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Schuldenkrise: Peer Steinbrücks Blicke in Richtung Kanzlerkandidatur

Schuldenkrise

Peer Steinbrücks Blicke in Richtung Kanzlerkandidatur

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    Peer Steinbrück positioniert sich im SPD-internen Kampf um die Kanzlerkandidatur.
    Peer Steinbrück positioniert sich im SPD-internen Kampf um die Kanzlerkandidatur. Foto: Maurizio Gambarini, dpa

    Nach einem halben Leben in der Politik lässt Peer Steinbrück sich nicht mehr so leicht aufs Glatteis führen. Die Frage eines Reporters, ob er als Kanzlerkandidat einen Anstieg der Rentenbeiträge auf mehr als 22 Prozent ausschließen kann, lockt ihn deshalb nicht aus der Reserve. „Steinbrück schließt nicht aus, dass er Hundefutter isst“, frotzelt der frühere Finanzminister zurück und grinst triumphierend.

    Natürlich hat er damit gerechnet, dass sich jemand auf Umwegen wie dem mit der Rente der Kandidaten-Frage nähert. Über das, was er selbst etwas kryptisch „den personalen Faktor“ nennt, will er an diesem Vormittag allerdings nicht reden. Nur so viel vielleicht noch: Der Kandidat, sagt er, dürfe im Wahlkampf keine Positionen vertreten, die nicht zu ihm passten.

    Schritt zur Kanzlerkandidatur

    Die 25 Seiten, die er gerade vorgelegt hat, sind so gesehen ein weiterer Schritt in Richtung Kanzlerkandidatur. Unter der Überschrift „Ein neuer Anlauf zur Bändigung der Finanzmärkte“ fasst der Abgeordnete Steinbrück darin im Auftrag des Fraktionsvorsitzenden Frank-Walter Steinmeier dutzende von eigenen Vorschlägen und alten sozialdemokratischen Forderungen zu einem Konzept zusammen, das sich auch im Wahlprogramm der SPD wiederfinden wird.

    Berühmte Sitzenbleiber von Stoiber bis Churchill

    Edmund Stoiber, Winfried Kretschmann oder Christian Wulff: Viele Politiker mussten früher eine Klasse wiederholen. Ein Blick auf die bekanntesten Sitzenbleiber der Politikgeschichte.

    Winfried Kretschmann: In der elften Klasse hat es den grünen Ministerpräsidenten Baden-Württembergs erwischt.

    Edmund Stoiber: Blieb in der Schule in der siebten Klasse sitzen - wegen Latein.

    Edelgard Bulmahn: In der zehnten Klasse erwischte es die SPD-Politikerin.

    Peer Steinbrück: Ausgerechnet an Mathematik ist der spätere Finanzmister Peer Steinbrück in der Schule gescheitert.

    Christian Wulff: In der der zehnten Klasse erwischte es ihn.

    Winston Churchill: Der spätere britische Premierminister blieb gleich mehrfach sitzen – wegen Latein und Sport.

    Otto von Bismarck: Auch der erste Kanzler im Deutschen Reich musste in der Schule eine Ehrenrunde drehen.

    Barbara Sommer: Die frühere nordrhein-westfälische Bildungsministerin Barbara Sommer (CDU) startete 2007 eine Offensive gegen das Sitzenbleiben - und musste selbst die neunte Klasse zwei Mal machen.

    Klaus Wowereit: Auch dem Regierenden Bürgermeister von Berlin blieb eine Ehrenrunde nicht erspart.

    Als Kandidat vertreten könnte das, natürlich, niemand besser als Steinbrück, der von sich sagt, er würde sich auch selbst gerne für systemrelevant erklären – so unverzichtbar wie die großen Banken und zu gut, um auf den Hinterbänken des Bundestags zu versauern. Mit zwei, drei Mitarbeitern, erzählt er, habe er einen Katalog von Maßnahmen zusammengestellt, wie Wolfgang Schäuble es mit seiner ganzen Ministerialbürokratie nicht geschafft habe.

    Radikaler Bruch mit dem bisherigen Krisenmanagement

    Fordernd in der Sache und plakativ im Ton wirbt Steinbrück für einen radikalen Bruch mit dem bisherigen Krisenmanagement. Banken sollen sich nicht mehr mit Steuerzahlers Hilfe unter riesige Rettungsschirme flüchten können, sondern mit ihrem eigenen Geld einen gigantischen Hilfsfonds füllen. Große Institute wie die Deutsche Bank oder die Commerzbank will der 65-Jährige zwar nicht zerschlagen, aber in zwei getrennte Sparten aufspalten – eine fürs klassische Geschäft und eine für das Investmentbanking. Allzu spekulative Geschäfte sollen verboten und die Macht der Ratingagenturen gebrochen werden.

    Zu den Aufräumarbeiten der von ihr verursachten Schieflage habe die Finanzwirtschaft bislang wenig beigetragen, vor allem nicht zur Bewältigung der enormen Folgekosten, schreibt Steinbrück in seinem Papier. „Die Frage, wer den Taktstock in der Hand hält, ist nach wie vor nicht klar beantwortet.“ Das klingt schon sehr nach einem Wahlkampf, in dem es nicht nur gegen Union und FDP geht, sondern auch gegen die Banken.

    Steinbrück will kein Bankenhasser sein

    Wie immer, wenn Peer Steinbrück in diesen Tagen in Berlin unterwegs ist, ist der Andrang groß. In den kleinen Pressesaal der SPD-Fraktion passen längst nicht alle Journalisten, ein halbes Dutzend steht noch vor der Tür, als der Geheimfavorit für die Kanzlerkandidatur sein Papier vorstellt und sich im Stile eines Herausforderers als Erstes die Kanzlerin vornimmt, die einmal von einer „marktkonformen Demokratie“ gesprochen habe. Sollen die Lebensverhältnisse in Deutschland alleine von den Gesetzen des Marktes bestimmt werden, fragt der Kandidatenkandidat zurück und plädiert stattdessen für eine „demokratiekonforme Marktwirtschaft“, was immer das im Einzelnen heißen soll.

    Als Bankenhasser allerdings will Peer Steinbrück, bei aller Kritik, dann aber auch wieder nicht wahrgenommen werden. Im Gegenteil. „Es geht darum, das System zu stabilisieren“, sagt er. Politik und Banken hätten im Zuge der großen Krise ja gleichermaßen an Vertrauen verloren. Für beide aber „ist Vertrauen die wichtigste Münze, die sie haben“

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