Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur staatlichen Teilfinanzierung der Parteien dringen deren Schatzmeister auf eine Änderung des Parteiengesetzes.
Ziel ist es, die 2018 vom Bundestag beschlossene und vor kurzem vom Verfassungsgericht verworfene Erhöhung der absoluten Obergrenze für die jährlichen Zuwendungen um 25 Millionen Euro ganz oder teilweise zu retten. Das geht aus einem gemeinsamen Brief der für die Parteifinanzen Verantwortlichen von SPD, CDU, CSU, Grünen, FDP und Linken an Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) hervor. Er liegt der Deutschen Presse-Agentur in Berlin vor.
Der Bundestag hatte seinerzeit die Erhöhung mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen von CDU/CSU und SPD beschlossen. Sie begründeten dies damit, dass die Parteien erhebliche finanzielle Mehraufwendungen für die Digitalisierung und die Mitgliederbeteiligung hätten. 216 Abgeordnete von Grünen, Linkspartei und FDP klagten dagegen.
Jetzt unterzeichneten auch deren Bundesschatzmeister das Schreiben an Bas, in dem es heißt, dass "nachvollziehbare finanzielle Mehrbedarfe" in den Bereichen Digitalisierung und Partizipation bestünden. "Das entspricht unserer täglichen Erfahrung als Schatzmeisterinnen und Schatzmeister."
Einschneidende Veränderungen anerkannt
Die Schatzmeister wiesen darauf hin, dass das höchste deutsche Gericht in seinem Urteil vom 24. Januar 2023 die Digitalisierung und die verstärkte Mitgliederbeteiligung als einschneidende Veränderungen anerkannt habe, die grundsätzlich eine Anhebung der absoluten Obergrenze rechtfertigen könnten. Es habe die Nichtigkeit der Erhöhung mit der mangelhaften Gesetzesbegründung begründet. "Wir sehen im Urteil einen klaren Auftrag an den Gesetzgeber, das Parteiengesetz nachzubessern."
Anspruch auf Mittel vom Staat haben im wesentlichen alle Parteien, die bei der jeweils letzten Europa- oder Bundestagswahl mindestens 0,5 Prozent oder bei einer der jeweils letzten Landtagswahlen mindestens 1,0 Prozent der abgegebenen gültigen Stimmen für ihre Listen erreicht haben. Bis zu einer Gesamtzahl von vier Millionen Stimmen bekommt eine Partei einen Betrag von 1,00 Euro je Stimme, für darüber hinaus erzielte Stimmen 0,83 Euro je Stimme.
Und für jeden Euro, den eine Partei über Mitgliedsbeiträge, Mandatsträgerbeiträge oder Spenden von natürlichen Personen erhalten hat, bekommt sie jährlich 0,45 Euro vom Staat. Insgesamt dürfen die staatlichen Mittel nicht höher sein als die von der Partei selbst erwirtschafteten Einnahmen des Vorjahres.
Zudem ist gesetzlich eine absolute Obergrenze festgelegt, die mit der Erhöhung um 25 Millionen Euro 2018 auf seinerzeit 190 Millionen Euro pro Jahr stieg. Karlsruhe nannte dies verfassungswidrig. Vor allem habe der Gesetzgeber die Höhe der Anhebung nicht ausreichend begründet, erklärte die Vizepräsidentin des Gerichts, Doris König.
100 Millionen Euro zu viel gezahlt
Im April teilte Bundestagspräsidentin Bas dann mit: "Nach umfassender Prüfung der Sach- und Rechtslage, insbesondere der Frage eines möglichen Vertrauensschutzes, beabsichtige ich, die zu viel gezahlten Gelder von allen Parteien in voller Höhe zurückzufordern."
Die Schatzmeister und Schatzmeisterinnen wollen diese Rückzahlungen offenbar zeitlich möglichst strecken. Sie schrieben Bas, sie respektierten selbstverständlich ihre Rechtsauffassung, wollten aber in der angebotenen Anhörung ihre Sicht darlegen. "Vor allem geht es uns darum, die möglichen Konsequenzen für die Funktionsfähigkeit von Parteien aufzuzeigen, die u.a. auch vom zeitlichen Rahmen der Rückzahlungen abhängt."
Laut Bundestagsverwaltung geht es um einen Gesamtbetrag von knapp 100 Millionen Euro. Betroffen seien nicht nur die um Bundestag vertretenen Parteien, sondern alle, die für die Jahre 2018 bis 2021 staatliche Mittel erhalten hätten.
(Von Ulrich Steinkohl, dpa)