Seit Jahren ist das Verhältnis zwischen Kosovo und Serbien angespannt. Grund dafür ist, dass sich Kosovo 1999 mit NATO-Hilfe von Serbien abgespalten und 2008 für unabhängig erklärt hatte. Mehr als 100 Länder, darunter Deutschland, erkannten die Unabhängigkeit Kosovos an. Andere, darunter Serbien, Russland, China und fünf EU-Länder, tun das bis heute nicht.
Tödlicher Zusammenstoß im September 2023: Kosovo spricht von Terroranschlag
Das neueste Kapitel in dem Konflikt zwischen Serbien und Kosovo ereignete sich am Sonntag, den 24. September. Es kam in den Morgenstunden zu Zusammenstößen zwischen Polizisten und bewaffneten Angreifern. Dabei starb ein kosovarischer Polizist auf dem Weg ins Krankenhaus, ein zweiter wurde verletzt. In der Folge verschanzten sich etwa 30 bewaffnete Männer, zu denen auch die Täter gehört haben sollen, im Kloster Banjska nördlich der Stadt Mitrovica im Norden Kosovos.
Laut der Polizei kamen bei weiteren Kämpfen im Laufe des Tages drei Angreifer ums Leben, vier zivile Verdächtige wurden festgenommen. Der kosovarische Regierungschef Albin Kurti sprach von einem "Terroranschlag" und beschuldigte " Verantwortliche in Belgrad", logistische und finanzielle Unterstützung "für das organisierte Verbrechen" zu leisten.
Serbiens Präsident Aleksandar Vucic wies die Vorwürfe zurück und betonte, bei den Angreifern habe es sich um Kosovo-Serben gehandelt. Schuldig ist in seinen Augen allein Kurti, denn dieser provoziere ständig "und es tut mir leid, dass einige Serben seinen Provokationen nachgegeben haben".
Kosovo-Konflikt: Serbien erkennt Unabhängigkeit nicht an
Die Kosovo-Albaner stehen kompromisslos hinter ihrer Unabhängigkeit. Serbien hingegen besteht darauf, dass Kosovo noch immer ein Teil Serbiens sei und das weiterhin bleiben solle. Aus diesem Grund hat die EU 2011 einen moderierten Serbien-Kosovo-Dialog eingeführt. Dessen Ziel war es, die Beziehung in Form eines abschließenden und rechtlich bindenden Abkommens, das im Einklang mit dem Völkerrecht steht und zur regionalen Stabilität beiträgt, zu verbessern. Das Ergebnis war allerdings ernüchternd. Die Verhandlungen waren von Konflikten und Streit geprägt. Sie gerieten ins Stocken und wurden schließlich beendet.
Es blieb aber nicht nur bei solchen Streitigkeiten. In den vergangenen Jahren kam es auch immer wieder zu teilweise gewaltvollen Auseinandersetzungen zwischen Kosovo und Serbien. 2018 beispielsweise wurde Oliver Ivanovic, einer der wichtigsten serbischen Politiker im Kosovo, vor seiner Parteizentrale in der Stadt Mitrovica erschossen. Die kosovarische Regierung verurteilte den Mord zwar, trotzdem führte das Attentat wieder zur Beilegung von Verhandlungen zwischen den beiden Staaten. Auch als die Gespräche im Sommer 2021 wieder aufgenommen wurden, gab es keine Fortschritte in dem Konflikt.
Erste Eskalationsstufe im Serbien-Kosovo-Konflikt: Einreiseregeln und Grenzschließung
Nachdem Kosovo kurzfristig neue Einreiseregeln erlassen wollte, wurde der Streit weiter verschärft. Geplant war, dass an den Grenzübergängen keine serbischen Personaldokumente mehr anerkannt werden. Serben sollten sich stattdessen ein provisorisches Dokument ausstellen lassen. Serbische Behörden gehen beim Grenzübertritt kosovarischer Bürger identisch vor.
Als Reaktion auf die Einreiseregeln errichtete Serbien im Dezember 2022 im überwiegend serbisch bevölkerten Norden Kosovos Barrikaden. Es sollen auch Schüsse in Richtung kosovarischer Polizisten abgegeben worden sein. Auch ein Fernsehteam wurde auf dem Weg zu den Blockaden beschossen. Beamte der EU-Polizeimission Eulex im Kosovo wurden mit Blendgranaten empfangen, als sie die Blockaden inspizieren wollten. Seitdem ist die Lage weiter angespannt.
LKW-Barrikaden und Schüsse: Eskaliert der Serbien-Kosovo-Konflikt 2023 erneut?
Nicht nur, dass Serben im Norden Kosovos Barrikaden in der zweigeteilten Stadt Mitrovica mit quergestellten Lkw errichteten, eine Brücke am Stadtrand und Landstraßen blockierten, bedrohlicher scheint der Rückenwind aus Belgrad zu sein.
Denn die Worte des serbischen Verteidigungsministers Milos Vucevic klangen so martialisch wie seit Jahren nicht, als ob der Serbien-Kosovo-Konflikt bereits in einem Krieg entfacht wäre: "5000 Spezialkräfte der serbischen Armee werden in Kampfbereitschaft versetzt. Bis Ende 2023 sind alle einsatzfähig. Sie werden unsere stärkste Faust sein und die schlechten Ziele derjenigen, die unser Land nicht mögen, in Stücke zerschlagen", so der Minister Ende 2022 am Rande eines Besuchs serbischer Truppen im Grenzgebiet zum Kosovo.
Gibt es eine Lösung im Serbien-Kosovo-Konflikt?
Die scharfe Rhetorik und Truppen-Mobiliserung ist eine der höchsten Eskalationsstufen des schwelenden Konflikts und dennoch bleibt es unwahrscheinlich, dass serbische Streitkräfte in absehbarer Zeit über die Grenze nach Kosovo einrücken. Denn im Land sind 3500 NATO-Soldaten der KFOR-Friedensmission stationiert, um für Sicherheit zu sorgen. Eine EU-Arbeitsgruppe soll nun innerhalb von sechs Monaten eine dauerhafte Lösung erarbeiten.
So sind die Europäische Union und die Vereinigten Staaten dabei, mit vereinten Kräften die Krise zwischen Serbien und Kosovo zu entschärfen. Sie wollen als Vermittler agieren.