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Soziales: Eine Reform mit Tücken

Soziales

Eine Reform mit Tücken

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    Ursula von der Leyen möchte die Lebensleistungsrente auf den Weg bringen.
    Ursula von der Leyen möchte die Lebensleistungsrente auf den Weg bringen. Foto: Maurizio Gambarini dpa

    Berlin Auch diesmal steckt der Teufel im Detail. Menschen, die ein Leben lang für wenig Geld arbeiten, die Kinder großziehen, Angehörige pflegen oder nach einer Krankheit erwerbsunfähig werden, sollen es als Rentner besser haben als diejenigen, die sich auf den Sozialstaat verlassen – darüber waren sich Union und FDP bei ihrem Gipfel einig. Wie ihre neue „Lebensleistungsrente“ genau aussehen soll und wie hoch sie am Ende ausfallen wird, müssen die Koalitionäre allerdings noch klären.

    Konkret vereinbart haben die Partei- und Fraktionsvorsitzenden nur zweierlei: Anspruch auf die neue Leistung sollen lediglich Versicherte haben, die mindestens 40 Jahre in die gesetzliche Rentenkasse eingezahlt und dazu auch privat vorgesorgt haben. Damit sie im Alter etwas mehr Geld zur Verfügung haben als die staatliche Grundsicherung, eine Art Sozialhilfe für Rentner, werden die Beitragszeiten aus der Kindererziehung, der Pflege von Angehörigen oder der Erwerbsminderung für diese Geringverdiener künftig stärker gewichtet als bei Normalverdienern.

    Zahlen sorgen in der Koalition für Gesprächsstoff

    Nach Berechnungen von Sozialministerin Ursula von der Leyen werden im nächsten Jahr so 20000 Menschen in Deutschland die Bedingungen für die Lebensleistungsrente erfüllen, im Jahr 2014 sind es dann 60000 und im Jahr 2030 bereits 1,1 Millionen.

    Dass jeder von ihnen am Ende zwischen 830 und 850 Euro im Monat zur Verfügung haben wird, wie die Ministerin suggeriert, hat nach dem Burgfrieden vom Sonntag allerdings schon wieder für nervöse Unruhe in der Koalition gesorgt. „Ich hätte keine Zahl genannt“, sagt Gerda Hasselfeldt, die Landesgruppenchefin der CSU. Über die neue Leistung, ahnt sie, werde es „noch viele Diskussionen geben“.

    Das Konstrukt der Lebensleistungsrente ist noch nicht ausgereift

    Die Berechnungsmethode ist kompliziert, die staatliche Grundsicherung von Ort zu Ort unterschiedlich hoch und die Gefahr des Missbrauchs auch noch nicht ganz gebannt. Eine Zahnarztgattin, die einmal pro Woche in der Praxis ihres Mannes mitgeholfen hat, könnte theoretisch ja auch die Kriterien für die Lebensleistungsrente erfüllen: niedrige Rente, 40 Versicherungsjahre, private Vorsorge. Sie aber gehört aus naheliegenden Gründen nicht zur Zielgruppe der Sozialministerin.

    Unabhängig von den höheren Renten für Geringverdiener muss Ursula von der Leyen noch ein weiteres, nicht minder brisantes Rentenproblem lösen: Mütter, deren Kinder nach dem 1. Januar 1992 geboren worden sind, erhalten für jedes Kind drei Jahre Erziehungszeit gutgeschrieben – für früher geborene Kinder erkennt die Rentenversicherung bisher nur ein Jahr an. Dass ihre Mütter häufig nur eine Mini-Rente bekommen, sei ungerecht, sagt die Ministerin. „Im Alltag dieser Frauen gab es keine Kindergartenplätze und keine Ganztagsschulen. Beruf und Kindererziehung zu vereinbaren, war enorm hart.“

    Union und FDP prüfen finanziellen Spielraum

    Da das Ausweiten der Drei-Jahres-Regel auf alle „Altfälle“ Milliarden kosten würde, diskutieren Union und FDP nun eine abgespeckte Lösung: Danach sollen nur die Mütter, die vor 1992 drei oder mehr Kinder zur Welt gebracht haben, in den Genuss der großzügigeren Neuregelung kommen, die pro Kind und Monat etwa 27 Euro mehr Rente ausmacht. Beschlossen allerdings ist auch das noch nicht. Im Protokoll des Koalitionsausschusses heißt es nur lapidar, die Regierung werde nun prüfen, ob es finanzielle Spielräume gibt. Wie beim Betreuungsgeld will die CSU allerdings auch hier nicht lockerlassen: „Dieser Auftrag“, sagt Gerda Hasselfeldt, „bleibt auf der Tagesordnung.“

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