuchen, die eingereicht wurden, beginne in der Schweiz das fachliche Überprüfen der Vorschläge. Das werde mehrere Jahre lang dauern. Die Gesuche umfassen dem Berliner Amt zufolge rund 30.000 Seiten.
Bei einer Bürgerversammlung in der deutschen Grenzgemeinde Hohentengen im Kreis Waldshut war das Schweizer Vorhaben im September 2022 auf deutliche Kritik gestoßen.
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