Mit dem Nationalen Sicherheitsrat (NSR) ist es ein bisschen so wie mit dem Scheinriesen Tur Tur bei Jim Knopf von Michael Ende: Seit Jahren wird das Projekt in Koalitionspapieren oder Parteiprogrammen groß angekündigt, um dann im Kompetenzgerangel immer kleiner zu werden und schließlich in einer Schublade zu verschwinden. „Wir schaffen einen Nationalen Sicherheitsrat mit Sitz im Bundeskanzleramt. Damit vernetzen wir Außen-, Sicherheits-, Verteidigungs-, Handels-, Europa- und Entwicklungspolitik“, heißt es im Wahlprogramm der Union. Wird nun in der kommenden Legislaturperiode aus dem Scheinriesen ein echter Riese für die deutsche Sicherheitsstruktur?
Die Politikwissenschaftlerin Christina Moritz ist optimistisch: „Die Chancen waren nie besser“, sagt die Expertin für Sicherheitspolitik, die seit vielen Jahren über das Instrument NSR forscht, im Gespräch mit unserer Redaktion. Sie vertraue darauf, dass die SPD, die in der Vergangenheit der Installierung eines NSR eher skeptisch gegenüberstand, in einer Koalition mit der CDU mitziehen werde. Moritz hat zudem Signale aus der Union – auch vom wahrscheinlichen neuen Kanzler Friedrich Merz – wahrgenommen, dass der NSR auch für Fragen des Zivil- und Katastrophenschutzes zuständig sein solle. „Das ist mir im Sinne einer Umsetzung der nationalen Sicherheitsstrategie sehr wichtig.“
Expertin Moritz zu Sicherheitsrat: Die Debatte ist in der Gesellschaft angekommen
Außerdem beobachtet die Berlinerin, dass „über einen Sicherheitsrat nicht mehr nur von einigen Politikern oder in wissenschaftlichen Kreisen diskutiert wird“. Die Debatte sei inzwischen in der Gesellschaft angekommen. Den Deutschen werde zunehmend klar, dass man um der Sicherheit willen nicht nur auf Sicht fahren dürfe, sondern deutlich weiter in die Zukunft blicken müsse.
Was soll ein NSR regeln? Das fest installierte Gremium soll Kompetenzen und Befugnisse zusammenführen, um schnell auf Krisen reagieren zu können. Dort würden unter anderem Wissenschaftler und Experten aus Justiz, Politik, den Nachrichtendiensten, der Bundeswehr und natürlich aus der Politik am Tisch sitzen.

Moritz plädiert dafür, dass das Gremium als Kabinettsausschuss entstehen könnte. Die Befugnisse des NSR würden deutlich über die des bestehenden Bundessicherheitsrats (BSR), der nicht regelmäßig tagt, hinausgehen. Eingebunden werden sollten neben dem Kanzleramt die Ministerien für Verteidigung, Inneres, Wirtschaft und Finanzen sowie das Auswärtige Amt. Auf diese Weise entstünde ein Gremium, das kontinuierlich plane, Sicherheitsstrategien entwerfen und deren Umsetzung effektiv verfolgen könnte. Moritz: „Unsere Gegner verfügen schließlich ebenfalls über solche Planungen, die sie ständig anpassen. Darauf müssen wir reagieren.“
Die wichtigsten westlichen Wirtschaftsmächte arbeiten bereits mit Nationalen Sicherheitsräten – in unterschiedlicher Ausformung, doch alle auf das Ziel ausgerichtet, eine Außen- und Sicherheitspolitik aus einem Guss zu sichern und Krisen besser begegnen zu können.
In der Ampelkoalition scheiterte ein Nationaler Sicherheitsrat an Kompetenzgerangel
Schon die Ampelkoalition hatte sich vorgenommen, einen NSR zu schaffen. Doch das Vorhaben scheiterte an Streitigkeiten innerhalb der fragilen Koalition. Letztlich konnten sich SPD und Grüne nicht darüber einigen, welche konkreten Kompetenzen ein Nationaler Sicherheitsrat auf sich vereinigen soll. Im März 2023 wurde das Projekt schließlich aufgegeben. Den Todesstoß für die Einführung brachten Meinungsverschiedenheiten über die Frage, ob das Bundeskanzleramt oder das Auswärtige Amt für das Gremium zuständig sein sollten. Außenministerin Annalena Baerbock fürchtete, wie schon ihre Vorgänger, einen weiteren Verlust an Einfluss für das Außenministerium.
Ein Argument, das der Terrorexperte Peter Neumann nicht nachvollziehen kann: „Die Idee, die hinter dem Konzept eines Nationalen Sicherheitsrats steht, ist ja gerade, dass es in Krisensituationen gar nicht mehr möglich ist, zwischen Innen und Außen zu trennen – weder bei Pandemien noch bei der Cyber-Abwehr oder der Terrorbekämpfung“, sagte Neumann unserer Redaktion. Moritz ist sich sicher, dass auch das Außenministerium von einem NSR profitieren würde. „Es geht nicht um Macht im Auswärtigen Amt, sondern es geht um Beratung der Ministerien für den Kanzler, darum, einen Mehrwert zu erzielen. Zusätzliche Expertise und eine deutlich bessere Abstimmung der Lage im Inneren und Äußeren wären auch für das Außenamt von Vorteil.“
Der Nationale Sicherheitsrat darf sich parteipolitischer Einfluss nicht beugen
Entscheidend für den Erfolg eines Nationalen Sicherheitsrat sei es, dass er nicht als Instrument der Parteipolitik wahrgenommen werde. Christina Moritz denkt an das Beratungsgremium der Wirtschaftsweisen, das nicht im Verdacht steht, sich parteipolitischem Einfluss zu beugen. „Das ist die Herausforderung.“
Würde ich gut finden.. aber die Auserwählten müssen dann aus allen Parteien Abgeordnete oder Minister, Mann wie Frau sein.. Es müssen alle Menschen in unserem Land vertreten werden.. Und da sollte man sich nicht profilieren, oder entscheiden, wer es nicht kann und wer schon immer besser war.. Gut und Böse.. vorbei mit diesen kindischen Getue.. Es müssen jetzt alle an einem Strang ziehen..!
Im Prinzip predigt diese Frau Moritz durch die Einbeziehung des Zivil- und Katastrphenschutzes das kalte Umngehen des Grundgesetzes bezüglich eines BW-Einsatzes im Innern. Das nähert sich - noch in den Anfängen - Trump'scher Logik an.
Wieviele Gremien und Arbeitskreise gibt es denn mittlerweile in Deutschland? Myriaden. Es gibt bereits genügend, die sich mit der Sichgerheitslage beschäftigen. Wir haben bereits 3 Nachrichtendienste ... .
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