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SPD: Ministerin Giffey bangt um ihre Karriere

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Ministerin Giffey bangt um ihre Karriere

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    In Erklärungsnot: Familienministerin Franziska Giffey.
    In Erklärungsnot: Familienministerin Franziska Giffey. Foto: Bernd von Jutrczenka, dpa

    Für eine Frau, deren politische Karriere auf dem Spiel steht, bleibt Franziska Giffey bemerkenswert ruhig. „Ich sehe der Sache gelassen entgegen“, sagt die Familienministerin. Dass die Freie Universität Berlin ihre Doktorarbeit ein zweites Mal überprüft und am Ende dieses Prozesses doch noch der Entzug des Titels stehen könnte, hat sie bislang nur mit diesem einen kurzen Satz kommentiert. Nachfragen zwecklos. Die 42-Jährige, die im nächsten Jahr Regierende Bürgermeisterin von Berlin werden will, blendet alle Störgeräusche aus. Als wäre nichts geschehen, hat sich sie sich erst in dieser Woche von ihrem Kreisverband in Neukölln als Kandidatin für die Wahl zum Abgeordnetenhaus nominieren lassen.

    Dabei hat Franziska Giffey die Latte selbst ziemlich hochgelegt. Sollte ihr der Doktortitel entzogen werden, hat sie bereits zu Beginn des ersten Verfahrens gesagt, werde sie als Ministerin zurücktreten. Dass sie die Berliner SPD dann trotzdem als Spitzenkandidatin in die Wahl führen könnte, gilt in der Partei als unwahrscheinlich – schließlich war es gerade ihre zupackende, pragmatische Art, die die Tochter eines Kfz-Mechanikers und einer Buchhalterin in der SPD populär gemacht hat. Sogar als Bundesvorsitzende wurde sie nach dem Rücktritt von Andrea Nahles schon gehandelt. Ob sie Ambitionen hatte? Unklar. Damals lief gerade die erste Überprüfung ihrer Dissertation – nicht die besten Voraussetzungen für eine Kandidatur um den Parteivorsitz, auch wenn sie selbst stets beteuerte, sie habe die Arbeit „nach bestem Wissen und Gewissen“ verfasst.

    Fall Giffey wird noch einmal aufgerollt

    Am Ende belässt es die Universität bei einer Rüge, die jetzt allerdings wieder in Zweifel steht. Nach einem Gutachten des Rechtsprofessors Ulrich Battis hat sich die Hochschule entschieden, den Fall Giffey noch einmal aufzurollen. Grob vereinfacht geht es um die Frage, ob es sich bei den Zitierfehlern in der Promotion mit dem sperrigen Titel „Europas Weg zum Bürger – die Politik der Europäischen Kommission zur Beteiligung der Zivilgesellschaft“ um minderschwere Verfehlungen handelt, für die eine Rüge ausreichen würde, oder doch um ein größeres Plagiat, das eine Aberkennung des Titels nach sich zöge. Beauftragt hat Battis die Hochschule selbst – offenbar ist sie sich ihrer Sache nicht mehr so sicher. Sie hat die Rüge zurückgezogen und will noch einmal neu entscheiden. In einem ähnlichen Fall hatte die Universität Bonn bei der FDP-Frau Margarita Mathiopoulos zunächst keinen Anlass für den Entzug des Titels gesehen, um ihn ihr mehr als 20 Jahre später doch noch abzuerkennen.

    Für Franziska Giffey kommt die neuerliche Überprüfung zur denkbar ungünstigsten Zeit. Die frühere Bezirksbürgermeisterin von Neukölln, ein politisches Ziehkind des legendären Heinz Buschkowsky, ist das neue, zuversichtliche Gesicht der Berliner SPD. Mit dem amtierenden Bürgermeister Michael Müller an der Spitze ist die in den Umfragen immer weiter zurückgefallen und liegt mit Werten zwischen 15 und 18 Prozent nur noch auf Rang drei. Die Gefahr, das Rote Rathaus an die Grünen oder an die CDU zu verlieren, ist groß.

    Franziska Giffey: „Heute Sonntagsbacken“

    Ende des Monates wollen Giffey und der Fraktionsvorsitzende Raed Saleh deshalb den glücklosen Müller als Tandem an der Spitze der Landes-SPD ablösen. Anschließend sollte die Bundesfamilienministerin dann ins Rennen um den Posten des Regierenden Bürgermeisters gehen. Andere ähnlich aussichtsreiche Kandidaten hat die Partei nicht, weder Innensenator Andreas Geisel noch Finanzsenator Matthias Kollatz traut sie die Spitzenkandidatur zu – weshalb in Teilen der SPD bereits eine ebenso schnelle wie radikale Lösung diskutiert wird: Wäre es nicht viel klüger, fragen die ersten Genossen, Franziska Giffey würde von sich auf ihren Doktortitel verzichten? Das Verfahren an der Universität liefe dann zwar trotzdem weiter, läge aber nicht mehr wie eine Hypothek auf ihrem Wahlkampf.

    Die Frau, um die es geht, schweigt auch dazu, als wäre (noch) nichts geschehen. Am Wochenende stellte Franziska Giffey ein Foto mit einem Backblech aus ihrer Küche ins Internet: „Heute Sonntagsbacken: die ersten Lebkuchen in diesem Jahr. Verzierung folgt.“

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