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Söder verzichtet: Ist Merz der Kanzler, den Deutschland braucht?

Kommentar

Jetzt muss Söder beweisen, dass er wirklich dazu gelernt hat

Peter Müller
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    Markus Söder zieht zurück und überlässt Friedrich Merz die Kanzlerkandidatur der Union.
    Markus Söder zieht zurück und überlässt Friedrich Merz die Kanzlerkandidatur der Union. Foto: Sven Hoppe, dpa

    Am Ende ging es dann ganz schnell. Ob es NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst am Montagabend war, der mit seiner Unterstützung für CDU-Parteichef Friedrich Merz als Kanzlerkandidaten eine eigene Dynamik in Gang setzte, oder, ob der Termin am Dienstag in der Bayerischen Vertretung von langer Hand geplant war – es spricht für Markus Söder, dass er nun nicht mehr länger taktiert, sondern sich in das Unvermeidliche fügt - CDU-Chef Friedrich Merz wird gemeinsamer Kanzlerkandidat der Union.

    Nach dieser Entscheidung über die Kandidatenfrage ist allerdings vor dem gemeinsamen Wahlkampf von CDU und CSU. „Ich habe ein Versprechen gegeben, dass sich 2021 nicht wiederholen wird“, beteuert Söder. Noch heute erinnern sich viele in der Union mit Schrecken daran, wie Söder 2021 Armin Laschets (schwache und fehlerhafte) Kampagne an jeder Ecke torpedierte, auch nachdem die Entscheidung zugunsten Laschets gefallen war. Die rasche Kandidatenkür jetzt lässt hoffen, dass Söder dazugelernt hat. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass, anders als 2021, dieses Mal aus der CDU kein noch so leiser Ruf nach dem Bayern zu vernehmen war. „Um es kurz zu machen. Friedrich Merz machts. Ich bin damit fein“, sagte Söder.

    Friedrich Merz machts. Ich bin damit fein

    Markus Söder, CSU-Parteivorsitzender

    Doch damit beginnen die Fragen erst. Natürlich, Merz ist ein Kandidat, den man gut vorzeigen kann. Er kennt sich in der Wirtschaft aus, hat, man könnte sagen, fast schon jahrzehntelang gezeigt, wie sehr er für das Amt des Kanzlers brennt. Vor allem aber ist es ihm das Kunststück gelungen, eine in Merkelianer und Merkel-Gegner zerfallene CDU hinter sich zu einen – und das mit einer Politik, die, etwa in der Flüchtlingsfrage, einen harten Bruch mit Angela Merkels Erbe vollzieht. Erwünschter Nebeneffekt: Merz räumt damit gleichzeitig einen der größten Streitpunkte mit der CSU beiseite, was ihm führende Christsoziale hoch anrechnen. Mit Blick auf die Migrationspolitik ist es also schon richtig, wenn Söder nun sagt: „Wir haben keinen Streit mehr“.

    Streit kann es bis zur Bundestagswahl 2025 noch genügend geben

    Allein – Streit könnte in den zwölf Monaten bis zur Bundestagswahl noch zuhauf folgen. Beispielsweise fehlte bei Söders Verzichtserklärung ein Hinweis auf die Partei, der er sonst bei jeder Gelegenheit einen öffentlichen Rüffel erteilt - die Grünen. Söder verteufelt die Öko-Partei wo es nur geht, vor allem aber schließt er jederlei Koalition mit Robert Habeck & Co. aus. Friedrich Merz hingegen zeigte sich da zuletzt deutlich flexibler, logisch, er muss nach der Bundestagswahl ja auch eine Koalition schmieden. Und ein Bündnis mit der seit 1998 (!), von einer kurzen Ausnahme abgesehen, an jeder Bundesregierung beteiligten SPD ist ganz bestimmt keine besonders verlockende Aussicht. Nicht umsonst betonen einflussreiche Christdemokraten Daniel Günther aus Schleswig-Holstein nach Söders Verzicht umgehend, wie erfolgreich sie mit den Grünen regieren.

    Merz kandidiert 2025 für die Union: Was hat Söder aus 2021 gelernt?

    Söder wird in den kommenden Monaten beweisen müssen, dass er wirklich aus 2021 gelernt hat, dass er die Füße stillhalten kann, wenn Umfragen belegen, dass Merz bei Frauen, bei jüngerem Publikum kaum ankommt, er wird sich jeden Kommentar verkneifen müssen, wenn Merz´ Wirken als Lobbyist für den Finanzriesen Blackrock genauer unter die Lupe genommen wird. Er sich jeder Häme enthalten müssen, wenn der Kandidat einmal mehr mit dem Versuch scheitert, mal locker rüberzukommen und bei normalen Menschen einen Witz zu landen.

    Wer Söder kennt, weiß, dass ihm so viel Zurückhaltung nicht in die Wiege gelegt wurde. Dieser Wahlkampf ist eine Charakterprüfung. Allerdings weniger für den Kanzlerkandidaten als für den Mann, der nun erstmal verzichtet hat.

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    1 Kommentar
    Günter Köhler

    Ein gelungener und trefflicher Kommentar, der die Dinge und die Lage offen, klar und schonungslos darlegt und sie beim Namen nennt. Dabei aber auch einen tiefen Blick in die Seele und den Gemütszustand von Markus Söder gewährt. Danke dafür Herr Müller.

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