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Staatsfinanzen: Bundeshaushalt: Noch eben ein paar Milliarden auftreiben

Staatsfinanzen

Bundeshaushalt: Noch eben ein paar Milliarden auftreiben

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    In der entscheidenden Haushaltswoche sitzen die Kassenwarte der Fraktionen bis weit in die Nacht zusammen.
    In der entscheidenden Haushaltswoche sitzen die Kassenwarte der Fraktionen bis weit in die Nacht zusammen. Foto: Philipp Znidar, dpa (Archivbild)

    Die drei Chefhaushälter von SPD, Grünen und FDP stellen die Tage Fotos aus dem leeren Bundestag in die sozialen Netzwerke. Zu später Stunde hocken Dennis Rohde (SPD), Sven-Christian Kindler (Grüne) und Otto Fricke (FDP) beieinander, um den Haushalt für das kommende Jahr auf die letzte Nachkommastelle festzulegen. Ihre Referenten haben ungesundes Knabberzeug herangeschafft, um über die Nacht zu kommen. Die anderen Abgeordneten und Mitarbeiter des Parlamentes haben sich da längst in den Feierabend aufgemacht. Am Donnerstag wird auf der Bereinigungssitzung der Sack zugemacht. Tatsächlich verabschiedet wird das Zahlenwerk dann erst Anfang Dezember im Plenum des Bundestages, allerdings ohne große Änderungen. Die Aufgabe für die Herren des Geldes ist dieses Jahr knifflig, weil rasch noch mehrere Milliarden aufgetrieben werden müssen. Zum Unbill der Koalition werden die Verfassungsrichter am Mittwoch ein wegweisendes Urteil zu den Staatsfinanzen verkünden.

    Über was entscheidet das Bundesverfassungsgericht?

    Die höchsten deutschen Richter urteilen über nicht weniger als 60 Milliarden Euro. Diese Summe aus nicht genutzten Kreditermächtigungen aus der Corona-Zeit hatte die Ampelkoalition vorsorglich in den Klima- und Transformationsfonds (KTF) verschoben, um daraus Klimaschutz zu finanzieren, zum Beispiel die Förderung von Wärmepumpen. Gegen dieses „Taschefüllen“ hatte die Unionsfraktion geklagt, sie sieht die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse durch diesen Buchungstrick verletzt. Gibt das Bundesverfassungsgericht der Klage statt, sind wichtige Ampelprojekte bedroht, eben zum Beispiel die Heizungsförderung oder die Übernahme der Ökostromumlage. Fehlten die 60 Milliarden, müsste die Ampel womöglich Geld aus dem regulären Etat aufwenden, um die Projekte zu finanzieren. Dafür gibt es aber kaum Spielraum, weil der Haushalt auf Kante genäht ist und Finanzminister Christian Lindner die Schuldenbremse einhalten will. 

    Das Bundesverfassungsgericht könnte den Haushalt für 2024 am Mittwoch gehörig durcheinanderwirbeln.
    Das Bundesverfassungsgericht könnte den Haushalt für 2024 am Mittwoch gehörig durcheinanderwirbeln. Foto: Uli Deck, dpa

    Wie steht es um den Etat?

    Nach den Jahren der Krisenbekämpfung (Corona, Energieschock) auf Pump mit Hunderten Milliarden Euro an neuen Verbindlichkeiten müssen die Minister des Ampelkabinetts sparen. SPD und Grüne würden gerne weiter Schulden machen, doch Finanzminister Lindner pocht mit Rückendeckung von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) auf Sparsamkeit. Trotz der Auslagerung wichtiger Aufgaben, wie die Ertüchtigung der Bundeswehr und den Kampf gegen die Erderwärmung, in Schattenhaushalte ist das Budget für 2024 angespannt. In den vergangenen Wochen sind noch vier Kostenblöcke aufgetaucht, die die Haushälter der Koalition in Zugzwang bringen. Das ist erstens der höhere Zuschuss an die Bundesländer für die Unterbringung von Flüchtlingen in Höhe von 1,25 Milliarden Euro, die Senkung der Stromsteuer für die Industrie kostet 2,75 Milliarden Euro und das Bürgergeld (bislang Hartz-IV) wird zwei Milliarden teurer. Außerdem soll die Ukraine-Hilfe um vier Milliarden Euro aufgestockt werden. „Es zeigt sich, der Etatentwurf war schöngerechnet. Man darf gespannt sein, welchen Verschiebebahnhof die Ampelkoalition in der Schlussrunde der Haushaltsberatungen in Gang setzt, um weiter die Einhaltung der Schuldenbremse vorzutäuschen“, sagte der Chefhaushälter der CSU, Sebastian Brehm, unserer Redaktion. Es sei an der Zeit, „dass sich die Ampel ehrlich macht und die Aufgaben priorisiert“. 

    Was passiert in der Nacht der langen Messer?

    Zum Schwur kommt es am Donnerstag in der sogenannten Bereinigungssitzung, auch „Nacht der langen Messer“ genannt. Der Haushaltsausschuss berät dann über den Haushaltsentwurf und legt letzte Details fest. Seine Mitglieder bekämpfen sich zwar nicht bis aufs Blut, es geht aber immer hoch her. Der Ausschuss nimmt sich jedes Ministerium einzeln vor und versucht, die meist teuren Wünsche mit der finanziellen Realität in Einklang zu bringen. Die Chefinnen und Chefs der Ressorts sind gebeten, sich währenddessen in Reichweite aufhalten, damit sie zu einzelnen Etatposten befragt werden können. Bei den regelmäßig bis in die frühen Morgenstunden andauernden Sitzungen kann das schon mal zu Frust führen, legendär ist ein Auftritt des damaligen Verkehrsministers Peter Ramsauer beim Etat 2010. Der CSU-Politiker soll sich seine Wartezeit in der Bar des Adlon vertrieben haben. Als er vor den Ausschuss trat, wurde es launig, wie der Spiegel berichtete. Auf die Frage eines SPD-Haushälters, wie Ramsauer denn die Kürzungen beim sogenannten kombinierten Verkehr einschätze, entgegnete er demnach doppeldeutig: „Kombinierter Verkehr? Das ist ganz mein Ding!“

    Was halten Ökonomen vom Sparkurs?

    Eine Mehrheit unter renommierten deutschen Ökonomen hält die Schuldenbremse mittlerweile für einen Fehler. Der Grund: Die Verfassungsregel bremst aus ihrer Sicht Investitionen in wichtige Zukunftsthemen, wie Bildung, den Klimaschutz und funktionstüchtige Straßen und Schienen. Ihre Idee: Investitionen sollten von der Vorschrift ausgenommen werden, weil sie zukünftiges Wirtschaftswachstum schaffen. Der Direktor des gewerkschaftsnahen Instituts für Makroökonomie Konjunkturforschung, Sebastian Dullien, plädiert dafür, die Schuldenbremse 2024 noch einmal auszusetzen, weil die Notsituation des Angriffs Russlands auf die Ukraine noch nicht überstanden sei. Im Grundgesetz ist ein Abweichen von der Regel in schweren Ausnahmesituationen ausdrücklich vorgesehen. Wann genau solch eine Situation vorliegt, ist in der Verfassung aber nicht genau definiert.

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