Der Prozess um die terroristischen Anschläge im März 2016 in Brüssel hat vor einem Gericht der belgischen Hauptstadt begonnen. Neun der zehn Angeklagten erschienen am Montag zur Vorverhandlung in dem Gericht. Sie nahmen in Sicherheitskabinen aus Glas und Metall hinter den zahlreichen Verteidigern Platz. Auch Opfer der Anschläge und ihre Anwälte waren im Saal, die Geschworenenbank blieb zunächst leer.
Sechs Angeklagte entschieden jedoch nach kurzer Zeit, in ihre Zellen zurückzukehren - unter ihnen auch Salah Abdeslam, der schon als Hauptangeklagter im Pariser Terror-Prozess zu lebenslanger Haft verurteilt worden war.
Bei der Vorverhandlung wurde die Zeugenliste besprochen und weitere technische Details des Prozesses geklärt. Am 10. Oktober sollen die zwölf Geschworenen ausgewählt werden, bevor zum Start der Sachverhandlung am 13. Oktober die Anklage verlesen wird. Der Prozess soll sechs bis neun Monate dauern.
Die Tat
Am 22. März 2016 töteten drei Selbstmordattentäter der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) am Brüsseler Flughafen Zaventem sowie in einer Metro-Station im belebten EU-Viertel 32 Menschen, Hunderte wurden teils schwer verletzt. Angeklagt sind nun zehn Männer, einer von ihnen gilt als vermisst. Es wird vermutet, dass er in Syrien gestorben ist.
Acht Angeklagten wird 32-facher terroristischer Mord, versuchter terroristischer Mord an 695 Menschen sowie die Beteiligung an den Aktivitäten einer terroristischen Vereinigung vorgeworfen. Dem neunten legt die Staatsanwaltschaft lediglich den dritten Punkt zur Last. Weil die Taten in Brüssel und die Anschläge am 13. November 2015 in Paris von derselben Terrorzelle eingefädelt wurden, stehen von den in Paris Verurteilten auch sechs in Brüssel vor Gericht. In der französischen Hauptstadt hatten Extremisten bei einer Anschlagsserie 130 Menschen getötet und 350 weitere verletzt.
Der Prozess
Der Auftakt am Montag in Brüssel gab einen Vorgeschmack auf das, was in den kommenden Wochen und Monaten kommen könnte. Es gab Streit über die Behandlung der Angeklagten. In den Boxen vor Gericht zu erscheinen, sei nicht gerecht, sagte Abdeslam. Verteidiger Stanislas Eskenazi sagte, die Boxen verstießen gegen die Unschuldsvermutung. Eine andere Verteidigerin pflichtete dem bei und beklagte, man könne so nicht mit den Klienten kommunizieren und die Boxen verstießen gegen die Europäische Menschenrechtserklärung.
Die Staatsanwaltschaft verteidigte die Maßnahme hingegen. Die Kabinen haben vorne einen Schlitz, damit die Angeklagten sich mit ihren Anwälten austauschen können. Beim Pariser Prozess saßen die Angeklagten gemeinsam in einem Glaskasten.
Einer der Angeklagten beteuerte am Montag seine Unschuld, bevor er in seine Zelle zurückkehrte. "Ich würde am liebsten nach Hause gehen. Ich habe hier nichts zu tun", sagte Smail Farisi, der im Pariser Terrorprozess bereits freigesprochen worden war. Ihm wird vorgeworfen, zwei der Brüsseler Selbstmordattentäter in seiner Wohnung untergebracht zu haben.
Den Angeklagten gegenüber stehen mehr als 900 Nebenkläger. Das öffentliche Interesse an dem Verfahren ist riesig - deshalb wird der Prozess in umgebauten Räumlichkeiten des früheren Nato-Hauptquartiers im Nordosten der Stadt geführt. Opfer und Opferorganisationen beklagten in den vergangenen Jahren immer wieder unzureichende und komplizierte Unterstützung des Staats.
(dpa)