Nach dem Haushaltskompromiss wälzt die Bundesregierung die Kosten für mehr Klimaschutz zunehmend auf die Bürgerinnen und Bürger ab. In einer Blitzaktion stoppte die Ampelkoalition aus SPD, Grünen und FDP am Samstag frühzeitig die Förderung für Elektroautos. Die Sperre trat bereits mit Ablauf des Adventssonntages in Kraft. Der sogenannte Umweltbonus ist damit Geschichte. Kritik daran gibt es aus der SPD-Fraktion und sogar aus den Reihen der Grünen. „Das abrupte Aus für die E-Auto-Förderung macht sicher keinen guten Eindruck“, sagt der Grünen-Politiker Anton Hofreiter unserer Redaktion. Schuld daran seien am Ende aber „die haushaltspolitischen Entscheidungen von Kanzler Scholz“.
Das Aus für die E-Auto-Prämie kam in dürren Worten daher. Es sei beschlossen worden, die Förderung durch den Umweltbonus zeitnah zu beenden, so die Mitteilung des Wirtschaftsministeriums von Robert Habeck (Grüne). „Mit Ablauf des 17. Dezember 2023 können daher keine neuen Anträge mehr für den Umweltbonus beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) gestellt werden.“ Die Folgen sind gravierend. Noch am Sonntag versuchten Autofahrerinnen und Autofahrer, ihr E-Auto bei extra geöffneten Stellen zuzulassen, um in den Genuss der staatlichen Prämie von 4500 Euro zu kommen. Das Bundeswirtschaftsministerium sprach von einer „misslichen Situation“. Vorliegende Anträge würden „in der Reihenfolge ihres Eingangs weiterbearbeitet und, sofern die Fördervoraussetzungen vorliegen, bewilligt“, teilte Habecks Ministerium mit.
Verliert der Hochlauf der E-Mobilität 2024 nun den Schwung?
Der Umweltbonus wäre spätestens Ende nächsten Jahres zwar ohnehin ausgelaufen. Der abrupte Stopp ist jedoch dazu geeignet, das Vertrauen in die Förderzusagen der Regierung weiter zu untergraben. Erst zuletzt wurde beispielsweise das Förderprogramm "Klimafreundlicher Neubau" eingestellt. Der Grund auch hier: ausgeschöpfte Mittel.
Die Regierung vollzieht mit dem Förderstopp eine klimapolitische Kehrtwende. Noch im August hatte es geheißen, man wolle mit einer stärker auf den Klimaschutz ausgerichteten Förderung „der Elektromobilität weiteren Schub verleihen“. Dieser Schwung dürfte nun ausbleiben. Auto-Experte Ferdinand Dudenhöffer etwa rechnet damit, dass kommendes Jahr bis zu 200.000 E-Autos weniger verkauft werden. „Wenn die Förderungen jetzt schon zurückgeführt werden, wird der Markthochlauf 2024 nicht so funktionieren wie gedacht“, sagt auch Stefan Bratzel, Direktor des Center of Automotive Management. Gerade 2024 sei ein Übergangsjahr bei der Verkehrswende. Der Anschaffungspreis von E-Autos im Vergleich zu Verbrennern sei noch immer enorm. "Wenn man die Förderung nun abschafft, ist der Abstand für die Kunden, die auf das Preis-Leistungs-Verhältnis achten müssen, einfach zu hoch.
Wer aus Klimaschutz- und Kostengründen auf ein E-Auto gesetzt hatte und nun beim Verbrenner bleibt, wird zudem nun gleich doppelt bestraft: Denn der Bundestag hat mit den Stimmen der Ampel bereits eine Erhöhung des CO₂-Preises beschlossen - Tanken und Heizen wird dadurch teurer. Dazu kommt die zuletzt entschiedene Streichung des Zuschusses für die Übertragungsnetzentgelte. Auch dies dürfte zu steigenden Stromrechnungen für private Haushalte und die Industrie führen.
Die Regierung macht das gut einen Monat alte Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu den Staatsfinanzen für die Entwicklung verantwortlich. Karlsruhe hatte den 60 Milliarden Euro schweren Klima- und Transformationsfonds (KTF) für nichtig erklärt, aus dem die E-Auto-Förderung bezahlt werden sollte. Um die Lücke im KTF ein wenig kleiner zu machen, hat die Ampel eine schnellere Erhöhung des CO₂-Preises beschlossen. Bereits zum Jahreswechsel steigt er von 30 auf 45 Euro und wird die Stromrechnungen privater Haushalte in die Höhe treiben. Die Erhöhung wäre, wenn auch weniger stark, ohnehin gekommen. Das Problem: Ursprünglich war geplant, die staatlichen Einnahmen aus CO₂-Preisen über ein Klimageld als Entlastung an alle Bürgerinnen und Bürger weiterzugeben. Besonders profitiert hätten diejenigen, die besonders umweltschonend leben. Diesen zweiten Teil des Plans will die Ampel nun offenbar nicht umsetzen.
CDU-Klimaexperte Andreas Jung: "Basar zum Stopfen von Haushaltslöchern"
Der stellvertretende CDU-Vorsitzende Andreas Jung wirft der Regierung daher vor, aus der CO₂-Bepreisung „einen Basar zum Stopfen von Haushaltslöchern“ zu machen. Sie gefährde so die Akzeptanz dieses wichtigen Klimainstruments. Der ursprüngliche CO₂-Pfad sei mit der Botschaft verbunden gewesen: „Klimaschutz lohnt sich auch im Geldbeutel, Einnahmen werden zurückgegeben“, so der Klimaexperte der CDU/CSU-Fraktion. Damit sei es nun vorbei. Die Ampel werde schätzungsweise vier Milliarden Euro Mehreinnahmen haben, „eine zusätzliche Rückgabe ist nicht vorgesehen“, kritisierte der CDU-Politiker. Grünen-Mann Hofreiter kontert. Natürlich sei das Klimageld zur sozialen Abfederung höherer Preise für Tanken und Heizen sinnvoll. „Doch dann dürfen wir uns nicht mit der Schuldenbremse in ein haushaltspolitisches Korsett zwängen.“