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So hart wird die Reform des Bürgergeldes

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So hart wird die Reform des Bürgergeldes

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    Das Bürgergeld wird abgeschafft und durch eine neue Grundsicherung ersetzt
    Das Bürgergeld wird abgeschafft und durch eine neue Grundsicherung ersetzt Foto: Carsten Koall, dpa

    Arbeitslose, die in die neue Grundsicherung fallen, müssen ihr Erspartes künftig schneller angreifen und auch früher in eine günstigere Wohnung umziehen. Wie der CSU-Sozialexperte Stephan Stracke gegenüber unserer Redaktion bestätigte, soll mit der Abschaffung des Bürgergeldes auch die Karenzzeit von einem Jahr abgeschafft werden, in der die Arbeitsagenturen bei einem Bürgergeldempfänger bisher die Miete für die alte Wohnung weiterbezahlt und dessen Vermögen verschont haben. „Das ist Teil einer grundsätzlichen Neuausrichtung“, betonte der Allgäuer Abgeordnete im Gespräch mit unserer Redaktion.

    Gut zwei Jahre nach seiner Einführung ist das Bürgergeld bald wieder Geschichte. Union und SPD haben nicht nur dessen Abschaffung beschlossen: In der neuen Grundsicherung werden auch weitaus schärfere Regeln gelten. Sie fußt wieder stärker auf dem Prinzip des „Forderns und Förderns“, das die damalige rot-grüne Regierung vor mehr als 20 Jahren mit den umstrittenen Hartz-Gesetzen eingeführt hatte. CDU und CSU haben sich damit in den Koalitionsverhandlungen gegen die SPD durchgesetzt. Grundsätzlich können sich hilfebedürftige Menschen aber weiterhin darauf verlassen, dass ihnen der Staat zur Seite springt.

    Die Details müssen erst noch ausgearbeitet werden

    Der geschäftsführende Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hatte in der letzten Legislaturperiode bereits versucht, Bürgergeld-Bezieher mit schärferen Sanktionen zu belegen, die arbeiten könnten, es aber nicht tun. Der Kampf gegen diese „Totalverweigerer“ war jedoch nur mäßig erfolgreich. Das soll sich jetzt ändern, auch wenn die Reform des Bürgergeldes in ihren Details erst noch ausgearbeitet werden muss. .

    Arbeitslose müssten sich künftig deutlich stärker selbst um Arbeit bemühen als bisher, betonte Stracke. „Das Amt unterstützt sie dabei, aber es erwartet auch, dass jemand sich selbst um neue Arbeit kümmert.“ Wer dieser Pflicht nicht nachkommt oder Arbeit verweigert, muss künftig mit schärferen Sanktionen bis hin zum kompletten Entzug der Fürsorge rechnen. Im Zweifel habe die Vermittlung in Arbeit Vorrang vor einer Weiterbildung, sagte Stracke. Das heißt: Arbeitslose müssen künftig häufiger Jobs annehmen, die unter ihrem Qualifikationsniveau liegen. Die monatlichen Sätze in der neuen Grundsicherung sollen künftig wieder nach dem ursprünglichen Schema angehoben werden, nach dem sich die Erhöhung zu 70 Prozent aus der Inflation und zu 30 Prozent aus der Entwicklung der Löhne errechnet. Die Ampelkoalition habe eine „erwartete Inflation“ gleich mit eingerechnet und das Bürgergeld dadurch so teuer gemacht, kritisierte Stracke.

    Die Reform soll Anfang nächsten Jahres in Kraft treten

    Die Vorstandsvorsitzende des Sozialverbands Deutschland, Michaela Engelmeier, warnte dagegen: „Die Einführung einer neuen Grundsicherung anstelle des Bürgergeldes wirft viele Fragen auf.“ Besonders die geplanten Verschärfungen bei Sanktionen und Wohnkosten ließen Zweifel daran aufkommen, ob die Balance zwischen Fördern und Fordern gewahrt bleibe, sagte sie unserer Redaktion. „Rund um das Bürgergeld wird eine Debatte geführt, die stark von Vorurteilen und Neiddebatten geprägt ist“, kritisierte die Verbandsvorsitzende. Wer auf Unterstützung angewiesen sei, brauche Sicherheit, Respekt und faire Chancen auf Teilhabe. Ein Leben ohne Angst vor Armut sei mit den geplanten Leistungshöhen jedoch kaum möglich. „Natürlich braucht es Anreize, um Menschen wieder in Arbeit zu bringen. Doch wenn das Fordern zum zentralen Prinzip wird, während das Fördern in den Hintergrund tritt, ist das nicht zielführend.“

    Wann die Neuregelungen genau in Kraft treten sollen, haben Union und SPD im Koalitionsvertrag noch nicht festgelegt. Er erwarte jedoch, dass die neue Grundsicherung „Teil eines Sofortprogramms“ nach der Regierungsübernahme sei, sagte Stracke. Nach dieser Logik müsste sie Anfang 2026 in Kraft treten.

