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Sommerpressekonferenz Olaf Scholz: Finanzskandal unangenehmes Thema

Sommer-Pressekonferenz

Erste Sommerpressekonferenz von Scholz: Merkel vergessen machen

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    Bundeskanzler Olaf Scholz (M, SPD) spricht in der Bundespressekonferenz über Themen der Innen-und Außenpolitik.
    Bundeskanzler Olaf Scholz (M, SPD) spricht in der Bundespressekonferenz über Themen der Innen-und Außenpolitik. Foto: Kay Nietfeld, dpa

    Man muss so eine Frage nicht stellen, kann es nach 16 Jahren Angela Merkel aber durchaus tun. Ob er, mitten in all den Krisen, seine Vorgängerin vermisse, wird Olaf Scholz gefragt. Der amtierende Regierungschef überlegt kurz, grinst, sagt dann: „Ich telefoniere gerne mit ihr. Aber ich bin jetzt auch gerne Bundeskanzler. Falls das die Frage war.“ Das war in der Tat die Frage, sie ist natürlich darauf angelegt, den SPD-Politiker aufs Glatteis zu führen. Doch Scholz umschifft die Klippe, wie es ihm in den gut 105 Minuten vorher auch gelungen ist, in kein Fettnäpfchen zu treten. Bei seiner ersten Sommerpressekonferenz vor der Hauptstadtpresse präsentiert sich der Kanzler gelassen und sattelfest.

    Merkel hatte die Sommerinterviews begründet. Einmal im Jahr, kurz vor oder nach ihrem Urlaub, stellte sich die CDU-Politikerin auf Einladung der Bundespressekonferenz den Fragen der Journalistinnen und Journalisten. Scholz hatte kaum eine andere Wahl, als diese zur Tradition erhobene Übung fortzusetzen. Hätte er es nicht getan, wäre ihm Feigheit vorgeworfen worden.

    Sommerpressekonferenz: Nach Corona fragt den Kanzler kaum jemand

    Sprengstoffspürhunde haben bereits alles abgesucht, Personenschützer flankieren Scholz - dunkler Anzug, weißes Hemd, keine Krawatte -, als er am Donnerstagvormittag in den großen Saal mit der blauen Wand schreitet. Der Kanzler erweckt dabei nicht den Eindruck, dass er nur widerwillig gekommen sei. Er lässt das Blitzlichtgewitter der Fotografinnen und Fotografen sowie die Fragen der rund 200 Medienleute über sich ergehen.

     Nicht jeder und jede kommt dran, die Frage zu einer etwaigen Sehnsucht nach Merkel hat es als letzte gerade noch so geschafft. Die Corona-Pandemie nimmt praktisch keinen Raum ein. Die meisten Fragen werden zum Ukraine-Krieg, zu Russland und zur Energiekrise gestellt, und Scholz macht das, was er gerne tut: sich als denjenigen zu präsentieren, der es schon weit vor allen anderen gewusst hat.

    Kanzler Olaf Scholz (SPD)
    Kanzler Olaf Scholz (SPD) Foto: Kay Nietfeld, dpa

    Er habe, sagt Scholz, bereits im Dezember 2021 kurz nach seinem Einzug ins Kanzleramt im Wirtschaftsministerium nachgefragt, was eigentlich passiere, „wenn uns plötzlich kein Gas mehr geliefert wird“. Sein Eindruck damals: Das habe bis dahin noch niemand gefragt. Schon da begann sie also, die „intensive Vorbereitung auf die Situation, die uns jetzt bevorsteht“. Angeschoben von Scholz und nicht etwa von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne), der in der Beliebtheitsskala ein gutes Stück vor ihm rangiert.

    Botschaft von Bundeskanzler Scholz: Will niemanden allein lassen

    Im Gegensatz zu Habeck will Scholz nicht nur den Mahner geben, der mit meist sorgenvollem Gesicht auf all die Widrigkeiten verweist, die den Bürgerinnen und Bürgern bevorstehen. Sein Urlaub sei erholsam gewesen, sagt Scholz, und wünscht das auch allen anderen. „You‘ll Never Walk Alone“, verspricht der SPD-Politiker erneut.

    Dass ein deutscher Regierungschef auf ein Lied aus England zurückgreift, um seine Politik zu erklären, ist zwar nach wie vor merkwürdig. Aber die Botschaft ist trotzdem klar: „Wir haben ernste Zeiten, die uns noch viel abverlangen werden, was den Winter und das nächste Jahr betrifft“, mahnt Scholz und verspricht gleichzeitig, dass niemand in diesen schweren Zeiten allein gelassen wird.

    "Wir werden alles dafür tun, dass die Bürgerinnen und Bürger durch diese schwierige Zeit kommen": Bundeskanzler Olaf Scholz.
    "Wir werden alles dafür tun, dass die Bürgerinnen und Bürger durch diese schwierige Zeit kommen": Bundeskanzler Olaf Scholz. Foto: Wolfgang Kumm, dpa

    Für den Sozialdemokraten ist der Respekt voreinander die große Klammer, die alles zusammenhalten muss. Dafür stand er im Wahlkampf, dafür kämpft er seit einiger Zeit, gerade weil „dieser Respekt der Gesellschaft nach meinem Gefühl abhandengekommen ist“. Und weil er für Respekt sorgen werde – in Form von weiteren Entlastungen, aber auch durch längst geplante Vorhaben wie den Mindestlohn – werde es eben nicht zu sozialen Unruhen in Deutschland kommen, meint der Kanzler. „Die Bürgerinnen und Bürger sind schlau, die machen sich nichts vor“, ist sich der 64-Jährige sicher, dass niemand wegen der Krise rechten Rattenfängern in die Arme laufen wird.

    Finanzskandel ist ein heikles Thema: Was ist mit dem Geld von Kahrs?

    Ungeduld zeigt Scholz nur, als es um den Hamburger Finanzskandal geht. Als ihm die Frage gestellt wird, was er über die mehr als 200.000 Euro im Schließfach seines Parteifreundes Johannes Kahrs wisse, grinst der ehemalige Hamburger Bürgermeister noch. „Nichts“, sagt er, ist dann von weiteren Nachfragen zu den Cum-Ex-Vorgängen und zur Warburg Bank doch zunehmend angefasst.

    Einfluss habe er keinen genommen, sagt Scholz und weist mehrfach darauf hin, dass die nunmehr zweieinhalb Jahre andauernden Nachforschungen nichts Gegenteiliges erbracht hätten. Der Kanzler ignoriert dabei natürlich, dass das viele Geld im Kahrs-Schließfach erst durch die Ermittlungen entdeckt wurde. Aber Fragen danach werden ihm nächste Woche sicherlich im Untersuchungsausschuss der Hansestadt gestellt.

    Mit der Koalition hält es Scholz wie mit der Krise: Alles nicht so einfach, aber machbar. „All diese Dinge kommen, die wir uns vorgenommen haben“, verspricht er. Das wird ihm zufolge und Stand heute alles bezahlbar sein, ohne dass die Schuldenbremse gelockert werden muss. SPD, Grüne und FDP sind demnach im nächsten Jahr noch zusammen und Scholz könnte seine zweite Sommerpressekonferenz abhalten. Zu Merkel wird er dann wohl nicht mehr gefragt werden.

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