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Schottische Unabhängigkeit: Schottland ohne England – Was bedeutet das eigentlich?

Schottische Unabhängigkeit

Schottland ohne England – Was bedeutet das eigentlich?

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    Voller Nationalstolz wünschen sich viele Schotten die Unabhängigkeit. Doch was hätte das für Folgen?
    Voller Nationalstolz wünschen sich viele Schotten die Unabhängigkeit. Doch was hätte das für Folgen? Foto: Andy Rain, dpa

    Auf diesen Tag fiebern viele Schotten seit Jahren hin: Am 18. September stimmen sie darüber ab, ob ihr Land Teil von Großbritannien bleiben soll. Eine Abspaltung hätte viele Folgen:

    Europäische Union

    Schottlands Unabhängigkeitsbefürworter wollen EU-Mitglied bleiben. Doch aus Brüssel heißt es, dass ein souveränes Schottland sich nach Artikel 49 des EU-Vertrags neu bewerben müsste. Mehrere Staaten könnten aus Sorge vor Separationsbewegungen im eigenen Land einen solchen Aufnahmeantrag blockieren. Die Regierung in Edinburgh hofft deshalb darauf, dass bis zur geplanten Unabhängigkeit 2016 eine Vertragsänderung nach Artikel 48 verhandelt wird. Auf diesem Weg könnte Schottland in der EU bleiben, ohne sich um einen neuen Beitritt bewerben zu müssen.

    Währung

    Alle Infos zur möglichen Unabhängigkeit Schottlands

    Zeitplan: Wenn die Schotten am 18. September für die Abspaltung vom Rest Großbritanniens stimmen, wäre das nur die Grundlage für einen nötigen politischen Prozess. Der schottische Premier Alex Salmond hat angekündigt, die Unabhängigkeit bei einem positiven Ergebnis bis zum Jahr 2016 durchsetzen zu wollen.

    Befürworter: Die Kampagne für die Abspaltung wird vom schottischen Premier Alex Salmond und seiner linksliberalen Schottischen Nationalpartei SNP angeführt. Seit 2011 hat diese Partei die absolute Mehrheit im Regionalparlament.

    Gegner: Der schottische Labour-Politiker Alistair Darling kämpft mit dem Slogan "Better together" gegen die Abspaltung. Unterstützt wird es von Großbritanniens Premier David Cameron. Die Gegner der Abspaltung argumentieren, dass England und Schottland gemeinsam stärker seien.

    Politische Gründe: Es gibt viele Gründe dafür, warum sich viele Schotten die Unabhängigkeit wünschen. Alex Salmond spricht ihren Nationalstolz an. Politisch entscheidend ist aber vor allem die Unzufriedenheit mit dem EU-kritischen Kurs des britischen Premiers David Cameron.

    Wirtschaftliche Gründe: Viele Schotten sind unzufrieden damit, dass die Einnahmen aus der Ölförderung vor allem nach London fließen. Schließlich wird der wertvolle Rohstoff an der schottischen Nordküste abgebaut.

    Militärische Gründe: Es gibt immer wieder Protest dagegen, dass die britischen Atom-U-Boote in Schottland stationiert sind. Bei einer Abspaltung müsste England sie abziehen.

    Folgen für Schottland: Bei einer Unabhängigkeit würde sich das schottische Regionalparlament in ein Staatsparlament mit eigener Innen- und Außenpolitik wandeln - also auch mit eigener Wirtschaft und eigener Armee.

    Folgen für Großbritannien: Großbritannien würde auf einen Schlag 5,3 Millionen Einwohner und ein Drittel seiner Landmasse verlieren. Der Verlust der Öl-Einnahmen wäre wirtschaftlich ein schwerer Schlag. Das Bündnis aus England, Wales und Nordirland würde aber bestehen bleiben.

    Folgen für Europa: Schottland wäre als neuer Staat erst einmal kein Mitglied von EU und Nato. Ein Wiederaufnahmeverfahren würde wohl Jahre dauern.

    Wahrscheinlichkeit: In aktuellen Umfragen liegen die Befürworter der Abspaltung zurzeit bei 51 Prozent. Das Ergebnis der Abstimmung am 18. September wird also wohl sehr knapp ausfallen.

    Die Scottish National Party (SNP), die das Referendum ausgehandelt hat, will das britische Pfund Sterling behalten. Alle großen Parteien in London haben jedoch einstimmig erklärt, dass sie ihre Währung nicht mit einem souveränen Nachbarn teilen wollen. Eine Währungsunion wird abgelehnt, auch weil damit der schottischen Regierung weiterhin Mitsprache in der Währungspolitik eingeräumt werden müsste. Trotzdem könnte Schottland das Pfund benutzen – ohne formelle Union. Doch unter Experten gilt der Schritt, die politische Bindung aufzugeben, an der fiskalischen jedoch festzuhalten, als Wagnis. Eine kaum diskutierte, weil unpopuläre Option ist der Euro. Sollte Schottland als neues Mitglied der EU beitreten, müsste es sich verpflichten, eines Tages den Euro einzuführen. Die schottischen Banken fürchten, im Falle einer Unabhängigkeit den Schutz der Bank of England zu verlieren. Die Royal Bank of Scotland und Lloyds kündigten an, im Falle einer Unabhängigkeit nach London abzuwandern.

    Atomwaffen

    Das Versprechen der SNP beinhaltet, die britischen Atomwaffen vor der Küste Schottlands loszuwerden. Die mit Atomraketen bestückte U-Boot-Flotte soll abgezogen werden. Dafür plant die Regierung in Edinburgh, die Militärbasis zu einem regulären Marinestützpunkt umzubauen und eine eigene Armee aufzubauen. Wo London künftig die britischen Atomwaffen lagern würde, ist offen. Schottland müsste im Übrigen auch einen Neuantrag für die Aufnahme in die Nato stellen.

    Schulden

    Bereits vor einigen Monaten hat Westminster durchblicken lassen, dass Großbritannien im Falle einer Abspaltung zunächst für alle Staatsschulden verantwortlich bleibt. Nach der Unabhängigkeit gilt die Aufteilung nach der Zahl der Einwohner als einfachste Variante. Demnach käme auf den jungen Staat laut dem britischen Economist umgerechnet zwischen rund 151 Milliarden und 180 Milliarden Euro an Schulden zu.

    Wirtschaft

    Die Öl- und Gasvorkommen in der Nordsee befinden sich mehrheitlich auf schottischem Gebiet. Bei einer Unabhängigkeit würden 91 Prozent der Steuereinnahmen an die Schotten gehen, berechnete das Londoner Institut für Wirtschafts- und Sozialforschung. Geplant ist, daraus nach norwegischem Vorbild einen Öl-Fonds zu speisen, der künftigen Generationen zugutekommen soll. Doch Experten warnen, die Vorräte könnten früher versiegen als angenommen. Zuletzt betrugen die Einnahmen umgerechnet rund 8,2 Milliarden Euro pro Jahr. Zudem tragen die Exporte vor allem von Whisky, aber auch von Lachs, Dienstleistungen und Maschinen zur Wirtschaftsleistung Schottlands bei.

    Monarchie

    Die Schotten wollen Königin Elisabeth II. behalten. Sollte es zur Autonomie kommen, würde Schottland zu einer parlamentarischen Monarchie mit der Queen als Staatsoberhaupt werden – ähnlich wie in Kanada und Australien. Die Royals vertreten eine neutrale Position bezüglich des Referendums. Es heißt jedoch, dass die Queen eine große Anhängerin der Union ist.

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