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Selbstbestimmungsgesetz: Einmal im Jahr ein neues Geschlecht

Gesetzentwurf

Selbstbestimmungsgesetz: Einmal im Jahr ein neues Geschlecht

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    Mit dem Selbstbestimmungsgesetz sollen Geschlechtseinträge einfacher geändert werden können.
    Mit dem Selbstbestimmungsgesetz sollen Geschlechtseinträge einfacher geändert werden können. Foto: Peter Steffen, dpa

    Künftig soll es Erwachsenen und Heranwachsenden möglich sein, den amtlichen Geschlechtseintrag einmal jährlich zu ändern. Nach mehreren Verzögerungen will das Bundeskabinett an diesem Mittwoch das nicht unumstrittene Selbstbestimmungsgesetz beschließen. Mit der Mehrheit der Ampelparteien SPD, Grüne und FDP könnte es dann schon bald vom Bundestag beschlossen werden. Das bestätigte Bundeskanzler Olaf Scholz am Sonntag beim Tag der offenen Tür der Bundesregierung in Berlin. Auf die Frage eines Besuchers, wann das Gesetz denn endlich kommen werde, antwortete der SPD-Politiker: „Nächste Woche“. Der Entwurf, der am Mittwoch der Ministerrunde vorgelegt wird, unterscheidet sich in einigen Punkten von früheren Fassungen. Vor allem das Innenministerium hatte zuletzt noch Bedenken, die etwa um die Frage kreisten, ob sich Straftäter mit neuer Geschlechtsidentität und geändertem Vornamen dem Zugriff der Behörden entziehen können. 

    In ihrem Koalitionsvertrag haben die Ampelpartner vereinbart, das Transsexuellengesetz von 1980 abzulösen. Es soll trans- und intergeschlechtlichen sowie nicht binären Menschen erleichtern, ihren Geschlechtseintrag zu ändern. Dazu sollen eine einfache Erklärung und eine Eigenversicherung beim Standesamt ausreichen. Bei Minderjährigen bis 14 Jahre entscheiden die Sorgeberechtigten. Ab 14 Jahren können die Minderjährigen die Erklärung selbst abgeben, sofern die Zustimmung der Sorgeberechtigten vorliegt. In Streitfällen muss ein Familiengericht entscheiden. 

    Lisa Paus (Bündnis 90/Die Grünen) hat als Bundesfamilienministerin das Selbstbestimmungsgesetz vorbereitet
    Lisa Paus (Bündnis 90/Die Grünen) hat als Bundesfamilienministerin das Selbstbestimmungsgesetz vorbereitet Foto: Kay Nietfeld, dpa

    Kritiker sehen bisheriges Verfahren als teuer und herabwürdigend

    Wie schon bisher erfolgt die Änderung des Geschlechtseintrags unabhängig von einer medizinischen Geschlechtsumwandlung oder -angleichung, die etwa durch Operationen oder Hormongaben erfolgen kann. Nach der derzeitigen Regelung aber dürfen Betroffene Vornamen und Geschlecht erst nach Vorlage eines psychologischen Gutachtens und einer gerichtlichen Entscheidung ändern lassen. Kritiker sehen dieses Verfahren als zu langwierig, zu teuer und herabwürdigend. Denn den Betroffenen werden dabei oft sehr intime Fragen gestellt. So hatte das Bundesverfassungsgericht mehrfach Teile des Gesetzes für verfassungswidrig erklärt. 

    Die Debatte über eine neue Regelung geriet holprig. Der ursprüngliche Entwurf von Justizminister Marco Buschmann (FDP) und der grünen Familienministerin Lisa Paus sah etwa vor, dass der alte Name und das alte Geschlecht einer Person nach Änderungen nur in wenigen Ausnahmefällen ausgeforscht und offengelegt werden dürfen. Doch dagegen gab es massive Bedenken aus Sicherheitskreisen. Die Fachleute im von Nancy Faeser (SPD) geführten Innenministerium befürchteten, dass Kriminelle die Möglichkeit eines vereinfachten Wechsels von amtlichem Geschlechtseintrag und Vornamen dazu nutzen könnten, um sich einer Strafverfolgung zu entziehen. 

    Weiblich, männlich oder divers: Die Behörden bleiben im Bilde

    Mit einem überarbeiteten Entwurf wurde den Bedenken nun Rechnung getragen. Wie die FAZ berichtet, sollen Behörden mit einem Interesse an einer lückenlosen Nachverfolgung einer Identität die Möglichkeit dazu auch nach einer Änderung des Geschlechtseintrags haben. Im Falle eines Wechsels informiert die Meldebehörde das Bundeskriminalamt, die Bundespolizei, das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge sowie das Bundesamt für Verfassungsschutz. Das sogenannte Offenbarungsverbot soll nicht gelten, wo es um das reibungslose Funktionieren amtlicher Register oder Informationssysteme geht. Durch die Änderung des Geschlechtseintrags sollen sich Personen auch nicht einer Ausweisung nach dem Ausländerrecht entziehen können. 

    Dass ein Mann sich im Verteidigungsfall nicht vor der Wehrpflicht drücken kann, wurde bereits in einer früheren Ergänzung klargestellt. Ebenso wurden Bedenken von Feministinnen aufgegriffen, die sich um die Sicherheit von mühsam erkämpften Schutzräumen für Frauen sorgten. Den Plänen zufolge sollen etwa Betreiber von Frauen-Saunen die Möglichkeit behalten, Personen mit männlichem Äußeren den Zutritt zu verwehren. Dies wird per Hausrecht geregelt. 

    Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) wirkte am ursprünglichen Entwurf des Selbstbestimmungsgesetzes mit.
    Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) wirkte am ursprünglichen Entwurf des Selbstbestimmungsgesetzes mit. Foto: Kay Nietfeld, dpa

    Heftige Kritik aus der Union: Warnungen werden ignoriert

    Für die Union im Bundestag bleibt das Vorhaben auch nach den Änderungen ein rotes Tuch. "Die Idee, sein Geschlecht jedes Jahr neu selbst bestimmen zu können, kann man nur als eine Geschichte aus dem Tollhaus bezeichnen", sagte der stellvertretende Fraktionschef Alexander Dobrindt unserer Redaktion. Mit dem nächsten "Ideologie-Gesetz der Arroganz-Ampel" würden jegliche Warnungen vor Missbrauch und Schäden ignoriert. Der CSU-Landesgruppenchef weiter: "Das ist der erneute Beweis, wie abgehoben und verantwortungslos die Ampel an den wahren Problemen in Deutschland vorbeiregiert."

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