Das Drama um den Etat ist für die drei Ampel-Parteien versöhnlich geendet. Knapp drei Wochen nach dem Jahreswechsel haben die Chefhaushälter der drei Bundestagsfraktionen das Budget für 2024 fertig. Elf Monate lang hatten sich vor allem FDP und Grüne beharkt, die SPD stand als Mittlerin dazwischen.
Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) und Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) schrieben sich unfreundliche Briefe, die grüne Familienministerin Lisa Paus blockierte ein Entlastungspaket Lindners, und im November erschütterten die Verfassungsrichter mit ihrem Urteil zu den Staatsfinanzen die Planungen des Regierungsbündnisses. „Aus Sicht des Bundeskanzlers war das ein sehr guter Tag“, ließ Olaf Scholz (SPD) über seinen stellvertretenden Regierungssprecher mitteilen.
Kein Beifall für die Koalition, sondern lauter Protest
Seine Koalition hat sich im Streit um das Geld zusammengerauft. Doch mit dem Schlussakt im Parlament und der Vorstellung des Zahlenwerks in der Bundespressekonferenz am Freitag fällt der Vorhang nicht. Es ertönt auch kein Applaus, sondern ein für die Ampelkoalition unerfreulicher Schlussakt schließt sich an. Auf den Straßen des Landes hupen Traktoren, Lkw und Lokomotiven den Frust von Bauern, Spediteuren und Eisenbahnern hinaus.
Bauernpräsident Joachim Rukwied bekräftigt bei der Eröffnung der Grünen Woche am Freitag in Berlin, dass er in den nächsten Tagen weitere Nadelstiche in ganz Deutschland setzen wird. Auch die Fuhrunternehmer stehen bereit, die Masse und Breite ihrer Zugmaschinen einzusetzen, um SPD, Grüne und FDP unter Druck zu setzen.
Der Wutwinter, dem Deutschland nach dem Preisschock für Energie nach dem Angriff auf die Ukraine entging, trifft das Land ein Jahr später. Dabei, so betonte es der FDP-Chefhaushälter Otto Fricke, müssen die Bauern als Phalanx der Protestierenden in diesem Jahr keine steuerlichen Mehrbelastungen verkraften. Die Befreiung von der Kfz-Steuer für landwirtschaftliche Fahrzeuge bleibt, die geplante Abschmelzung der Zuschüsse für Agrardiesel greift erst 2025.
Die Landwirte sehen ihre Chance: Erhalten sie Einnahmen aus einer Tierwohlabgabe?
Das gibt den Landwirten allerdings die Möglichkeit, bei der Ampelkoalition einzuhaken. SPD, Grüne und FDP haben bereits zugesagt, mit ihnen über finanzielle Verbesserungen zu verhandeln. Im Gespräch ist die Einführung einer Tierwohlabgabe auf Fleisch, Wurst und Milchprodukte, die die Verbraucher bezahlen müssten. Mit den Einnahmen soll der Umbau der Ställe bezahlt werden, damit Kühe und Schweine mehr Platz haben.
Andere Wirtschaftszweige treffen die geplanten Kürzungen schneller, zum Beispiel die Spediteure, die mehr für Diesel und Maut bezahlen müssen, aber denen die Förderung für Elektro-Lkw zusammengestrichen wurde. Bis auf ein kleines Zugeständnis betrifft das auch die privaten Güterbahnen. Und die Gastronomen können nicht damit rechnen, dass die Mehrwertsteuer auf Speisen wieder auf den ermäßigten Satz von sieben Prozent gesenkt wird. Für die Ampel könnten die nächsten Wochen ungemütlich werden. Das erhöht den Druck auf die in der Wählergunst stark gefallenen Parteien. Die Demos des Verdrusses genießen breiten Rückhalt in der Bevölkerung.
Weniger fürchten als den Zorn der Straßen müssen die Koalitionäre eine weitere Niederlage vor dem Bundesverfassungsgericht. CDU-Chefhaushälter Christian Haase kündigte lediglich eine Prüfung durch die eigenen Verfassungsexperten an, blies aber nicht zum juristischen Angriff. Der Ampel half, dass im alten Jahr sechs Milliarden Euro in der Bundeskasse verblieben, die nicht ausgeben wurden. Damit konnten SPD, Grüne und FDP vermeiden, den Wiederaufbau des 2021 überfluteten Ahrtals über Kredit zu finanzieren. Die für 2024 vorgesehenen 2,7 Milliarden Euro kommen jetzt aus dem regulären Budget.
Eine Milliarde für bezahlbare Wohnungen, Zoff um das Kindergeld
Der überraschende Schatzfund ist sogar wertvoll genug, um der SPD noch eine Milliarde für ihr staatliches Wohnungsbauprogramm zu finanzieren. „Wir wollen ausschließlich Wohnungen des unteren und mittleren Preissegments fördern“, sagte Bauministerin Klara Geywitz (SPD). Ihr Haus wird die Kriterien entwickeln, wie das Geld verbaut werden soll.
Zum Wesen des Regierungsbündnisses gehört, dass an der mühsam erkämpften Einigkeit nicht nur die Unzufriedenheit einzelner Berufsgruppen nagt, sondern unmittelbar nach ihrer Herstellung ein neuer Zoff aufbricht. Dieses Mal geht es um den Kinderfreibetrag bei der Steuer, den der FDP-Finanzminister nach oben setzen will. Davon würden vor allem Gutverdiener profitieren. Die SPD forderte umgehend, dass dann gefälligst auch das Kindergeld aufgestockt werden müsse. Das Finanzministerium reagierte postwendend und erklärte, dass das Kindergeld zuletzt zu stark angehoben worden sei. Die Ampel bleibt sich auch im neuen Jahr treu.