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Scholz in Indien: Streit um den Industriepolitik holt den Kanzler ein

Indien

Scholz in Indien: Lindners Alleingang dämpft die gute Stimmung

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    Wünscht sich ein schnelles Handelsabkommen: Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) traf in Indien Premierminister Narendra Modi.
    Wünscht sich ein schnelles Handelsabkommen: Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) traf in Indien Premierminister Narendra Modi. Foto: Marvin Ibo Güngör/Bundesregierung, dpa

    Wie schwer die deutsche Annäherung an Indien sein kann, zeigt symbolisch der Flug dorthin. Wegen des Ukraine-Krieges und der zahlreichen Konflikte in Nahost ist die direkte Route im Luftraum versperrt, es dauert deutlich länger, um von Berlin nach Neu-Delhi zu gelangen. Mit dem deutsch-indischen Verhältnis verhält es sich ähnlich. Man findet zueinander, aber einfach ist es nicht. Wenn die Deutschen um Facharbeiter werben, wird gleichzeitig die Migration zum Thema. Geht es um Rüstungsexporte in das Schwellenland, sind zuhause zahlreiche Befindlichkeiten zu beachten. Um die Annäherung zu beschleunigen, finden seit 2011 im zweijährigen Rhythmus Regierungskonsultationen abwechselnd in Deutschland und Indien statt. Die siebten sind es mittlerweile, Kanzler Olaf Scholz ist dafür in die indische Hauptstadt gereist.

    Die Fortschritte solcher Treffen sind einerseits überschaubar. Im Mai 2022 waren die Inder in Berlin, es ging um Themen wie die wirtschaftliche Zusammenarbeit, Wasserstoff, Migration und die Geopolitik. Beim Besuch von Scholz und Teilen seiner Regierung – darunter Wirtschaftsminister Robert Habeck, Außenministerin Annalena Baerbock (beide Grüne) und Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) - in Neu-Delhi geht es um nahezu identische Bereiche.

    Scholz will mehr Inder nach Deutschland holen

    Das heißt nicht, dass solche Treffen sinnlos sind. Es ist wie beim Anflug auf Indien; manchmal dauert es eben etwas länger, aber wer nicht startet, kommt nie an. Zunächst sind Scholz und der indische Premierminister Narendra Modi zu Gast bei der 18. Asien-Pazifik-Konferenz. Minister Habeck fläzt sich auf seinem Sessel, die Coolness passt hier nicht hin. Die Gastgeber legen auf Etikette Wert, sie wollen ernstgenommen werden. Ohnehin warten alle auf Scholz und Modi, die Sicherheitsleute sind nervös, nehmen den Gästen im Saal aus unerfindlichen Gründen sogar die Zigaretten ab.

    Scholz macht aus den politischen Anflugschwierigkeiten keinen Hehl. Er stellt die kürzlich erst im Kabinett verabschiedete Fachkräftestrategie vor, mit der mehr Inder nach Deutschland geholt werden sollen. „Ihre Talente sind eine willkommene Bereicherung für unseren Arbeitsmarkt“, sagt der SPD-Politiker und spricht kurz danach die Kehrseite an: „Gleichzeitig reduzieren wir die irreguläre Migration und erleichtern die Rückführung von Menschen, die kein Recht haben, in unserem Land zu sein.“

    Modi steht als Vermittler im Ukraine-Krieg bereit

    Anschließend geht es mit Blaulicht in der Kolonne durch die abgesperrten Straßen der Riesenmetropole mit ihren 32 Millionen Einwohnerinnen und Einwohner zu Modis Residenz. Scholz und sein Gastgeber kennen sich schon lange, der Deutsche schätzt, dass der Inder sein Wort hält. Eine stabile Vertrauensbasis ist nicht nur wichtig für die bilateralen Beziehungen, es geht auch um die Weltlage: Modi könnte eine Vermittlerrolle zur Lösung des Ukraine-Konflikts übernehmen. Er spricht sowohl mit den Russen als auch mit dem Westen. Scholz hatte ihn nicht zuletzt aus diesem Grund 2022 als Partner zum G7-Treffen auf Schloss Elmau eingeladen.

    Details des Gesprächs bleiben vertraulich. Die zwei Politiker geben nur Statements ab. Eine Pressekonferenz will Modi nicht, die Medienvertreter können also keine Fragen stellen. Doch der Premier betont ausdrücklich, dass Krieg keine Lösung sei und bekräftigt: „Indien steht bereit, einen Beitrag zu leisten in jeder erdenklichen Art und Weise zur Herstellung des Friedens.“ Das ist ein deutlicher Hinweis an den russischen Präsidenten Wladimir Putin.

    Industriegipfel: Der Affront der FDP drückt die Stimmung

    Zum Schluss sind sich die beiden Politiker einig: Es waren erfolgreiche Regierungskonsultationen. „Alles klar, alles gut“, freut sich Modi - und sagt das dem Gast zuliebe auf Deutsch. Scholz kann da noch mitlachen, wenig später reißen sie in der Heimat ein, was er gerade an positivem Ampel-Image aufgebaut hat. Es dringt die Meldung durch, dass Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) am Dienstag in Berlin einen eigenen Wirtschaftsgipfel plant – unmittelbar vor dem Industriegipfel, zu dem Scholz eingeladen hat. Das muss man wohl als Affront werten.

    Scholz wird in Neu-Delhi gefragt, ob die Koalition noch gemeinsam Weihnachten feiern werde. „Weihnachten wird immer gefeiert“, antwortet er. Man müsse mit der Wirtschaft sprechen, macht er noch deutlich, und maßregelt seinen Finanzminister dann doch: „Wir müssen wegkommen von den Theaterbühnen.“ Um das „große Ganze“ müsse es gehen und nicht darum, sich „irgendwie vorzuführen.“

    Am Samstag reist Scholz über Goa nach Berlin, das Thema wird ihn die ganze Zeit begleiten. Auch der Rückflug wird also kompliziert.

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    2 Kommentare
    Günter Köhler

    Wenn man an Wirtschaftsminister Habeck schon mal sachlich und fachlich nichts aussetzen kann, dann muss man doch wenigstens sein üngebührliches "Fläzen" zur Sprache bringen. Es ist einfach nur noch traurig und zugleich auch kotzig: Ohne Grünen-Bashing geht´s einfach nicht mehr in der Berichterstattung und Kommentierung mancher Autoren. Irgendwelche Gründe finden sich wohl immer.

    Peter Zimmermann

    <"Wenn da bloß nicht die FDP in Berlin wäre."> Ist das nicht schon von Beginn an das Problem?

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