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    15 Kommentare
    Walter Koenig

    >>mit der Abschaffung des Bürgergeldes auch die Karenzzeit von einem Jahr abgeschafft werden, in der die Arbeitsagenturen bei einem Bürgergeldempfänger bisher die Miete für die alte Wohnung weiterbezahlt und dessen Vermögen verschont haben. << Nur gut, dass jede Menge günstiger Wohnraum dank der CSU zur Verfügung steht. Ein Umzug in eine billigere Wohnung sollte daher kein Problem sein /Sarkasmus aus.

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    Thomas Keller

    Die Versicherungsleistung Arbeitslosengeld kommt von der Agentur für Arbeit. Diese hat noch nie die Miete bezahlt, dafür war das teilweise geringe ALG1 da. Wer Bürgergeld bezieht, dem zahlt das Jobcenter diese Miete. Nicht wenige Vermieter verdienen sich für Schuhkartons am Höchstsatz eine goldene Nase... Ich bin gespannt wie man jemandem ohne Vermögen einen Umzug, Küche, teurere Fahrkarten etc verschaffen will. Die Definition von "Totalverweigerer" ist wohl das zweite(!)abgelehnte Arbeitsangebot. Hier kann man dann wohl schön Stimmung machen, das Wahlvolk dessen Kinder, Brüder etc nicht betroffen sind, wird dies weiter propagieren.

    Friedrich Eckert

    "Die Definition von "Totalverweigerer" ist wohl das zweite(!)abgelehnte Arbeitsangebot." Welche Gründe sollte es geben, Arbeitsangebote abzulehnen? Gesundheitliche Belange werden bei der Vermittlung sicherlich berücksichtigt, sonst sehe ich keinen Grund zur Ablehnung. Wenn einem der Job nicht gefällt, kann man sich gerne weiter bewerben, aber pauschal abzulehnen, weil einem vielleicht die Arbeitszeiten nicht passen, sollte sanktioniert werden.

    Wolfgang Boeldt

    Mal abwarten was daraus final wird. Horaz hat vor über 2000 Jahren in seiner Ars poetica, leicht satirisch, geschrieben: "Der Berg kreißte und gebar eine Maus"

    Martin Müller

    Gelder aus dem Sondervermögen Infrastruktur sollten für die Wiedereinführung von Arbeitshäusern verwendet werden. Alles andere fördert doch nur weiter den Müßiggang dieser Tagediebe. So könnte das dann vielleicht bei der übernächsten Regierung klingen. Nebenbei: Herr Stracke, was qualifiziert Sie denn zu einem Sozial-Experten? In Ihrem Lebenslauf schaut's dazu eher düster aus. Die kommende Koalition weiß wirklich, wie man die Prioritäten öffentlichkeitswirksam setzt. Nicht da, wo es weh tut und dem Staat etwas bringen würde. Sondern da, wo keine Gegenwehr von überwiegend rechtschaffenen Menschen zu erwarten ist. Wie einfach kann man es sich bitte noch machen?

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    Peter Zimmermann

    Das war leider immer so, in den 70ern die Arbeitslosen, den 80ern die Sozialhilfeempfänger, danach die ersten Asylbewerber später dann die Hartz4er, irgendwie wird immer ein Klientel gefunden dass sich am wenigsten wehren kann. Nur der Lobbyismus holt für seine Klientel fast immer was raus.

    Maja Steiner

    Sehe gerade Dokufiktion im ZDF zum CumEx-Skandal. Da dreht es einem dann den Magen um, wenn die Politiker nichts anderes zu tun haben als sich an den kleinen Sündern abzuarbeiten - so man mal davon ausgeht, dass es tatsächlich arbeitsunwillige Sozialschmarotzer sind, die man treffen möchte. Was soll das mit dem Umzug in eine günstigere Wohnung? Will man die Leute in die Obdachlosigkeit treiben? Wo soll man die denn hernehmen? Und ganz toll ist auch, wenn jemand, der sich ein bisschen was erspart hat, für eine Anschaffung, für sein Kind etc. das dann sofort ausgeben muss... und ja klar, es wird auch jeder genommen, der für einen Job überqualifiziert ist. Da reißen sich die AGs geradezu drum. Wobei es da ja auch so ist, dass man dann auch weniger verdient, aber keine Zeit hat, sich zu bewerben auf einen adäquaten Posten. Einfach toll. Daumen hoch.

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    Thomas Keller

    Mit den Cum-Ex-Milliarden hätten sich tausende Wohnungen bauen können. Und ja, es ist die Ablenkung vom Unvermögen auf Minderheiten und Schwache die sich nicht wehren können. Zuerst waren es die Ossis, dann die Russlanddeutschen, dann die Arbeitslosen, weiter gings mit Sozialhilfeempfängern und fortgesetzt wird es dann mit den Grundgesicherten. Immer sollen diese Leute arbeiten, auch wenn alt und krank, von Park fegen und was für irrsinnige Maßnahmen schon erfunden wurden. Warum nicht Häftlinge? In Ketten wie in Amerika? Vielleicht kommt noch der Zwangswehrdienst für die Ärmsten?

