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Ukraine: Waffenlieferungen: SPD, Grüne und FDP attackieren Union

Ukraine

Waffenlieferungen: SPD, Grüne und FDP attackieren Union

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    Ein Kampfpanzer der Bundeswehr vom Typ Leopard 2A6.
    Ein Kampfpanzer der Bundeswehr vom Typ Leopard 2A6.

    Im Streit über die Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine haben sich Spitzenpolitiker von SPD, FDP und Grünen trotz andauernder Differenzen in der Sache bemüht, den Eindruck eines Zerwürfnisses der Ampel-Koalition zu zerstreuen.

    SPD-Chef Lars Klingbeil, der FDP-Vorsitzende Christian Lindner und der als klarer Befürworter geltende Grünen-Politiker Anton Hofreiter warfen der Union parteitaktische Spielchen vor, weil sie Waffenlieferungen notfalls mit einem Antrag im Bundestag erzwingen will. Unionsfraktionschef Friedrich Merz (CDU) forderte von Kanzler Olaf Scholz (SPD) eine Regierungserklärung zu seinem Russland-Kurs.

    Scholz hatte es im "Spiegel" als oberste Priorität bezeichnet, ein Übergreifen des Krieges auf die Nato zu vermeiden. "Es darf keinen Atomkrieg geben", sagte er. "Ich tue alles, um eine Eskalation zu verhindern, die zu einem dritten Weltkrieg führt." Mit Blick auf die Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine wird darüber diskutiert, ob Nato-Länder deswegen von Russland als Kriegspartei wahrgenommen werden könnten.

    Merz fordert Regierungserklärung

    Merz, der auch CDU-Chef ist, sagte beim Wahlkampfauftakt der nordrhein-westfälischen CDU zur Landtagswahl in drei Wochen, Scholz müsse in einer Regierungserklärung im Bundestag sagen, wie er die Lage einschätze und mit der Opposition über den Weg diskutieren. Tue er das nicht, habe die Unionsfraktion ihren Antrag zu Waffenlieferungen vorbereitet, um damit ihre Vorstellungen ins Parlament einzubringen. Es gebe im Bundestag bereits mit Union, FDP und Grünen eine Mehrheit für die Lieferung schwerer Waffen. "Wir haben eine überforderte Regierung", kritisierte Merz.

    Der SPD-Vorsitzende Klingbeil sagte der Deutschen Presse-Agentur: "Ich glaube, dass dieser Krawallkurs der Union schaden wird." Die suche ihre Rolle in der Opposition. "In der Ukraine herrscht Krieg, dort sterben Menschen. Diesen grausamen Krieg sollte man nicht für parteitaktische Spiele nutzen. Ich hoffe, diejenigen, die das auch so sehen, setzen sich in der Union durch."

    Lindner gibt Scholz Rückendeckung

    FDP-Chef Lindner sagte beim FDP-Parteitag in Berlin, zu dem er wegen einer Corona-Infektion aus Washington zugeschaltet wurde: "Der Bundeskanzler hat das Vertrauen der FDP und auch ihrer Fraktion im Deutschen Bundestag." Klar sei aber auch: "Die Ukraine benötigt militärische Hilfe und schwere Waffen." Der Union warf er ein "gefährliches Spiel" vor. "In Zeiten von Krieg in Europa habe ich für diese Form parteipolitischer Manöver keinerlei Verständnis."

    Am Abend forderte die FDP per Parteitagsbeschluss eine Lieferung schwerer Waffen aus Deutschland an die Ukraine. Das Land müsse bei der Abwehr des russischen Angriffskrieges schnell und wirksam unterstützt werden, hieß es in einem Antrag des Bundesvorstandes, der laut Parteitagspräsidium mit "überwältigender Mehrheit" beschlossen wurde. "Dazu gehören auch die Lieferung schwerer Waffen und die schnelle Bereitstellung von Rüstungsgütern durch die deutsche Industrie, für die Deutschland wie angekündigt die Finanzierung übernimmt", heißt es in dem Beschluss.

