Ermittler sollen Schwerverbrecher oder Terroristen künftig gezielt ausspähen dürfen. Der großflächige Einsatz von "Daten-Staubsaugern", bei dem auch Informationen Unbeteiligter auf Vorrat gespeichert werden, ist dagegen vom Tisch. Darauf hat sich die Bundesregierung nach langem Streit geeinigt.
FDP und Grüne hatten auf das neue "Quick-Freeze-Verfahren" gedrungen. Sie glauben, dass sich damit Anschläge auf Großveranstaltungen wie die bevorstehende Fußball-Europameisterschaft wirkungsvoll verhindern lassen. Dabei werden Daten erst dann gespeichert, wenn ein Verdacht auf eine schwere Straftat besteht. Nötig ist zudem ein richterlicher Beschluss. Bundesinnenministerin Nancy Faeser und ihre SPD hatten dagegen eine anlasslose Vorratsdatenspeicherung befürwortet. Solche Regelungen gab es schon einmal – bis Bundesverfassungsgericht und Europäischer Gerichtshof sie aus Datenschutzgründen kippten. Juristen sehen das "Quick-Freeze-Verfahren" dagegen als deutlich kleineren und damit vertretbaren Eingriff in das Telekommunikationsgeheimnis.
Quick-Freeze-Verfahren für den Terrorschutz: "Mehrwert für Ermittlungsbehörden"
Stephan Thomae, Parlamentarischer Geschäftsführer der FDP im Bundestag, sagte unserer Redaktion: "Es ist gut, dass die SPD ihre Blockade aufgegeben hat und wir jetzt mit ,Quick Freeze' die Befugnisse der Ermittlungsbehörden deutlich verbessern, ohne dabei Bürgerrechte auszuhöhlen." Dieses zusätzliche Instrument sei "ein echter Mehrwert für unsere Ermittlungsbehörden". Islamistischer Terrorismus sei "mit Blick auf die Fußball-Europameisterschaft in Deutschland eine Gefahr, die wir sehr ernst nehmen müssen, ohne dabei in Panik zu verfallen". Er verweist auf den Terroranschlag in Russland mit mindestens 137 Todesopfern vor rund drei Wochen. Von dem zentralasiatischen Ableger des "Islamischen Staats", der sich dazu bekannt hat, gehe auch in Deutschland eine Bedrohung aus, "insbesondere vor einem Großereignis wie der EM".
Laut Thomae wurden in Deutschland seit Juli 2023 mindestens vier islamistische Terroranschläge vereitelt. Entscheidend sei, dass die Sicherheitsbehörden wirksame Instrumente haben, um derartige Pläne von Terror-Netzwerken oder Einzeltätern aufzudecken. Dazu gehöre auch "die Möglichkeit, für einen bestimmten Zeitraum auf Telekommunikationsdaten von Verdächtigen zugreifen zu können". Der Vorschlag einer Vorratsdatenspeicherung von IP-Adressen, wie sie von Innenministerin Faeser und Teilen der SPD bis zuletzt befürwortet worden sei, wäre für Thomae "der völlig falsche Weg gewesen". Denn dieses Verfahren hätte den Behörden lediglich riesige Datenmengen auch von unbescholtenen Bürgerinnen und Bürgern geliefert.
Ohne Gegenleistung haben Faeser und die Sozialdemokraten ihre Pläne zu einer weiter gehenden Datenspeicherung indes nicht aufgegeben. Die Liberalen beugten sich ihrerseits einer Verlängerung der Mietpreisbremse für besonders angespannte Wohnungsmärkte bis 2029. Sie sieht vor, dass die Miete bei Abschluss eines neuen Mietvertrags nicht mehr als zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen darf. Wo die Mietpreisbremse angewandt wird, entscheidet die jeweilige Landesregierung.
"Kuhhandel" – heftige Kritik aus der Union
Die Union, die seit Jahren für eine anlasslose Vorratsdatenspeicherung eintritt, spricht von einem politischen "Kuhhandel". CDU-Innenexperte Alexander Throm sagte: "Frau Faeser ist als Ministerin gescheitert." Das "Quick-Freeze-Verfahren" sei zur Terrorabwehr und zur Bekämpfung des sexuellen Kindesmissbrauchs nicht ausreichend. "Damit hat die FDP sich wieder einmal mit ihrem Konzept Datenschutz vor Opferschutz durchgesetzt", kritisierte er. Von einem "herben Rückschlag für alle Ermittler" sprach Bayerns Justizminister Georg Eisenreich (CSU).