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Ständige Impfkommission: Impfkommission steht vor einem personellen Umbruch

Ständige Impfkommission

Impfkommission steht vor einem personellen Umbruch

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    Thomas Mertens war jahrelang Vorsitzender der Stiko.
    Thomas Mertens war jahrelang Vorsitzender der Stiko. Foto: David Young, dpa

    Es gab in der Corona-Pandemie Zeiten, da waren Mitteilungen der Ständigen Impfkommission (Stiko) Pflichtlektüre. Wie kann ich mich vor dem Virus schützen? Für wen ist eine Impfung sinnvoll? Solche und ähnliche Fragen wurden von der Stiko regelmäßig beantwortet. Die Arbeit des bis zu 18 Mitglieder zählenden Gremiums war nie unumstritten, gleichwohl sammelten die Expertinnen und Experten einen an Detailwissen reichen Erfahrungsschatz an. Geht es nach Plänen von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach dürfte dieser Schatz zu großen Teilen verschwinden. Der SPD-Politiker will die Tätigkeit der ehrenamtlichen Stiko-Mitglieder auf drei Amtsperioden begrenzen. Für ein Dutzend von ihnen wäre damit Schluss. 

    Eines der bekanntesten Stiko-Gesichter ist Thomas Mertens. Der Wissenschaftler mit dem markanten Vollbart war seit 2004 Stiko-Mitglied, seit 2017 Vorsitzender. Anfang November, erklärt der Virologe auf Anfrage, fand die letzte Sitzung der alten Kommission statt. Die Mitglieder seien kurz vorher über die Neuerung informiert worden. Mertens zufolge wären dadurch zwölf von ihnen nicht mehr in die Stiko berufbar. 

    Kritik an Gesundheitsminister Karl Lauterbach

    Dabei gibt es gerade mehr als genug zu tun. Minister Lauterbach betonte bereits im September: „Die Pandemie ist vorbei, das Virus bleibt.“ Der Minister erwähnte in diesem Zusammenhang ausdrücklich die Impfempfehlungen der Stiko. Deren Mitglieder können begonnene Projekte gleichwohl mehrheitlich nicht mehr abarbeiten. 

    Zwölf bis 18 Mitglieder kann die Stiko haben. Sie werden vom Bundesgesundheitsministerium in Abstimmung mit den obersten Landesgesundheitsbehörden grundsätzlich alle drei Jahre neu berufen. Zuletzt gab es wegen der Pandemie eine Verlängerung um ein Jahr, drei Amtsperioden summieren sich damit auf zehn Jahre. Die Mitglieder arbeiten ehrenamtlich, die Geschäftsführung liegt beim Robert-Koch-Institut

    Üblicherweise wäre die Berufung der Kommission in diesen Wochen erfolgt. So war es in der jahrzehntelangen Geschichte der Stiko meist üblich. Doch Lauterbachs Pläne bringen einiges durcheinander, auch die traditionell im März stattfindende konstituierende Sitzung mit der Wahl des oder der Vorsitzenden ist möglicherweise in Gefahr. Denn neue Mitglieder hat Lauterbach noch nicht berufen. Fest steht nur, dass Mertens kein weiteres Mal Vorsitzender wird. Er hatte bereits frühzeitig erklärt, nicht mehr antreten zu wollen. 

    Kopfschütteln über Gesundheitsminister Karl Lauterbach

    In Stiko-Kreisen sorgt Lauterbachs Vorgehen für Kopfschütteln. Die Mitglieder seien erst wenige Tage vor ihrer November-Sitzung über die Pläne des Ministers informiert worden – Lauterbach habe eine Mitarbeiterin gebeten, die Stiko-Mitglieder anzurufen. Einige waren erreichbar, andere nicht. Der Kommission gehören Expertinnen und Experten aus unterschiedlichen Disziplinen der Wissenschaft und Forschung, aus dem Bereich des öffentlichen Gesundheitsdienstes und der niedergelassenen Ärzteschaft an. Sie haben viele andere Aufgaben, kamen vor allem auf dem Höhepunkt der Pandemie trotzdem oft zusammen. Von Stillosigkeit ist da mit Blick auf Lauterbach die Rede. Gleichzeitig wird in der Stiko darauf verwiesen, dass zeitliche Befristungen in Expertenkommissionen national wie international durchaus üblich sind. Mit der Rotation soll mitunter neues, aktuelles Wissen in die Kommissionen gebracht werden.

    Das Ministerium weiß die Arbeit der Impfkommission offiziell sehr zu schätzen. „Die Stiko hat insbesondere im Rahmen der Pandemie Höchstleistungen vollbracht. Sie arbeitet national und international auf hohem Niveau“, erklärte Lauterbachs Sprecher Hanno Kautz auf Anfrage und ergänzte: „Das Bundesgesundheitsministerium dankt insbesondere Professor Mertens stellvertretend für die gesamte Stiko für die hervorragende Arbeit.“

    Wie es jetzt weitergeht? „Die Neuberufung der Stiko wird aktuell durch das Bundesgesundheitsministerium vorbereitet; turnusmäßig läuft der aktuelle Berufungszeitraum im Februar 2024 aus“, erklärte Kautz. An den Grundprinzipien – also der Anbindung der Kommission ans Robert-Koch-Institut, der Unabhängigkeit von politischer Einflussnahme sowie der Ausübung der Tätigkeit im Ehrenamt – werde im Rahmen der Neuberufung 2024 festgehalten.

    Bis die Neuen einen ähnlichen Wissensschatz aufgebaut haben wie ihre Vorgängerinnen und Vorgänger, dürfte es wohl deutlich länger dauern. 

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