    Im Zusammenhang mit dem geplanten 100-Milliarden-Euro-Sondervermögen für die Bundeswehr kritisierte Lindner, Merz habe erklärt, dass man der Ampel-Koalition für die erforderliche Grundgesetzänderung keine Stimme mehr als nötig geben werde. "Was ist das mehr als reine parteipolitische Taktik in einer Frage dieser historischen Dimension", frage der FDP-Chef.

    Merz übte scharfe Kritik an Lindner. Die Union sei offen für das geplante Sondervermögen für die Aufrüstung der Bundeswehr. Aber das seien nichts anderes als neue Schulden. Er sei erstaunt, wie ein FDP-Finanzminister "ein Defizit nach dem anderen aufbaut und die höchsten Schulden macht, die es jemals in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland gegeben hat".

    Hofreiter: "Scholz ist Merkel sehr ähnlich"

    Der Grünen-Politiker und Chef des Europaausschusses im Bundestag, Hofreiter, warf Scholz in der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" erneut Zögerlichkeit vor. Zugleich verglich er dessen Stil mit dem von Scholz' Amtsvorgängerin Angela Merkel (CDU). "Scholz ist Merkel sehr ähnlich, das ist das Problem", sagte Hofreiter. Eine Gefahr für die Ampel-Koalition sieht er nach eigener Aussage aber nicht. "Ich sehe ein Ringen in der Koalition in einer äußerst schwierigen Lage um die richtigen Handlungen."

    Mit Blick auf den geplanten Unionsantrag sagte Hofreiter: "Ich halte überhaupt nichts davon, solche Sachen für kleinteilige parteipolitische Geländegewinne zu nutzen." Er resümierte: "Wir haben einen Kanzler, der im Moment zu zögerlich ist, und einen Oppositionsführer, der nicht die Interessen des Ganzen im Blick hat, sondern kleinteilige Politik. Beides ist ein Problem."

    Unterstützung für Strack-Zimmermann in der FDP

    Verteidigungspolitikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann bekam auf dem FDP-Bundesparteitag viel Unterstützung für ihre Forderung nach der Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine. Die FDP-Politikerin forderte,beherzt den weiteren Weg aufzuzeigen. Sie erhielt nach ihrer Rede am Samstag in Berlin langen Applaus der Delegierten, die sich dazu erhoben.

    "Wir alle innerhalb der Nato, in Europa, in Deutschland erleben jetzt und heute eine historische Zäsur einer machtloser werdenden UN und dem Ende einer regelbasierten Ordnung. Das ist eine historische Dimension, denn wenn Russland diesen Krieg gewinnt, diesen Vernichtungsfeldzug, so bedeutet das ein anderes Europa", warnte Strack-Zimmermann. Sie forderte, sich nicht zu verstecken oder von militärischen Eskalationszenarien beeinflussen zu lassen. Das Gebot der Stunde sei es, der Ukraine auch schwere Waffen zu liefern.

    "Deutschland sollte auch nicht ständig Signale wirtschaftlicher Verwundbarkeit nach Moskau senden. Die Zeit ist jetzt: nicht zaudern, nicht zu zögern, das ist das Gebot der Stunde", sagte Strack-Zimmermann. "Die Nachkriegszeit ist zu Ende. Unsere jahrzehntelange Gewissheit ist verschwunden. Es ist schlicht eine Überlebensfrage unserer Werte von Freiheit, Selbstbestimmung. Menschenwürde und Demokratie." Strack-Zimmermann forderte, ein deutliches Zeichen zu setzen. Sie rief: "Es lebe die Freiheit! Es lebe Europa! "Slawa Ukrajini!" (Ruhm der Ukraine!)."

    © dpa-infocom, dpa:220423-99-10724/8 (dpa)

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