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Soziales: Beiträge sollen steigen: Vor Krankenkassen klafft ein Milliardenloch

Soziales

Beiträge sollen steigen: Vor Krankenkassen klafft ein Milliardenloch

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    Große Reserven haben die gesetzlichen Krankenkassen nicht mehr.
    Große Reserven haben die gesetzlichen Krankenkassen nicht mehr. Foto: dpa

    Große Reserven haben die gesetzlichen Krankenkassen nicht mehr. Im Jahr 2018 deckten sie mit mehr als 21 Milliarden Euro noch den Bedarf für einen Monat - inzwischen ist dieses Polster jedoch auf etwas mehr als elf Milliarden zusammengeschmolzen. Bei einem drohenden Defizit von bis zu sieben Milliarden Euro im kommenden Jahr war es daher nur noch eine Frage der Zeit, bis Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) Beitragserhöhungen ankündigen würde. Nach ersten Berechnungen der Kassen dürften sie ohne Sparmaßnahmen zur Reduzierung der Ausgaben zwischen 0,2 und 0,4 Prozentpunkte betragen - bei einem Bruttoverdienst von 3000 Euro wären das umgerechnet Mehrkosten von sechs bis zwölf Euro im Monat, die sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer teilen. 

    Lindner will Steuerzuschuss nicht anheben

    Finanzminister Christian Lindner (FDP) habe klargemacht, dass die Steuerzuschüsse für die knapp 100 gesetzlichen Krankenkassen von gut 14 Milliarden Euro im Jahr nicht erhöht werden könnten, betonte Lauterbach gegenüber dem Redaktionsnetzwerk . Da es mit ihm aber keine Leistungskürzungen geben werde, müsse der Beitragssatz leicht steigen. Im Moment liegt er bei 14,6 Prozent, dazu kommen noch die sogenannten Zusatzbeiträge, die von Kasse zu Kasse unterschiedlich hoch sind und heute im Schnitt bei etwa 1,6 Prozentpunkten liegen. Eine Erhöhung der sogenannten Beitragsbemessungsgrenze von gegenwärtig knapp 60.000 Euro brutto im Jahr, bis zu der Versicherte und ihre Arbeitgeber Kassenbeiträge abführen müssen, lehnt Lauterbach ab. Zwar gibt es in der SPD und bei den Grünen jede Menge Befürworter einer solchen Maßnahme, in ihrem Koalitionsvertrag aber haben die Ampelparteien einen solchen Schritt auf Druck der FDP ausgeschlossen. Auch er hätte kein Problem mit einer höheren Bemessungsgrenze, sagt Lauterbach. "Aber ich halte mich an Abmachungen." 

    Dass die Lücke zwischen Einnahmen und Ausgaben nicht noch größer wird, verdanken die gesetzlichen Krankenkassen vor allem der unverändert guten Beschäftigungslage und den hohen Tarifabschlüssen. Allerdings könnten auch kontinuierlich steigende Einnahmen auf lange Sicht keine Beitragserhöhungen vermeiden, warnt Doris Pfeiffer, die Vorstandsvorsitzende des Spitzenverbandes der gesetzlichen Krankenkassen. "Die Beitragserhöhungsspirale muss durchbrochen werden." Versorgungsstrukturen müssten dazu reformiert, Über-, Unter- und Fehlversorgungen abgebaut werden. Dass dies leicht gesagt, aber schwer getan ist, zeigt der heftige Streit zwischen Bund und Ländern, den Lauterbach mit seinen Plänen für eine Krankenhausreform ausgelöst hat. Auch weitere Einschnitte zulasten der Pharmaindustrie oder Honorarkürzungen für Ärzte und Zahnärzte lehnt der Minister ab.

    FDP-Fraktionsvize Christoph Meyer dagegen kritisierte, in einer wirtschaftlich schwierigen Zeit dürfe die Politik Menschen und Betrieben nicht noch Mehrbelastungen aufbürden. Der Gesundheitsminister müsse durch strukturelle Reformen bei den Krankenversicherungen und Leistungen sowie mit mehr Digitalisierung höhere Beiträge vermeiden. "Das ist seine Aufgabe."

    Fahrtkosten machen bereits mehr als acht Milliarden Euro aus

    Im vergangenen Jahr sind die Ausgaben der gesetzlichen Krankenkassen für medizinische Leistungen um 3,8 Prozent auf 274 Milliarden Euro gestiegen, knapp ein Drittel davon entfiel allein auf Behandlungen im Krankenhaus. Am stärksten gestiegen sind mit 10,5 Prozent die Fahrtkosten für Patienten, die inzwischen mehr als acht Milliarden Euro betragen. Insgesamt sind in den gesetzlichen Kassen in Deutschland rund 74 Millionen Menschen versichert, davon 16 Millionen beitragsfrei als Ehepartner oder Kinder. 

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