    Franz Wagner

    Schon klar das die, die nicht arbeiten wollen bzw. niederwertigere Arbeit als unter Ihrer Würde betrachten jetzt aufjaulen...

    Helmut Eimiller

    Frau Steiner, dass man im Rahmen seiner Möglichkeiten seinen Lebensunterhalt selbst verdient, sollte eine Selbstverständlichkeit sein; auch wenn ich da kurzfristig kein allzu großes Einsparpotential für die öffentlichen Haushalte sehe. Was aber das Interessengeflecht bei den Cum-Ex- und Cum-Cum-Geschäften angeht, so ist es wohl weit umfassender als man vermuten mag. „Versagt der Staat beim Rückholen der Gelder?“, fragte das ZDF in der Überschrift im Artikel zu diesem Steuerbetrug am 22.03.2025. Durch diese Steuerbetrügereien soll dem Staat etwa ein Schaden in Höhe von 40 Milliarden Euro entstanden sein, schätzt die ehemalige Staatsanwältin Anne Brorhilker (jetzt bei der Bürgerinitiative Finanzwende). Und im Artikel eben jener Bürgerinitiative vom 11.03.2025 steht unter der Absatzüberschrift „Bankenrettung, mal anders“, dass Landesregierungen ihre involvierten Landesbanken vor hohen Rückforderungen schützen wollten, allen voran: Hessen.

    Thomas Keller

    Würde man Löhne und Gehälter zahlen die es ermöglichen auf eine sichere Rentenzukunft zu blicken, die Leute würden sehr gerne arbeiten. Es gibt aber auch genug Leute die nicht arbeiten wollen, Aktienbesitzer die sich damit brüsten sich einen Lenz zu machen... Schon mal überlegt wo manch perverser Reichtum herkommt? Auch habe ich noch keinen Astrophysiker als Zusteller gesehen, der Niedriglohnsektor hat nämlich Vollbeschäftigung.

    Martin Schiffelholz

    Ausser dem Namen wird sich so schnell nichts ändern, und die Union hat ein Wahlversprechen eingehalten, Abschaffung des Bürgergeldes

    Richard Merk

    Das für viele Menschen unglückliche Geschwätz von CSU-Sozialexperten Stephan Stracke wird den Jobcentern noch viel Ärger und noch viel mehr Bürokratie bringen. Wirkliche Sozialexperten staunen über so viel Unvernunft. Schließlich kann nicht jeder Arbeitslose jeden Job annehmen. Die Union muss allerdings mit der Abschaffung des Bürgergelds viele Milliarden einsparen wegen dem Wahlversprechen und das könnte vermutlich ein Eigentor werden. Die Maut lässt grüßen. Sozialgerichte werden entscheidende Worte mit sprechen. So wie es aussieht wird es in Zukunft wieder mehr Arbeitslose geben und in der momentanen schwachen Wirtschaftslage wird sich so mancher Arbeitgeber überlegen einen Langzeitarbeitslosen einzustellen. Letztlich soll der Langzeitarbeitslose, weil er sich nicht wehren kann, die finanziellen Löcher durch Steuerhinterzieher ausbügeln.

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    Thomas Keller

    Wer sind die Langzeitarbeitslosen eigentlich? Zu alt, zu krank, zu (ver)arm(t) um eine Stelle anzunehmen. Ebenso spielen Enttäuschung, eine sichere Altersarmut und die gesellschaftliche Abschätzung da mit rein. Auch ich habe mich mal in der Leiharbeit verdingt, habe gesehen was dort geschieht. Zum Glück habe ich vom ersten Tag dort weiter Bewerbungen geschrieben und habe meine Sachen nach einer Zusage auf den Tisch geknallt, und bin gegangen. Die Gesichter waren Gold wert.... Erschreckend auch wie mein Kollege am 19. Dezember(!) arbeitslos wurde.... Die neue Stelle war meiner Qualifikation entsprechend, ansprechend entlohnt. Leider kann mit dieser Art von Beschäftigung gut verdient werden, die teuren Autos und Schuhe unter dem Schreibtisch der Leihfirma sprachen Bände. Ebenso kann der Entleihbetrieb die eingekaufte Arbeitsleistung für die immerwährenden Auftragsspitzen steuerlich absetzen. Das ist das wahre Schmarotzertum von dem dauernd geredet(wird) werden sollte.

    Richard Merk

    Wo bleibt der Anreiz zu einer vernünftigen Arbeit? Wer kommt über die Runden bei einem Mindestlohn von 12,82 € ? Anstatt den Mindestlohn zumindest an die gestiegenen Grundnahrungsmittel, Miete, Fahrkosten etc. anzugleichen soll mit Zwangsarbeit der Niedriglohnsektor weiter gedrückt werden. Die Lobbyarbeit der Reichsten im Land trägt Früchte. Dass damit die Wirtschaftsleistung angekurbelt werden soll wird gutgläubigen Bürgern von Politik und vielen Medien lediglich aufgeschwatzt. Welche Taschen damit gefüllt werden ist für jeden Bürger nicht nur seit Hartz IV von Schröder sehr gut nachvollziehbar.

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